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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Düsseldorfer Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0124

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231

Bücherschau

232

manche vielleicht von der Auswahl der Werke
enttäuscht sein. Uns ist eine gute Auswahl ja
durch die Namen der auswählenden Künstler ver-
bürgt. Aber wird sie immer den Beifall der großen
Masse der Verbandsmitglieder finden? Dies muß die
Zukunft lehren. Deshalb mußten schon die Aufrufe
und Berichte die Namen der auswählenden Künstler
an der Spitze tragen, damit ein jeder wissen kann,
nach welchem Geschmack sich die Sache regeln
werde. Und dies ganz offene Programm gibt die
Hoffnung, daß alle, die sich dazu bekennen, auch
späterhin fest zur Fahne halten werden. Das müssen
wir uns offen gestehen: dieser neue Verband wird
nur eines der Anfangsglieder einer langen starken Kette
sein, welche unbedingt geschmiedet werden muß.

Die Zahl der Akademien und Kunstschulen in
Deutschland ist übergroß, weit größer hierdurch
schon das Angebot als die Nachfrage nach Kunst-
werken. Der Staat gibt seine Stipendien zahlreich.
Die schönsten Ateliers öffnen sich für die Kunst-
jünger. Vielversprechende Talente drängen sich in
ihnen. Doch nur wenige, blutwenige davon lohnen
späterhin die enormen Kosten.

Und wenn viele berufen und nur wenige aus-
erwählt sind, so fällt die Wahl des Genius sogar in I
den meisten Fällen auf solche, welche fernab in der
Stille heranwachsen, ihre eigenen Wege gehen, nicht
umschwärmt vom großen Haufen, fern von Schulen und
Richtungen. Auf sie muß auch unser Augenmerk
gerichtet sein. Und gerade, daß der Verband aus-
gesprochenermaßen in dem Halbdunkel der Werk-
stätten forschen und Werke von intimem Reiz hervor-
holen will, welche ohne jede Berechnung in glück-
licher Stunde entstanden sind und so alle Züge
naiver Schaffensfreude noch aufweisen können, das
muß uns weiter bringen.

Sonst ist von hier nicht so viel Neues zu be-
richten. Man arbeitet wie zuvor, aber für die Aus-
stellung, welche am 1. Mai eröffnet wird. Schmurr
hat bei Schulte feine Sachen. In der Kunsthalle
hängen einige frische und lebendige Marinen unseres
Becker. Die junge Bildhauerschule stellt hier fleißig
kleinere reizvolle Sachen aus. Verschiedene Land-
schaften des jungen Jutz zeigen von neuem, wie er
die kühlen Töne auf dem Erdboden, in dem Laub-
werk zu fassen versucht, ohne dabei das Flaue zu
zeigen, das leicht entsteht bei diesen Dingen. Er
geht dabei auf eigenem Wege. Und besonders ein
Bildchen mit alten Weiden, durch die eine Frauen-
gestalt geht, versteht es, diese Versuche zu einer
glücklichen Bildwirkung abzurunden.

Die Kollektion Heinr. Hermanns mit ihren vielen
kleinen, volltönigen, molligen Sachen hat erfreulicher-
weise dazu geführt, daß auch dieser für das künst-
lerische Profil Düsseldorfs bedeutsame Künstler endlich
in unserer Galerie vertreten sein wird.

Viel spricht man von den Vorarbeiten für den
»Menzelsaal« in der hiesigen »Internationalen Kunst-
ausstellung«. Er soll außerordentlich umfassend und
erschöpfend werden. Man darf mit Recht hiervon,
wie von der ganzen Ausstellung, sich allerhand ver-

sprechen. Und so wird denn der friedliche Kampf-
platz am Rhein in Kürze ein höchst lebhaftes Bild
des Wettstreites werden. A.u.g.c.

BÜCHERSCHAU
Osvald Sire"n Ph. Dr., Dessins et tableaux de la renais-
sance italienne dans les colleäions de la Suede. Stock-
holm 1902.

