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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0125

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233

Personalien — Ausgrabungen und Funde

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Kindes < von Lorenzo di Credi (näher zu Piero di Cosimo).
Segnender Mann von Filippino, dem auch eine kniende
Madonna zugeschrieben ist (Berenson: Raffaelle Botticini).
Zwei Jünglingsfiguren aus der grossen Gruppe, die man
bisher Raffaellino del Garbo nannte. Pisanello: ein Hirsch;
interessanter Entwurf zu einer Madonna in throno mit
zwei Heiligen, Caroto zugeschrieben (Marcello Fogolino?);
sehr feines Blatt mit Studien für eine Madonna von Fran-
cesco Zaganelli, die den Künstler dem Studium Dürerscher
Gewandbehandlung hingegeben zeigen. Die umbrische
Schule ist vertreten durch ein Studienblatt von Perugino
und ein paar sehr merkwürdige Landschaftszeichnungen.

Dann folgen einige Zeichnungen der Hochrenaissance,
worunter das sehr bedeutende Bildnis eines Geistlichen,
dem Sarto zugeschrieben, mehrere Blätter aus dem Kreis
des Sarto und Pontormo, sowie einige aus Raffaels Um-
gebung (doch kein Original des Urbinaten). Unter den
paar venezianischen Zeichnungen ist unter anderen eine
merkwürdige Schlachtdarstellung (Tizian zugeschrieben)
und ein wunderschönes Frauenbild, bei dem man meinen
möchte, Tiepolo habe hier den Veronese imitiert.

Die Zahl der italienischen Bilder in schwedischem
Privatbesitz ist gering, aber die Tafeln, die Siren mitteilt,
reproduzieren wertvolle und zumeist ganz unbekannte
Stücke; ein Jünglingsporträt aus dem Botticellikreise, ein
sehr charakteristisches Madonnenbild von Piero di Cosimo,
das der Madonna im Louvre und der Magdalena der
Sammlung Baracco in Rom besonders nahe steht (diese
beiden im Privatbesitz des Königs), ein männliches Porträt,
unter dem Namen des Bernardino Licinio mitgeteilt, um
1510 gemalt, und mit auffallenden Beziehungen zu Tizians
Porträt des s. g. Parma in Wien, jedenfalls ein ausgezeich-
netes Stück (Besitzer Graf Bonde), eine Replik der Ma-
donna von Tizian in München (Sammlung Aspelin), die,
nach der Reproduktion zu urteilen, eine treffliche vlämische
Arbeit — van Dyck? — sein könnte, Jupiter und Jo, eines
der großen Dekorationsstücke Paris Bordones (im Besitz
der Gräfin Rosen) und eine kleine »Darbringung im
Tempel« von Paolo Veronese (Graf Bonde).

Im Anhang bringt Siren ein Kapitel über »Tiepolo
und Schweden«. Graf Tessin unternahm 1735 eine Reise
nach Wien, von wo aus er im folgenden Jahre einen Ab-
stecher nach Venedig machte. Auf der Suche nach einem
Maler für Dekorationen im Königsschloß hörte er zuerst
in Wien Tiepolos Namen. Von Venedig zurückgekehrt,
berichtete er kurz über die namhaftesten Maler dort:
Canaletto, Cimaroli, Pittoni, Piazetta, Burstaloni, Palazzo,
Noghari, Joli und Tiepolo. »II est sectataire de Paul
Veronese», heißt es sehr treffend von letzterem. Die
Hoffnung, den Venezianer für Schweden zu gewinnen,
scheiterte endlich an dem sehr hohen Jahresgehalt, das
dieser beanspruchte. Immerhin besitzt Schweden einige
Bilder von diesem Meister, darunter eine Studie zum
»Festmahl der Kleopatra« (reproduziert). —

So bringt, wie man sieht, Siren in mehrfacher Hin-
sicht neues und wertvolles Material. Durch seine Ver-
mittlung, darf man hoffen, wird nun mehr der Allgemein-
heit zugänglich gemacht werden, besonders aus dem Schatz
der Zeichnungen, unter denen gewiss noch viele bedeu-
tende Stücke — dafür bürgt die Provenienz aus dem
Cabinet Crozat — sich befinden. Man wird gern ver-
nehmen, daß der unermüdliche Dr. Meder von jetzt ab
auch Blätter der Stockholmer Sammlung in die von ihm
geleitete Publikation aufnehmen will._G. Or.

