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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Schumann, Paul: Friedrich der Weise als Förderer der Kunst
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0171

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325

Bücherschau

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aus der Maaß (das heißt nach der Proportionenlehre)
zu machen'.« In Wittenberg sah wohl auch Konrad
Meit diesen Stich. »In Wittenberg lernen die deut-
schen Künstler den Akt kennen, hier wurden Adam
und Eva von Dürer, Meit und Cranach geschaffen,
wurde das Studium des Nackten aber durch Jacopo
de Barbari vermittelt. Mir scheint, so sagt Bruck,
dieser Zusammenhang für unsere deutsche Kunst-
geschichte von höchster Bedeutung. Er läßt uns
Wittenberg als die Geburtsstätte unserer deutschen
Renaissance und das Jahr 1504 als ihr Geburtsjahr
erkennen. Was bedeutet für die deutsche Renaissance
die oberflächliche Verpflanzung einiger italienischer
Renaissancemotive in die Werke Holbeins und in die
frühen Burgkmairs gegenüber dem Erfassen des
wahren Wesens der Renaissance in der naturalistischen
Bildung des nackten Menschen bei Dürers Adam
und Eva 1504 und einem ähnlichen Werke Meits?«

Vielleicht geht Bruck in der Freude über die
neue Entdeckung etwas zu weit, denn Wittenberg
würde eben nur zufällig und vorübergehend der
Schauplatz jener bedeutsamen Begegnungen gewesen
sein, aber jedenfalls wird das, was zuerst in aller
Kürze Gurlitt (in dem Buche »Die Kunst unter Kur-
fürst Friedrich dem Weisen«) und nach ihm Bruck
ausführlich dargelegt haben, fortan in der Geschichte
der Renaissancekunst seinen Platz finden.

Bruck schildert weiter Friedrichs des Weisen
Pflege der Miniaturmalerei, für welche seine geist-
lichen Bücher — jetzt in der Universitätsbibliothek
zu Jena — in Betracht kommen. Neben niederlän-
dischen Malern hat namentlich der Nürnberger Jakob
Eisner für ihn Miniaturen gemalt. Weiter weist Bruck
den reichen Schatz von kostbaren Geräten an Edel-
metall nach, den der Kurfürst teils zur Bewahrung
der Reliquien (in der Schloßkirche zu Wittenberg),
teils für seinen eigenen häuslichen und wirtschaft-
lichen Gebrauch erwarb. Cranachs Wittenberger
Heiligtumsbuch und eine Sammlung von gezeichneten
Entwürfen im Archiv zu Weimar geben von diesen
Schätzen eine reiche Anschauung. Mag auch aus den
Entwürfen mehr Phantasie und Lust an Reichtum
und Farbe als Stilgefühl sprechen, so ist doch der
kulturgeschichtliche Gewinn aus diesen Schilderungen
Brucks nicht gering anzuschlagen.

Erwähnen wir endlich noch, daß das Buch mit
nicht weniger als 41 Tafeln ausgestattet ist, die
namentlich von den Miniaturen und den Goldschmiede-
arbeiten eine reiche Anschauung geben. Sie erhöhen
den Wert des Bruckschen Buches, das mit viel Liebe,
Sorgfalt und Spürsinn auf kümmerlichen Aktennotizen
aufgebaut ist, und unsere Kenntnis der Renaissance-
bewegung in Deutschland wesentlich erweitert. Daß
es zugleich Friedrich den Weisen als Förderer der
Kunst in so helles Licht rückt, und damit diesen
Fürsten in die nächste Nähe der großen fürstlichen
Mäcene der Reformationszeit rückt, mag uns Sachsen
zu besonderer Genugtuung dienen.

Dresden. PAUL SCHUMANN.

BÜCHERSCHAU

Amsterdam in de zeventiende Eeuw. s'Gravenhage,
W. P. van Stockum & Zoon.

