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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0203

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Sammlungen und Ausstellungen.

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der Zahl nach die graphischen Künste und die Architektur
vertreten. Dagegen sind die umfangreicheren Gemälde sehr
zahlreich, obwohl man sogenannte Sensationsbilder nur ver-
einzelt findet. Der Gesamteindruck der Ausstellung wird
übrigens noch wesentliche Veränderungen erfahren, da aus
Wien, London und namentlich aus der Münchener Früh-
jahrs-Ausstellung noch viele Kunstwerke erwartet werden.

Der Gemäldegalerie der Stadt Wien kamen neuestens
erlesene Spenden zu: ein Porträt Orillparxers, in Ol gemalt
von Hollpcin, geschenkt von Dr. Ottokar Baron Schlechta-
Wssehrd; von Herrn Prick ein Genrebild in Ol von dem
humorvollen Altwiener Meister Neder (einem Zeitgenossen
von Pendi und Danhauser) ,,Die Rast im Gasthause"; aus
dem Nachlasse des Landschafters Joseph Sehcmminger ein
Ölbild „Wien vom Kahlenberge", und von Dr. Karl Kupel-
wieser ein „Madonnenbild" von seinem Vater Leopold
Kupelwieser, dem ehemaligen Professor der Wiener Akademie.
— Die Sammlung wächst seit der großen Spende des Fürsten
Liechtenstein sehr bedeutend an, was wir mit großer Freude
begrüßen. R. Ttk.

□ Walter-Gram- Ausstellung im Österreichischen Museum
für Kunst und Industrie in Wien. Vor kurzem hat das
Wiener Kunstgewerbemuseum mehrere Arbeiten des Eng-
länders Walter Crane zusammengestellt, die mit der Kunst-
industrie in Zusammenhang stehen, so eine Reihe von eng-
lischen Thonfliesen mit Malereien nach Walter Crane, einige
eigenartige Tapetenproben nach Crane's Erfindung und eine
Reihe jener Bilderbücher, die eine Zeitlang bei groß und
klein sehr beliebt waren. Große Bilder von Crane werden
vermisst. Gerade diese aber hätten gezeigt, wie die sogen,
hohe und die dekorative Kunst untrennbar mit einander
verbunden sind. Bemerkt man auch ungern diese Lücke,
so erfreut man sich doch an dem Gebotenen, das den Künst-
ler als einen erfindungsreichen Kopf zeigt, welcher die Ein-
drücke aller hervorragenden Stilrichtungen der Vergangenheit
in sich verarbeitet hat. Die Einflüsse antiker Vasenbilder
und Wandmalereien, ferner die Anklänge an Holzschnitte
der deutschen Renaissance sind am auffallendsten. Spät-
mittelalterliche abendländische Kunst, ein wenig auch der
Islam und Ostasien werden als Anregungen verspürt. Crane's
zartes Talent scheint am meisten durch das Pflanzenreich an-
geregt zu werden. Seine Figuren sind stets ein wenig blass,
wässerig, oder schattenhaft, echt englische Produkte, die
man niemals neben italienischen, spanischen oder kräftigen
süddeutschen Arbeiten ansehen darf, wenn man sie nicht
fade finden will. Kräftigere Parallelen zu Crane in der
modernen Malerei bilden hier im Süden ein Hans Schwaiger
und in Bezug auf humoristische Darstellungen, wie sie der
englische Künstler vielfach gepflegt hat, ein Oberländer und
Meggendorfer. Des letzteren Bilderbücher für Kinder sind
sogar ungleich mehr aus der kindlichen Anschauung heraus
komponirt, als die Crane'schen, die öfter mehr für kindische
Erwachsene als für wirkliche Kinder zu passen scheinen.
Crane's Natur ist Salonnatur in demselben Sinne, in welchem
man von „Salontiroler" spricht. Alles bis zum Schweine-
hirten herunter ist empfindsam und überreinlich. Überall
gezierte Formen bei übrigens feinem Stilgefühl. Künstler
und Handwerker, die schon ihre eigene Art gefunden haben,
werden Crane's Werke mit Nutzen betrachten. Für Schüler
und Anfänger ist's aber keine gesunde Kost.

