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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Die 61. Ausstellung im Lichthofe des kgl. Kunstgewerbe-Museums zu Berlin
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Die 61. Ausstellung im Lichthofe des Kgl. Kunstgewerbe-Museums zu Berlin.

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Stichen, Sehabkunstblättern und Lithographien. Er freut
sich aber nicht, wie es z. B. der Franzose thut, an der
Vollendung der Kunst in der Technik, — die Technik
ist und bleibt ihm Nebensache, — sondern er sieht nur
auf den novellistischen oder romantischen Inhalt des
dargestellten Gegenstandes.

Unter derselben Eigenschaft des deutschen. Publi-
kums hat ja auch unsere große Kunst zu leiden Die
Leute wollen sich hei dem Stoff der Darstellung etwas
denken; wollte Gott, sie lernten vorerst mal mit dem
Denken bei der Grundlage anfangen, bei der Technik: es
würde besser um unsere Kunst und unser Kunsthand-
werk stehen.

Trotzdem sind die wirklich hervorragenden Lei-
stungen auch bei uns nicht unmöglich, wie die Ausstel-
lung erweist, sie treten überall da auf, wo eine Ge-
meinschaft von Kunstkennern dem Künstler eine aus-
reichende Bezahlung sichert; das K. K. österreichische
xylographische Institut der Hof- und Staatsdruckerei
bietet ebenso hervorragende Leistungen, wie Brend'amour
& Komp., und Kretschmar. welche durch große Unter-
nehmen, wie die Meisterwerke deutscher Holzschneide-
kunst, oder durch einen mächtigen Antrieb, wie Menzels
Einfluss, geschult sind. Prof. Köpping, A. Krüger und
Hecht, Klinger und Stauffer sind in den Tiefdruck-
techniken von allen anerkannte und von den Sammlern
auch gut bezahlte Künstler. Von den ersten sind in
dankenswerter Weise Serien von Zuständen ihrer
Platten zur Ausstellung gelangt, die dem Lernenden die
Größe und Schwierigkeit der Arbeit zeigen, die ein
solches Kunstwerk verlangt.

Das Verfahren der Lithographie wird an Proben
von direkten Steinzeichnungen und an Umdrucken ver-
anschaulicht, die zum Teil sickunabele sind Die Reich-
haltigkeit der Technik von der Zeichnung direkt auf
Stein, bis zu Versuchen mit Aquatinta auf Stein und
Kombinationen verschiedene]- Techniken wird teils an
älteren deutschen, teils an französischen Lithographien
sichtbar gemacht. In Frankreich ist der Stein wieder
ein dem Kupfer ebenbürtiges Künstlermaterial geworden
und Namen wie Lunois, Grasset, Forain & Lautrec
zeugen von seiner Bedeutung als Kunstmittel. Der
große Zug der Einfachheit, der durch die französische
Kunst geht, verführt geradezu zu dieser der einfachen
Flächenwirkung so günstigen Reproduktionsweise. Von
modernen deutschen Lithographen ist nur Thoma als
Künstler vertreten, welcher auf blauem Grunde druckt
und dann wie Grasset, mit der Hand Farbe hineinsetzt.

Der Schwerpunkt der Ausstellung beruht indes
nicht auf der Vorführung der alten, sondern in der Er-
läuterung der photomechanischen Verfahren der letzten
40 Jahre. Zinkstrichätzung und Netzätzung werden
von Büxenstein & Cie. durch Serien von Plattenzu-
ständen vom Glasnegativ bis zur Strichätzung und von
Kozter bis zur Netzätzung dargestellt. Dazu fügen sich

Netzätzungen von Boussod, Valadon & Cie., die bei
denkbar größten Easter (ca. 70 X 45 cm.) eine vor-
zügliche Durcharbeitung der Zinkplatte zeigen, Netz-
ätzungen deutscher Firmen, die diese Feinheit der Re-
touche öfter vermissen lassen und englische und öster-
reichische Netzätzung. Als Kuriosum ist ein Raster-
verfahren von Fritz Goelz-Berlin ausgestellt, dessen Netz
mit bloßem Auge nicht zu unterscheiden ist, dafür aber
etwas unklare Drucke liefert.

Von ganz besonderem Interesse sind die Zeich-
nungen von Wilhelm Weimar, die derselbe für Prof.
Brinckmanns Führer durch das Hamburger Museum
auf Angerer und Göschl'schen Schabpapieren gemacht
hat. Wir haben wohl in Deutschland keinen zweiten,
der sich die Vorzüge der verschiedenen Prägungen,
Punktirungen und Schraffirnngen dieser für die Wie-
dergabe durch Zinkätzung so dankbaren Papiere so
dienstbar für den jedesmaligen Zweck gemacht hat,
wie dieser Hamburger Künstler. Jedem illustrirenden
Zeichner kann das eingehende Studium dieser durch
jahrelange Übung erworbenen sicheren und bewussten
Art, über die jedesmal richtigen Mittel zu verfügen,
nicht genug empfohlen werden. Die Blätter sind in
ihrer Art ganze Kunstwerke und lassen sich den be-
rühmten französischen kunstgewerblichen Radirungen ge-
trost an die Seite stellen.

Die deutsche Reichsdruckerei hat durch liebens-
würdigstes Entgegenkommen des Hrn. Prof. Röse das
Verfahren bei der galvanischen Heliogravüre genetisch
entwickelt ausgestellt, so wie eine Fülle von durchweg
vorzüglichen Blättern der verschiedenen Druckverfahren.
Ein Institut, welches nicht auf ein kaufendes Publikum
angewiesen ist, kann sich den Luxus der Vorzüglichkeit
ä tout prix in Deutschland noch leisten: Vortreffliche
Heliogravüren stellten ferner aus die Photographische
Gesellschaft, Boussod, Valadon Cie., R. Schuster, wo-
gegen die einiger anderer Firmen merklich abfallen.
Ein interessantes Experiment erlaubte sich der Herr
Dirigent der Ausstellung, Dr. Graul, indem er unter ein
Schabkunstblatt von Earlom nach der Schrift eine Helio-
gravüre desselben Blattes vor der Schrift hängte, und
so den Beweis erbrachte, dass die Originalplatte auch
bei späteren Abzügen noch klarere Töne giebt, als die
reproduzirte Platte, wenigstens bei der Wiedergabe von
Schabkunstblättern.

Bei der Veranschaulichnng des Lichtdrucks kommt
dem Beschauer eine Zusammenstellung von Glaslichtdrnck
mit Zink, Kupfer und Steindruck zu gute, die die Firma
Schahl gestellt hat. Die Lichtdrucke von Bruckmann
in München sind erstaunlich gut, namentlich muss man
die Pigmentiinitationen dieser Firmen und die von
Rommel & Cie. in Stuttgart im höchsten Grade aner-
kennen. Auch die Firma Schahl & Cie. bemüht sich
mit Erfolg, es den älteren Firmen nachzuthun.

Weniger gut sind einige mit der Hand kolorirte
 
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