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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0126

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235

Sammlungen

236

jetzt schon im Hof des Palastes Aufstellung gefunden hat.
Hier ruht noch aufrechtstehend ein viel größeres Fragment,
sechs ganze Figuren — zum größeren Teil wohl Flamines
darstellend — in verhältnismäßig glänzender Erhaltung.
Hier sieht man am Boden liegend ein Stück der Um-
fassungsmauer mit reichem Ornament noch tief in der
Erde versenkt, hier ruhen hoch aufeinander geschichtet
gewaltige Marmorblöcke, alle bearbeitet, zum Teil zur
Fundamentierung des Palastes verwandt. Der Eindruck
läßt sich nicht beschreiben, wenn die elektrische Lampe
das Grabesdunkel erhellt und diese antike Herrlichkeit
sich dem Auge offenbart. Seltsames Geschick, daß es ein
deutscher Gelehrter sein sollte, der den lange sich sträu-
benden Römern eines der glorreichsten Denkmäler ihrer
Vergangenheit zurückgegeben hat! Monate werden ver-
gehen, ehe alle diese Schätze gehoben sein werden, aber
der Fortgang der Arbeit scheint vollständig gesichert. In-
zwischen werden im Hof des Palastes alle größeren
Marmorblöcke der Altareinfriedigung, soweit es anging,
zusammengesetzt und aufgestellt, während die vielen
hundert kleineren Fragmente in einem besonderen Magazin
untergebracht sind, wo man an ihrer Ordnung und Wieder-
vereinigung arbeitet. e. st.

Spoleto. Infolge der dauernden Regengüsse ist ein
Stück der alten Stadtmauer eingestürzt, gerade der Teil,
wo die Kathedrale gelegen ist. Man hat für die Sicherheit
des Gebäudes einige Befürchtungen laut werden lassen.
Wie dem sei, bei dieser Gelegenheit wollte man eine
kostbare Reliquie historischer Art, die Gebeine Fra Filippos,
in Sicherheit bringen. Als aber die mit der stolzen In-
schrift Lorenzo Magnificos gezierte Grabplatte entfernt
wurde, fand man — nichts. Nun fragt man sich, zu wel-
cher Zeit etwa die Grabstelle verlegt worden sein kann,
und plant eine Nachforschung nach den Resten, die schon
im Quattrocento die Spoletaner herauszugeben sich ge-
weigert. Daß sie schließlich werden gefunden werden,
ist kaum zu bezweifeln.

SAMMLUNGEN

Der Bau des Kaiser Friedrich-Museums in Berlin
schreitet rüstig vorwärts, so daß der auf den 18. Oktober
dieses Jahres festgesetze Eröffnungstermin wohl inne-
gehalten werden wird. Im Laufe des Sommers soll dann
die Obersiedlung der Gemäldegalerie, der plastischen Ab-
teilung und der Münzensammlung nach und nach vorge-
nommen werden, wodurch für eine gewisse Zeit eine
Schließung dieser Abteilungen für das Publikum notwendig
werden wird. Die freiwerdenden Räume werden dann so
besetzt werden: Im Kellergeschoß, wo die Münzensammlung
ausscheidet, wird die Bibliothek erweitert; das Erd- und
Obergeschoß des Alten Museums wird für die antiken
Originalbildwerke und das Antiquarium eingeräumt; das
ganze Erdgeschoß des Neuen Museums bekommt die
ägyptische Abteilung; in dem ersten Stocke des Neuen
Museums werden die Gipsabgüsse nach Antiken auf-
gestellt und das ganze zweite Stockwerk enthält das Kupfer-
stichkabinett.

Florenz. In den italienischen Zeitungen ist von den
Veränderungen, die unter Corrado Riccis Leitung zu er-
warten sind, viel die Rede. Daß diese sehr umfangreich
sein werden, darf man schon jetzt voraussagen; ebenso
daß sie viele Wünsche erfüllen, freilich auch mit mancher
liebgewordenen Gewohnheit brechen werden. Aber: eine
Vereinigung des gesamten Besitzes an Florentiner Kunst
aus dem Trecento und Quattrocento an einer Stelle ist
eine zu schöne Aussicht, als daß man nicht gern vieles
aufgeben wird. Und werden schließlich unter den Kunst-

historikern viele sein, die der »Tribuna« eine Träne nach-
weinen, die schließlich in ihrer heutigen Gestalt längst
nicht mehr repräsentiert, was die ersten Großherzöge da-
mit darstellen wollten?