Die Jahres-Ausstellung im Wiener Künstlerhause. Einen
fühlbaren Mangel der Wiener Ausstellungen bilden die be-
schränkten Räume des Künstlerhauses. Die Unternehmungen
tragen gar zu sehr den Charakter privater Natur, sie haben
nicht den großen Zug der Ausstellungen in München und

Berlin. Es findet sich oft nicht genügend Platz für umfang-
reichere Werke, wie wir es heuer an einem drastischen Bei-
spiele erlebt haben. Mittelgut beherrscht die diesjährige
Ausstellung; sie enthält wenig Schlechtes, aber noch weniger
Außerordentliches. Kein heftiger Streit gegen das Alther-
gebrachte: ein scharfer Kontrast gegen die Secession und die
Düsseldorfer, die im verflossenen Winter hier ausstellten.
Es ist mehr eine ruhige Auseinandersetzung zwischen alt
und neu. Manchem, der gar zu heftig gegen das Alte
protestirte, mag da wohl eine Zurücksetzung widerfahren
sein. Nach dem Kampfgeschrei, das die Secession ent-
flammte, herrscht hier wieder Friede: ein bisschen lang-
weiliger Friede. Das Publikum übrigens ist entzückt von
der Ausstellung wenigstens von dem größten Teil der-
selben und hat seine Freude daran. Die Ausstellung um-
fasst gegen hundert plastische Werke und etwa dreißig
Architekturzeichnungen, das Übrige sind Werke des Pinsels,
des farbigen und schwarzen Stiftes und der Radirnadel; im
ganzen 666 Nummern. Hie und da stößt man auf Versuche
in einer neuen Farbentechnik. Betrachten wir uns zunächst
die Werke der Plastik! Ein großer Wurf in neuer Richtung,
die doch so alt wie die Kunst selbst ist, gelang Anselm
Zinsler mit seiner sitzenden Figur eines toten Mädchens:
„Ruhe ist Glück". Die Figur zeugt von feinster Beobachtung;
sie ist in Durchbildung und Auffassung des wenig ästhetischen
Vorwurfs gleich gelungen; die volle Natürlichkeit wirkt hier
nicht abstoßend, sondern im Gegenteil äußerst anziehend.
Dem Werke lassen sich an Formengebung und Gefühlstiefe
nur wenige an die Seite stellen. Technisch sehr fein und
groß aufgefasst ist der kauernde Jüngling von Tolla Gerto-
wicx, ein Bronzerelief von reizvoller stofflicher Wirkung,
ebenso das Bronzerelief einer Dame von Paul De Vigne.
Größe der Auffasssung ist auch die hervorragende Eigen-
schaft von Alois Beinitxers „St. Oswald", einem robusten
G ermanenkönige mit dem zuversichtlichen 1 ilicke des gläubigen
Christen. In Kumms Mucius Scävola, der, fern von aller
theatralischen Pose, die Überwindung des brennenden Schmer-
zes, die unerschütterliche Willenskraft des Jünglings mit
voller Oberzeugung zum Ausdrucke bringt, besitzen wir
wohl eine der besten Darstellungen des Gegenstandes. Ar-
thur Strasser lieferte wieder einige hübsche Werke poly-
chromer Plastik. Stanislaus Sucharda's „Sparsamkeit" — ein
böhmischer Bauer mit der kleinen eisernen Haussparkassa —
zeigt die Erhebung eines alltäglichen Gedankens zu monu-
mentaler Größe. Zu den besten Rekonstruktionsversuchen
berühmter Schöpfungen antiker Meister gehört Karl Schwer-
zelcs Restauration des Westgiebels vom Parthenon (der mit
Druckfehlern gesegnete Katalog spricht natürlich vom Pan-
theon), den Streit der Athene und des Poseidon um den Be-
sitz von Athen darstellend. — Aus der Reihe der größtenteils
vorzüglichen plastischen Porträts erwähnen wir nur Tilgners
Miniaturfigur einer Dame in Marmor. Thomaso Gcntilc's
Marmorbüste der Virginia Fossati, ein stattliches lebens-
warmes Frauenporträt, Riehard Tautenhains Büste der
Pianistin Maria von Tymoni mit dem schelmischen Lächeln
von genrehafter Lebendigkeit, und die zum Sprechen wahre
Hertnenbüste Bauernfelds von Franz- Seifert. Was die
Malerei und die graj)hischc Kunst betrifft, so sind zunächst
im Porträt eine Reihe bekannter Meister sehr glücklich ver-
treten. Lebensfrische, naturwahre Auffassung, das Wirken-
lassen der Persönlichkeit allein in einer für dieselbe charak-
teristischen Pose sind die hervorspringendsten Eigenschaften.
Horovitx, zeigt sich am besten den Porträts älterer Damen
gewachsen, Feraris dagegen nur den Bildern jüngerer. Das
Männerporträt repräsentirt Pochwalski mit Glück und Ge-
 
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