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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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217

Ausstellungen

Kunstsammlungen zu Dresden zu leiden haben, und sprachen
zugleich die Hoffnung aus, Sachsens Finanzen möchten
sich bald soweit bessern, daß man den Kulturaufgaben
hinsichtlich der Kunstsammlungen besser gerecht werden
könne. Bei dieser Gelegenheit kam der Abgeordnete Vogel-
Dresden auch auf die Galerie-Kommission zu sprechen und
sagte, bei der Kritik der Galerieankäufe werde leider ein
Punkt nur zu oft aus den Augen gelassen: Bei unseren
übrigen Kunstinstituten ist der Person des leitenden Vor-
standes im allgemeinen das Recht eingeräumt, nach bestem
Ermessen neue Werke anzukaufen. Dies gilt für die
Skulpturensammlung (Georg Treu) wie für das Kupferstich-
kabinett (Max Lehrs). Diese dort schon lange geltende
Regel besteht aber nicht für die Gemäldegalerie. Hier ist
nicht dem verantwortlichen Leiter allein die Entscheidung
überlassen, sondern eine Kommission entscheidet über die
Ankäufe. Das hat den Nachteil, daß die Einheitlichkeit
der Anschaffungen und die Verantwortlichkeit dafür nicht
in dem Grade hervortritt, wie dies erfreulicherweise bei
unseren anderen Kunstsammlungen anzuerkennen gewesen
ist. Es wird seine Schwierigkeiten haben, in diesen Ver-
hältnissen Änderungen zu treffen. Aber ich würde der
Regierung dankbar sein, wenn sie diese Frage eingehend
prüfte. Wir haben jedenfalls bei den Kunstsammlungen,
wo der verantwortliche Leiter allein die Anschaffungen zu
machen gehabt hat, bisher günstige Erfahrungen gemacht.
Weiter steht fest, daß wohl bei den meisten auswärtigen
Museen ebenfalls die Entscheidung über die Ankäufe zum
mindesten in erster Linie dem verantwortlichen Leiter über-
tragen ist, und wenn wir nun und mit vollem Rechte das
Vertrauen zu dem derzeitigen Vorstande unserer Gemälde-
galerie haben, daß er einer der anerkanntesten und be-
deutendsten Kunstkenner unserer Zeit ist, so glaube ich,
dürfte es wohl des Versuches wert sein, ihm diese Ver-
antwortung, deren er sich voll bewußt sein würde, auch
voll zu überlassen. — Hierzu ist folgendes zu bemerken:
die Ankäufe aus den Staatsgeldern beschließt die Galerie-
Kommission; da die Staatsgelder nur gering sind, kommt
sie jetzt selten in die Lage, etwas zu kaufen. Zuletzt hat
sie den berühmten Hobbema angekauft. Anders steht es
mit der Pröll-Heuer-Stiftung, die über ansehnliche Gelder
verfügt und von dem akademischen Rate verwaltet wird.
Hier kommen fast nur die vom Abgeordneten Vogel ge-
kennzeichneten Kompromisse vor, der die Dresdener Galerie
so viele mittelmäßige Bilder verdankt. Es ist offenbar,
daß der Galeriedirektor dabei oft überstimmt wird und
Bilder in die Galerie aufnehmen muß, die er bei alleinigem
Bestimmungsrecht nicht nehmen würde. Allerdings erfährt
man darüber infolge des sogenannten Amtsgeheimnisses
nichts Genaues. Kürzlich haben wir aber zufällig ein ver-
bürgtes Beispiel derart erfahren. Es wurde einstmals ein
hervorragendes Gemälde von Segantini angeboten, das nur
5000 Mark kosten sollte. Woermann wollte es in weiser
Voraussicht des Kommenden erwerben. Offenbar hat ihn
die Kommission überstimmt. Denn die Dresdener Galerie
besitzt noch heute keinen Segantini, wie sie auch noch
keinen würdigen Liebermann, keinen hervorragenden Menzel
u. s. w. besitzt. Heute kostet ein Segantini, der früher
5000 Mark kostete — 65000 Mark.