Amsterdam hat durch beinahe ein ganzes Jahrhundert,
als der Vorort der holländischen Freistaaten und als erster
Welthandelsplatz, an der Spitze der Kulturentwickelung in
Europa gestanden; es hat der Welt einen Spinoza, einen
Rembrandt gegeben; Künste und Wissenschaften haben
hier sich aufs glänzendste entfaltet, Handel und Bankwesen
sind gleichzeitig praktisch und rechtlich ausgebildet wor-
den. Daher ist der Gedanke, einen Überblick über diese
gesamte Entwickelung in einer großen reich illustrierten
Publikation zu geben, wie es in dem Werke »Amsterdam
in de zeventiende Eeuw« geschehen ist, als ein glücklicher
zu bezeichnen. Eine Reihe der namhaftesten Gelehrten
Hollands, meist Amsterdamer Kinder, haben sich hier ver-
einigt, um den Ruhm ihrer Vaterstadt zu verkünden. Das
ganze Werk, in stattlichem Folioformat und in reichster,
vortrefflicher Weise ausgestattet, erscheint in Lieferungen,
die jetz; ihrem Abschlüsse nahe sind. Der Teil, der uns hier
allein angeht: die Kunst in Amsterdam im 17. Jahrhundert,
ist bereits fertig erschienen und gestattet daher ein end-
gültiges Urteil.

Der Schwerpunkt der Kunst in Holland lag in der
Malerei, auch in Amsterdam. Sie ist daher in ausgiebigster
Weise behandelt worden und zwar von dem, der am
meisten dazu berufen ist, von Dr. A. Bredius; verdanken
wir doch ihm vor allem, daß wir heute von dem Leben
der Amsterdamer Künstler eine verhältnismäßig gründliche
Kenntnis haben, und daß wir von ihren Werken meist eine
reiche Zahl kennen. Bredius hat sich hier das Ziel ge-
steckt, gelegentlich einer Übersicht über die Entwickelung
der Malerei in Amsterdam von allen irgend namhaften
Malern, die Amsterdamer Kinder oder dort längere Zeit
tätig waren, eine knappe Biographie und Charakteristik
zu geben, und von den meisten eins oder mehrere der
besten Werke in großen phototypischen Nachbildungen
dem Leser vorzuführen. Die Auswahl, die er dafür ge-
troffen hat, ist eine sehr glückliche und wird die meisten
überraschen, da Bredius es sich nicht hat verdrießen lassen,
Aufnahmen in den entlegensten Galerien und manchen
wenig gekannten Privatsammlungen machen zu lassen.
Die Mehrzahl der Bilder wird daher den meisten ganz
unbekannt sein; sie sind fast alle trefflich photographiert
worden und geben dadurch, zumal bei der Fülle, mit der
sie den Text illustrieren, ein ebenso reiches wie inter-
essantes Bild der Malerei in Amsterdam. In den kurzen
Lebensskizzen hat der Verfasser, wie stets in seinen Arbeiten,
alle neueren Funde, die wir zum größten Teil ihm selbst ver-
danken, verarbeitet und hier und da ganz Neues hinzugefügt.
Auch dadurch ist das Werk eine Quelle für die Geschichte
der holländischen Kunst, die kein Forscher entbehren kann.

Wesentlich kürzer, der geringeren Bedeutung ent-
sprechend, ist der Abschnitt über die Architektur und
Skulptur in Amsterdam aus der Feder von A. W. Weiß-
mann. Es ist gleichfalls ein sehr willkommener Beitrag,
da über der Malerei in den Niederlanden gar zu leicht die
übrigen Künste übersehen werden, ganz besonders die
Plastik. Und doch haben die verhältnismäßig wenigen
Denkmäler einen hohen künstlerischen Reiz und stehen
dem besten, was der Barock gleichzeitig in Italien hervor-
gebracht hat, völlig gleich. Weißmann hat die Kunst der
de Keyser, Quellinus, Verhulst und anderer hier charak-
terisiert und namentlich durch Abbildung der trefflichen
Modelle und Büsten im Rijksmuseum dem Leser ein gutes
Material zur Beurteilung dieser eigenartigen, malerischen
Plastik an die Hand gegeben. w. Bode.
 
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