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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Wolf, August: Vom Dogenpalaste
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0018

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Bücherschau

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sondern eine freie Komposition des Jacobello del
Fiore und dem Cevola als Modell gedient habe für
alle seine weitgehenden Änderungen in der ursprüng-
lichen Komposition. Tintorettos Riesenbild ist nur
verschwärzt, sonst aber gut erhalten. Restaurator
Zenaro ist mit dessen Restauration betraut.

Im anstoßenden Saale (Sala dello Scrutinio) ist
Palma giovines »Jüngstes Gericht« ebenfalls herab-
genommen und zeigt den gefahrdrohenden Zustand
der durch dasselbe bisher bedeckten Wand. — Hier
klaffen die Risse handbreit von oben bis unten in
wahrhaft erschreckender Weise. Die ganze Mauer
muß neu aufgebaut werden. — Es ist ein wahres
Verhängnis für den Dogenpolast, daß die sämtlichen
Wände, bedeckt von den großen Gemälden, nie ihren
gefährlichen Zustand so zeigen konnten, wie dies
bei Freskenschmuck der Fall gewesen sein würde.
Napoleons tyrannische Verfügung, die Markusbibliotek
dem Palaste aufzubürden, hat entsetzliches Unheil
angerichtet, denn einzig und allein durch das Gewicht
der 600 000 Bände ist all der nun zu Tage getretene
Schaden angerichtet worden. Gegenwärtig ist alles
eingerüstet und jede Gefahr ausgeschlossen. Lange
jedoch wird es dauern, bis der Palast wieder in seiner
stolzen Pracht des Innern erstrahlt. A. WOLF.

BÜCHERSCHAU

Robert Bruck, Die elsässische Glasmalerei vom Beginn
des 12. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Mit 81 Tafeln
Großfolioformats und 6 Tafeln im Text. Straßburg i. E.,
Verlag von W. Hinrich 1902.
Die mittelalterliche Glasmalerei gehört bekanntlich zu
den wirkungsvollsten und prächtigsten Erscheinungen der
ganzen Kunstgeschichte. Alle künstlerischen Wunder des
Ostens und Westens verblassen vor der Farbenglut des
Inneren des folgerichtig mit farbigen Glasmalereien ge-
schmückten gotischen Domes, dessen ganz in Riesenfenster
zwischen umrahmendem Stützwerk aufgelöste Wände über-
irdischen Glashütten entstiegen zu sein scheinen. Niemals
und nirgends hat eine Dekorationsweise eine so weihevolle
Stimmung, eine so märchenhafte Empfindungsglut, eine so
völlige Erhebung über den Staub des Alltagslebens erzeugt,
wie diese. Daß die Geschichte der mittelalterlichen Glas-
malerei zu den wichtigsten Abschnitten der Baugeschichte wie
der Geschichte der Malerei gehört, ist daher längst anerkannt
worden; und an zusammenfassenden Werken über die Ge-
schichte der Glasmalerei hat es daher schon seit anderthalb
Jahrhunderten nicht gefehlt; und noch in den letzten Jahr-
zehnten haben Werke, wie das von West'.ake in England,
das von Mayne in Frankreich, das von Oidtmann in Deutsch-
land Zeugnis von der Bedeutung dieses Zweiges der an-
gewandten Kunst für das Kunstleben der Völker abgelegt.
Auch die Glasgemälde einzelner hervorragender Kathedralen
haben hier und da eine kunstwissenschaftliche Sonderbe-
handlung erfahren. Aber es fehlte bisher an einem Werke,
das, von einem fest unigrenzten und völlig beherrschten
Gebiete ausgehend, die Geschichte der Glasmalerei wissen-
schaftlich der Gesamtgeschichte der Malerei zuführte und
einreihte. Robert Brucks gediegen gearbeitetes, gut ge-
schriebenes und hübsch ausgestattetes Werk, das schon
als Materialsammlung von unschätzbarem Werte für jeden
Kunstforscher ist, füllt daher zunächst für die elsässische,
damit aber auch für einen wichtigen Teil der deutschen
Kunstgeschichte eine wirkliche Lücke aus.