AUSSTELLUNGEN

Berlin. Die Ausstellung der Münchner Sezession im
Künstlerhause ist nicht zu dem Ereignis geworden, als das
man sie angekündigt hatte. Sie erweckt fast den Ein-
druck, als ob an dem vielumstrittenen Worte vom Nieder-
gang Münchens als Kunststadt doch etwas Wahres sei.
Wenn man nach den hier vereinigten Werken urteilen

dürfte — was hoffentlich nicht der Fall ist —, dann be-
fänden sich Keller und Exter in einem bedenklichen
Abwärtsschreiten, hätten Habermann, Samberger, Jank
und andere nichts Neues mehr zu sagen und tastete der
Nachwuchs zwischen den verschiedensten Einflüssen um-
her. Dabei soll nicht geleugnet werden, daß sich auch
eine Anzahl bedeutende oder doch wenigstens fesselnde
Werke in der Ausstellung befinden: Uhdes bekannte
Atelierpause, eine kühne Impression von einem Hahnen-
kampf von Hubert von Heyden, ein Mädchen im Kahn
von Landenberger, mehrere Arbeiten von Greiner, Büsten
von Hahn und einiges andere. Doch es hat keinen Zweck
dabei zu verweilen und noch weniger Schlüsse daraus zu
ziehen. Nur das eine muß gesagt werden: Der Versuch
des Berliner Künstlervereins, die Kluft zu überbrücken, die
in Preußen nun einmal zwischen den staatlich anerkannten
und den wilden Vereinigungen besteht, verdient volle An-
erkennung. Wenn die Sezession in die dargereichte Hand
einschlug, so mußte sie auch ihre beste Kraft einsetzen.
Und das hat sie, zu ihrem und zu aller Schaden, nicht
getan. — Bei Schulte steht der Pariser Caro-Delvaille im
Mittelpunkt des Interesses. Der noch junge Künstler
erregte zuerst 1901 im älteren Salon Aufsehen mit der
jetzt wieder ausgestellten »Manicure«, die durch das eigen-
artige Arrangement der Figuren und den vornehmen Zu-
sammenklang schwarzer, grauer und grüner Töne bei sorg-
fältigster Zeichnung sehr vorteilhaft von ihrer Umgebung
abstach, wenn auch alle diese Vorzüge nicht über die
geistige Leere hinwegzutäuschen vermochten. Bereits im
folgenden Jahre mußten wir die auf den Künstler gesetzten
Hoffnungen wesentlich herabstimmen. In größerer Anzahl
zusammengehängt wie hier aber wirken seine lebensgroßen
Figuren beinahe unerträglich durch die Flachheit der Auf-
fassung und die immer wiederkehrende Anwendung der-
selben Effekte. Man ist eben noch kein großer Meister,
wenn man sein Handwerk gut gelernt hat und Farbensinn
besitzt. Dagegen befähigen diese Eigenschaften unsern
Künstler allerdings im hohen Maße zur Darstellung von
Stilleben und Interieurs. Die große Kollektion von
Arbeiten seines Landsmannes de Feure bei Keller & Reiner
wirkt viel erfreulicher. Die Besucher der Pariser Welt-
ausstellung werden sich mit Vergnügen vom Bingschen
Pavillon her dieses vielseitigen und talentvollen Künstlers
erinnern. Ob er Möbelstoffe oder Bilder, Porzellanfiguren
oder Schmucksachen entwirft, immer ist es ihm lediglich um
ein graziöses Spiel von Linien und Farben zu tun. Seine Kunst
ist Boudoirkunst, parfümierte und raffinierte und doch
entzückende Boudoirkunst, bei der man an die Novellen
von Pierre Louys und das Froufrou verführerischer Toiletten
aber nicht im mindesten an Ernst und Tiefe denkt. Welch
Gegensatz zwischen ihm und Max Slevogt, diesem robusten
in kräftigsten Farbenakkorden schwelgenden Künstler, der
jetzt bei Cassirer einen ganzen Saal mit älteren und neueren
Bildern gefüllt hat! Die Ausstellung zeigt schlagend, warum
die Winterausstellungen der Sezession durchweg besser
sind als die Sommeraussteilungen. Slevogt und seine Ge-
nossen haben außerordentlich viel Sinn für Farbe und Be-
wegung, und deshalb sind die ersten Niederschriften ihrer
Eindrücke fast stets vortrefflich. Aber auf dem langen
Wege von der Skizze zum Bilde ermatten sie oder werden
sie ungeduldig. Als ein berühmter Franzose schrieb, das
schwierigste beim Malen sei »garder son etude«, meinte
er nicht, daß das Bild wie eine vergrößerte Studie aus-
sehen solle, sondern daß es ungeheuer schwer sei, ein
Bild ganz durchzuarbeiten und ihm doch die Frische des
ersten Eindrucks zu bewahren. Die Werke unserer Sezes-
sionisten behalten fast immer etwas Rohes. Ich bin der
letzte, Slevogts Talent gering einzuschätzen, aber gerade
 
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