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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0195

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Vereine und

Gesellschaften.

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liehen Wald läuft nächtlicherweile ein Volkshaufe, dessen
einzelne Typen bedenklich an den Hubertusjagd-Janhagel
erinnern, einem Engel nach, der auf ein aus der Ferne
herüberschimmerndes Licht zueilt. Es ist doch wohl kaum
möglich, für das Weihnachtsmotiv eine noch geschmacklosere
Form zu ersinnen. Zwei andere Maler, die ebenfalls zum
erstenmale im Salon Gurlitt erscheinen, fordern weniger zum
Widerspruch heraus. Der eine, John Kindborg aus Stock-
holm, ist ein tüchtiger Kolorist, der bei etwas breiter Be-
handlung namentlich in seinen Winterlandschaften manche
gute Wirkung erzielt, der andere, Wilhelm Siis aus Kron-
berg i. T., der nach Art Boecklin's mit Vorliebe Nixen- und
Pangestalten in Ideal-Landschaften malt, bekundet ebenfalls
einen gut entwickelten Farbensinn. — Die Verehrer Arnold
Boecklin's werden übrigens in letzter Zeit von unseren Privat-
salons besonders reichlich mit Stoff zur Bewunderung be-
dacht. So hat die Kunsthandlung von Amsler & Ruthardt
neuerdings eine Ausstellung veranstaltet, in der neben den
sechs Originalgemäklen „Das Schweigen im Walde", „Faune,
eine Nymphe belauschend", „Veritas", „Römische Taverne",
„Die Jägerin" und „Boecklin mit seiner Braut auf einem
Spaziergange", sämtliche Nachbildungen vereinigt sind, die
der Kunsthandel bis jetzt nach Boecklin'schen Werken auf-
zuweisen hat. Unter den Originalgemäklen sind nur die
„Römische Taverne" und „Boecklin mit seiner Braut" weniger
bekannt. Das erstgenannte Werk hat große Ähnlichkeit mit
der „Altrömischen Weinschenke" und stammt auch wohl aus
derselben Zeit. Das Doppelbildnis Boecklins und seiner künf-
tigen Gattin ist deshalb merkwürdig, weil der Künstler, der
sich selbst darauf in einem holländischen Kostüm aus dem
17. Jahrhundert dargestellt hat, hier auch im Kolorit noch an
die niederländischen Meister der Terborch-Zeit gemahnt, die er
während seines Brüsseler Aufenthaltes so eifrig studirt hatte. —
Endlich hat die National-Galerie in ihrem hintern Cornelius-
saale wieder einmal eine Nachlassausstellung eröffnet, die
jedoch auf Vollständigkeit nicht mehr Anspruch erheben kann,
als frühere derartige Veranstaltungen. Es betrifft diesmal
den am 25. Nov. 1894 verstorbenen Grafen Stanislaus von
Kalchreuth und den Dresdener Historienmaler Leonhard Gey,
der am 20. Sept. 1894 einem Herzleiden erlag. Vom Grafen
Kalchreuth sind 59 Ölgemälde, darunter etwa 30 größere,
48 Ölskizzen, 11 Pastellzeichnungen und gegen 150 Bleistift-,
Kreide-, Kohle- und Sepia-Zeichnungen ausgestellt, Die 53
Nummern zählende Gey'sche Sammlung besteht, von einigen
Porträts und Genres und dem bekannten Cyklus von Christus-
köpfen: „Die sieben Worte am Kreuz" abgesehen, fast aus-
schließlich aus Entwürfen, Studien und Kartons zu den
Wandgemälden, mit denen der ganz in den Bahnen Schnorrs
von Carolsfeld wandelnde Künstler das Schloss Marienburg
bei Hannover, die Albrechtsburg bei Meißen und die Gym-
nasien zu Osnabrück, Dresden-Neustadt und Chemnitz ge-
schmückt hat.

Düsseldorf. (F. A. Kailbach-Ausstellung.) Der Meister
nimmt eine ganze Wand ein; neben einzelnen Idealköpfen
und feingetönten, duftigen, landschaftlichen Kompositionen,
bewegt sich die Ausstellung auf dem Gebiet, in dem er unbe-
strittener Herrscher geworden, im weiblichen Porträt. Die
Klollektion ist eine Paraphrase über die Anmut! Ein Typus
besonders scheint ihn immer wieder angezogen zu haben, er
kehrt fünfmal wieder, von vorne, Halbprofil, Profil von rechts
und links; der Künstler hat sich an den lieblichen Zügen der
jungen Frau nicht satt sehen können. Das Köpfchen ist es
wert gewesen, zum Typus erhoben zu werden, denn hierauf
scheint es Kaulbach mehr als auf die unbedingte Ähnlich-
keit angekommen zu sein; er suchte den künstlerischen Ge-