Im Jahre 1741 kamen die Zeichnungen der Sammlung
Crozat, ein Teil dessen, was als »Cabinet Crozat« im Stich
wenigstens fortlebt, in Paris zur Versteigerung. Unter den
vorzüglichsten Käufern figurierte der schwedische Graf
Tessin. Karl Gustaf Tessin muß zu den Sammlern jenes
hochkultivierten Schlages gehört haben, deren Crozat selbst
einer gewesen war, und die den Wert der primitiven
Zeichnungen in einer Zeit vielleicht nicht voll begriffen,
doch fühlten, da man sonst der vorklassischen Kunst teil-
nahmlos gegenüberstand.

Was Graf Tessin in Paris zusammengebracht, über-
ließ er schon 1750 seinem Könige; nach einigen Schick-
salen wurden die Zeichnungen 1777 der königlichen Biblio-
thek einverleibt.

Diese wertvolle Sammlung ist nicht ganz unbekannt
geblieben; immerhin gehört sie zu den wenigst gekannten
Europas. Jetzt beschenkt uns ein schwedischer Gelehrter
mit einem ebenso handlichen, als schmucken Band und
legt darin auf 32 Tafeln, die vorzüglich in Lichtdruck aus-
geführt sind, eine Auswahl dieses kostbaren Besitzes vor,
von dem der am Schluß gegebene kritische Katalog
(233 Nummern) wenigstens eine gute Vorstellung gibt.
Die Tafeln begleitet ein kurzer Abriß über die Entwicklung
der Kunst in Italien, in welchem natürlich auf die in der
Stockholmer Sammlung bewahrten Blätter spezieller ein-
gegangen wird und diese zu verwandten Zeichnungen
oder Bildern in Beziehung gebracht sind.

Wer sich je an dem Studiuni italienischer Zeichnungen
versucht hat, weiß aus Erfahrung, auf einem wie unsichern
Boden man hier noch wandelt. Hat die Forschung für
andere Gebiete die Kinderschuhe längst ausgetreten, so
gilt das leider hier nicht. Jede Publikation neuer Stücke,
wie die vorliegende, macht solche Unsicherheit beschämend
klar. Ein Teil des Übels liegt vielleicht an dem relativen
Mangel einer großen Menge von Reproduktionen, solchen
besonders, die man zu geringem Preis sich beschaffen
kann: es verlohnt, darüber einmal eine Art statistischen
Artikels zu schreiben.

Wer diese allgemeinen Bedingungen im Auge hat,
wird mit Irrtümern, die ein Fachgenosse, ein Anfänger
besonders, hier etwa begeht, nicht streng ins Gericht
gehen. Vielen andern ist es ebenso ergangen, und ergeht
es ebenso. Die schönen Worte des Selbsttadels, die ein-
mal einer der ersten Kenner italienischer Zeichnungen ge-
schrieben, kann ein jeder auf sich selbst anwenden.

Ein paar vorzügliche Stücke seien hier kurz erwähnt.
Engelskopf, Fra Angelico (Gozzoli). Einzelfiguren, Mönch und
Nonne, von Fra Angelico (inzwischen von Siren als Studien
für die Fresken Gozzolis in Montefacco erkannt). David
als Sieger über Goliath von Maso Finiguerra. Kniender
König von einer »Anbetung«, Bolticelli (mit umbrischem
Einschlag; ähnliche Zeichnung in den Uffizien). Von
Ghirlandaio ausgezeichnetes, freies Blatt mit zwei Figuren
in flatternden Gewändern, während ein anderes Blatt mit
zwei Engeln und einem Entwurf der »Krönung Mariä« in
kleinen Figuren gewiß dem Francesco di Simone ange-
hört, der hier, Kopist wie immer, einen der Erzengel
aus dem berühmten Akademiebild höchst ungeschickt um-
arbeitet. Entwurf eines Tondo mit der »Anbetung des
 
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