Aber all das gehört der Zukunft, gewiß einer nicht
nahen Zukunft an. Man darf von Ricci erwarten, daß in
dieser auch Unbekanntes aus den bisher fast unzugäng-
lichen Depots, deren Besitzstand sehr groß sein soll, seine
Auferstehung erleben wird. In den Sammlungen aufge-
stellt ist genug, das unbeschadet seinerseits für depotreif
befunden werden kann.

Unter den kleinen Veränderungen des Interims darf
man hervorheben, daß Leonardos »Anbetung der Könige«
jetzt den Ehrenplatz im Toskaner Saal — wo bis jetzt
Sartos Harpyien-Madonna hing — erhalten soll. Zwei
Porträts von Bronzino und Vasari sind, um auf der Wand
Raum zu schaffen, einstweilen im ersten Korridor auf
Staffeleien gestellt worden. Leonardos Bild aber ist, aus
dem Rahmen herausgenommen, für kurze Frist ebenfalls
auf einer Staffelei aufgestellt und in nächster Nähe dem
Auge dargeboten1).

Dabei kann man sehen, daß unter dem Rahmen ein
etwa 4—5 Centinieter breiter Streifen versteckt war. Dieses
Stück birgt rechts und links einige nicht uninteressante
Pentimenti. Der Mantel des alten Mannes in der vordem
linken Ecke war ursprünglich noch breiter ausladend an-
gelegt; der Jüngling zur rechten, vorn in der Ecke, hatte
den Arm in stärkerem Winkel eingestellt. Als die Kom-
position in begrenzende Linien eingefaßt wurde, kamen
diese Partien außerhalb derselben zu liegen, und Leonardo
veränderte hier die Haltung des Arms, dort die Linie
des Mantels. Die Färbung des Bildes an diesem Streifen
ist übrigens ein schmutziges Dunkelbraun.

Im Zusammenhang mit Florentiner Dingen darf hier
eines in diesen Tagen viel genannten angeblichen »Selbst-
porträts von Michelangelo« gedacht werden. Es verlohnte
nicht, von dieser Angelegenheit hier zu sprechen, wenn
nicht Ricci, zur Abgabe seiner Meinung aufgefordert, eine
interessante Aufklärung über das in der Galerie der Uffizien
bewahrte »Selbstporträt« gäbe (Giornale d'Italia vom
19. Januar). Das jetzt aufgetauchte Bild kann nicht, wie
behauptet wird, identisch sein mit jenem Bild, das früher
den Strozzis gehörte. Denn im Archiv der Uffizien existiert
ein Brief vom Jahre 1771, worin der Duca Strozzi dem
damaligen Direktor der Galerie das in seinem Palast be-
wahrte Bildnis für die Malersammlung als Geschenk über-
mittelt. Jenes andere Werk muß sich also nach einer
neuen Provenienz umtun. —

Einige weitere, bisher unbekannte Zeichnungen Michel-
angelos, darunter eine sehr interessante Studie für ein
Tondo des Wunders der ehernen Schlange, sind zur Aus-
stellung gelängt. P. N. Ferri wird dieselben demnächst
veröffentlichen. —

Die Firma Giacomo Brogi hat den ersten Teil ihres
Gesamtkatalogs — Bilder, Fresken und Mosaiken — er-
scheinen lassen. Man wird darin eine Reihe wertvoller,
sonst nicht erreichbarer Aufnahmen finden. Ferner ist ein
neuer Katalog der reichen Kollektion von Photographien
erschienen, die einst von Philpot nach Zeichnungen auf-
genommen worden sind. Sind auch die Aufnahmen nicht
immer so gelungen, als unsere Ansprüche es wünschen,
so ist für den Kunsthistoriker diese Sammlung wegen der
großen Anzahl seltener Blätter unentbehrlich. Die Nega-
tive sind im Besitz der Firma Thof Strange & Co., Bor-

1) Jetzt hat es seinen Platz an der Wand erhalten
und erscheint in bester Beleuchtung hier eine völlig neue
Schöpfung.
 
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