halt des Gesichts, ohne direkt unrealistisch zu werden, zu
einem gewissen Stil durchzuführen und hat nicht eher auf-
gehört, als bis er diesen Übergang zur Verallgemeinerung
berührte, dann war's genug. Man darf dieses Streben %um
Stil heute nicht mehr unmodern nennen, wir sind der „ewigen
Natur", die sich nun einmal nicht völlig ausschöpfen läßt,
schon so nahe gekommen, dass wir das Neuentdeckte zu über-
sehen vermögen. Der Kreislauf möchte sich vollenden und
er deutet wieder allenthalben auf den Stil hin. Dem Stil
gehört die nächste Zukunft. Bei dem Bildnis der älteren
Frau (Kniestück) ist noch ein naturalistischerer Ton und
stärkerer Farbenauftrag bemerkenswert. Trotz der jugend-
lichen Schönheiten rings herum ist dies Bild mein Liebling
geworden. Die alte Dame war in ihrer Jugend sehr schön,
hat niemals pekuniäre Unannehmlichkeiten gekannt, sich stets
nur in der besten Gesellschaft bewegt, aber sie hat ein Herz
für ihre Umgebung gehabt, ihre Dienstboten nicht tyrannisirt,
ihre Kinder liebevoll erzogen; sie ist eine Schwiegermutter,
in die sieh, dem Sprüchwort entgegen, alle Schwiegersöhne —
verlieben! So eine Frau umschwebt in ihren alten Tagen
jene Anmut, welche von innen kommt und die selbst auf dem
Totenbett ihre Züge noch verklären wird. Friedrich August
von Kaulbach ist der prädestinirte Maler solcher Anmut. Von
„Können oder nicht Können" ist hier keine Rede mehr; der
Pinsel oder Stift folgt unbedingt dem Willen der Hand und
die Hand jeder Nüa.nce des feinsten Gefühls. — Da hier von
Porträts die Rede ist, möchte ich Martin Kurreek's präch-
tiges Bildnis des Pastors Keller nicht unerwähnt lassen. Ein
schönes Talent steckt darin; gut in der Farbe und von ener-
gischer Erfassung der charakteristischen Persönlichkeit des
Darzustellenden. W. SCUÜLERMANN.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

Elberfeld. Vor etwa zwei Jahren trat eine kleine Anzahl
von Bürgern der besseren Stände zurGründung eines Museums-
Vereins zusammen, welcher den Zweck verfolgen sollte, Kunst
und Wissenschaft in der industriereichen und gewerblich be-
deutenden Stadt zu hegen und ihnen eine Heimstätte daselbst
zu schaffen. Nachdem der Verein in den ersten Jahren seine
Thätigkeit auf eine Anzahl von Vorträgen einheimischer und
auswärtiger Redner beschränkt hat, tritt er mit dem 1. Mai
d. J. mit fortlaufenden Ausstellungen an die Öffentlichkeit,
zu welchem Zwecke er auf der ersten Etage eines der Stadt
gehörigen Neubauesein Ausstellungslokal von mittlerem Um-
fange gemietet hat. Die Ausstellungen sollen das ganze Jahr
hindurch währen und vorzugsweise Gemälde in reicherem
Wechsel, ferner Gegenstände aus dem Gebiete der plastischen
Kunst, des Kunsthandwerks, der Naturwissenschaften und der
Geschichte umfassen, so dass in der Zwischenzeit bis zur Grün-
dung eines Museums, welches das Endziel; des Museums-
Vereins ist, die Bürgerschaft durch wechselnde Ausstellungen
mit den vorgenannten Gebieten näher bekannt gemacht wird.
Es besteht die Absicht, den Wert der Ausstellungen mehr
in einer guten als reichhaltigen Beschickung zu suchen. Die
Ausstellungen unterstehen einem Ausstellungs-Ausschusse von
drei Personen, welchem die Herren Regierungsbaumeister Her-
manns, Reichsbankdirektor Kalähne und Fabrikbesitzer Nötz-
lin angehören. Für die Geschäftsleitung sucht der Ausstel-
lungsausschuss eine kunstgewerblich ausgebildete Kraft (s. d. An-
zeige in heutiger Nummer), welcher die Einrichtung und Be-
aufsichtigung der Ausstellungen, die Vermittelung von Ge-
mälde-Verkäufen in erster Linie obliegt. Vor der Hand ist
die Arbeitsleistung in Anbetracht des verhältnismäßig kleinen
Umfanges der Ausstellung eine geringere, weshalb dem Ge-
 
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