Der einleitende Teil gibt eine gute Übersicht über die
technische und stilistische Entwickelung der Glasmalerei.
Der gute Geschmack des Verfassers läßt hier, wie in der
späteren Einzelbehandlung, überall durchblicken, daß die
Fortschritte der Malerei in der perspektivischen Raum-
behandlung, die sich im Verlaufe des späteren Mittelalters
wie in der Wand-, Tafel- und Handschriftenmalerei, so
allmählich auch in -der Glasmalerei einstellten, gerade für
diese, deren Stil mit der flächenhaften Teppich Wirkung
steht und fällt, verhängnisvoll wurde, so daß ein Rück-
schritt der Glasmalerei als solcher mit den Fortschritten
der eigentlichen Malerei Hand in Hand geht.

Als seine Hauptaufgabe aber betrachtet der Verfasser
es in dem geschichtlichen Hauptteil seines Werkes, indem
er die vorhandenen elsässischen Glasgemälde, ohne Rück-
sicht auf ihre örtliche Zusammengehörigkeit, möglichst
genau in der Zeitfolge ihrer Entstehung aneinander reiht
und so auch in dem Tafelbande abbildet, überall den Zusam-
menhang der Glasmalerei mit der gleichzeitigen Buch-,Wand-
und Tafelmalerei darzutun. Gerade die Übereinstimmung ge-
wisser erhaltener Glasgemälde mit bekannten Größen der
eigentlichen Malerei, wie das Salomonfenster des Straß-
burger Münsters mit Abbildungen aus dem Hortus deli-
ciarum des Harrad zu Landsberg, wie der Glasgemälde
in der Marienkapelle der Pfarrkirche zu Zabern mit der
Gemäldefolge Kaspar Isenmanns im Kolmarer Museum,
wie der Zeichnung in den Fenstern der Nordseite der
Kirche zu Altthann und der Georgskirche zu Schlettstadt
mit dem Stil der Stiche des Meisters E. S. und wie der
Bilder der sechs Fenster der Magdalenenkirche zu Straß-
burg mit Arbeiten Schongauers und des Meisters des
Hausbuches, ermutigt den Verfasser mit Recht, nun auch
aus den Gemäldefenstern, die Jahrzehnten angehören, aus
denen sich im Elsaß keine Werke der eigentlichen Malerei
erhalten haben, Rückschlüsse auf den gleichzeitigen Ent-
wickelungszustand dieser Malerei zu ziehen. Vollwertige
künstlerische Persönlichkeiten, in denen man nun auch auf
anderen Gebieten beschäftigte Maler vermuten mag, treten
auf diese Weise leuchtend hinter den durchscheinenden
Farbenschöpfungen der Glasfenstermalerei hervor.

Wenn Bruck den bisher nur urkundlich bekannten
Maler Hans Tieffenthal von Schlettstadt (erwähnt 1418 bis
1450) als Meister der prächtigen, lebensvollen, burgundisch
angehauchten Fenstergemälde aus der Legende der hl.
Katharina in der Kirche St. Georg zu Schlettstadt (um
1430—1450) in Anspruch nimmt, so beruht das freilich
nur darauf, daß Tieffenthal damals der einzige namhafte
Meister von Schlettstadt war, den wir kennen, andererseits
aber doch auch darauf, daß die urkundlichen Nachrichten
über ihn auf Beziehungen zu Burgund schließen lassen.
Es ist eine kunstgeschichtliche Vermutung jener Art, die
man gelten lassen kann, bis genauere Feststellungen sie
widerlegen oder bestätigen. Dagegen darf der Maler
Johannes von Kirchheim, der 1348 urkundlich als pictor
vitrorum des Straßburger Münsters genannt wird, mit
Sicherheit als der Verfertiger der leider nicht besonders
gut erhaltenen Apostelfenster in der 134g vollendeten
Katharinenkapelle des Münsters bezeichnet werden. »Eine
bedeutende Künstlerindividualität,« sagt Bruck, »spricht
aus seinen Werken. Hier zuerst tritt ganz ausgeprägt und
mit großem Stilgefühl der gotische Gewandstil hervor.«

Vollends einwandfrei ist es natürlich, wenn Bruck die
Künstler hervorragender elsässischer Glasfenster, zu deren
Namen keine erhaltenen Spuren führen, als Meisters dieses
oder jenes Fensters bezeichnet.

Der romanischen Zeit gehören noch die ersten sieben
der berühmten Königsfenster des nördlichen Seitenschiffes
des Straßburger Münsters an. Bruck nimmt mit Wolt-
 
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