PERSONALIEN

An Stelle des verstorbenen Ludwig Passini ist Prof.
Franz Skarbina von den Mitgliedern der Akademie der
Künste zu Berlin in den Senat gewählt worden.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Aus der Markuskirche in Venedig. Vor nicht
langer Zeit wurde, gelegentlich der Ausbesserung des
Fußbodens, mitten in der Markuskirche, rechts vom Kreuzes-
tabernakel, ein Hohlraum unter den aufgehobenen Stein-
platten entdeckt. Man forschte weiter und fand eine
kleine, völlig verschüttete Grabkammer von 2,35 m Tiefe
und geringer Bodenfläche, in welcher ein Steinsarg ruhte.
Derselbe gab sich sehr bald als aus der letzten Zeit des
römischen Kaiserreichs zu erkennen. Die lateinische In-
schrift war augenscheinlich ausgemeiselt und auf der
Deckplatte ein rohes byzantinisches Kreuz eingemeiselt
und so nutzbar gemacht worden. Großes Aufsehen er-
regte der Fund, weil er auf die Baugeschichte der Kirche
neues Licht zu werfen schien. Die Frage, ob diese kleine
Grabkammer vor die Zeit der Wiedererbauung der Kirche
nach der Feuersbrunst unter Candiano IV. zu setzen sei,
also vielleicht ein Rest der ursprünglichen großen Krypta
sei, welche sich bis zum Hochaltar erstreckt haben soll,
oder ob sie als Gruft völlig unabhängig von dieser sei:
all das wurde in den Blättern vielfach erörtert. — Der
Sarkophag wurde zunächst emporgehoben, von weiteren
Ausgrabungen im Interesse der Sicherheit der Kirche Ab-
stand genommen, und in das Baptisterium verbracht, ver-
siegelt und dann unter den Augen einer vielköpfigen
Kommission eröffnet.

Er war bis oben mit Wasser gefüllt. Nach Entfernung
desselben zeigten sich, halb in Schlamm vergraben, vier
Schädel mit den dazu gehörigen auseinandergefallenen
Skelettteilen. — Die Meinung derjenigen, welche nichts
weniger als das wirkliche Skelett des hl. Markus gefunden
meinten oder dasjenige des Dogen Candian IV., wurde
hiermit hinfällig. Architekt Manfredi, Direktor der Aka-
demie, wurde nun beauftragt, die Fundstücke zu sichten
und zusammenzulegen, was zusammen gehöre. Dies ist
nun geschehen. Vergeblich hatte man im Schlamme wei-
tere Fundstücke anderer Art vermutet. Es kamen nur
drei männliche und ein weibliches Skelett zu Tage. —
Nach Prüfung aller Umstände und der Meinung solcher,
welche die Baugeschichte von S. Marco genau kennen,
hat man es mit einem Begräbnis aus dem Jahre 1000 zu
tun. — Noch ist zu bemerken, daß der Sarkophag und
das kleine Gewölbe genau in der Längenachse der heu-
tigen Kirche orientiert war. Sehr vernünftig war es, daß
man sich entschloß, auf weiteres Wühlen in dem hin-
fälligen Untergrunde der Kirche zu verzichten. — Nach
vielen Richtungen hin ist die Entdeckung nicht ohne Wich-
tigkeit. A. Wolf.

Rom. Ära Pacis Augustae. Die Arbeiten im Palazzo
Fiano werden noch immer mit großem Aufwand an
Kräften fortgesetzt. Allerdings behauptet zunächst der
Ingenieur das Feld, welcher zur Sicherung der Fundamente
Mauern und Gewölbe unter der Erde aufführen läßt. Erst
wenn es gelungen sein wird, einen Teil der alten Funda-
mente überflüssig zu machen, kann mit der Hebung des
größten Schatzes begonnen werden. Man steigt jetzt auf
eiserner Wendeltreppe in die Tiefe hinab, welche durch
beständiges Pumpen wasserfrei gehalten wird. Den Weg
zeigt uns der vollständig erhaltene breite Marmorsockel
des Altarbaues mit den eingeritzten Spieltafeln, welche zur
Rekonstruktion der beiden Türen an der Ost- und West-
seite führten. Folgt man dieser marmornen Spur, so
stößt man gegen Westen auf jenen merkwürdigen Trümmer-
haufen, auf den sich jetzt das Interesse der ganzen Aus-
grabung konzentriert. Hier fand man zuerst einen riesigen
Marmorblock, die Gewandfigur eines bärtigen Opfernden
darstellend (Personifikation des Römischen Senates?), der
 
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