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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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Vitry, Paul: Die Ausstellung der altfranzösischen (primitiven) Malerei in Paris
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Der Heinemannsche Kunstsalon in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.5900#0180

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343

Der Heinemannsche Kunstsalon in München

344

Prinzipien des 16. Jahrhunderts erhielt durch Porträ-
tisten ersten Ranges wie Clouet und Corneille de Lyon.

PAUL VITRY.

DER HEINEMANNSCHE KUNSTSALON IN
MÜNCHEN

An Bilderausstellungsgelegenheiten fehlt es in
München nicht. Die Frage jedoch, wie eine Aus-
stellung als Ganzes, also auch in Bezug auf Raum-
wirkung, zu einem wirklich künstlerischen Gesamt-
bilde sich schließen müsse, ist, die Gelasse des provi-
sorischen Ausstellungsgebäudes der Sezession an der
Prinz-Regentenstraße ausgenommen, bisher nicht immer
in zweckentsprechender Weise gelöst worden. Die
Gründe dafür liegen zum Teil in den Ausstellungs-
gebäuden und Lokalen selbst. Außerdem reicht die
Forderung nach abgerundeter Gesamtwirkung nicht
weit zurück. Man war lange darin beinahe zu ge-
nügsam, oder — man hatte das Bedürfnis nach Ver-
besserung nicht. — Daß der Glaspalast, trotz all der
seit Jahren immer wieder neu ausgeführten, Unsummen
verschlingenden Einbauten, trotz pompöser Vestibüle-
anlagen und vergoldeter Prachträume im Sinne von
Renaissanceschöpfungen glänzendster Erscheinung,
keine Ausstellungsmöglichkeiten verfeinerter Art bietet,
ist eine bekannte Sache. Der Lichteinfall ist un-
günstig. Man hat dem zu begegnen versucht durch
Abbiendungen aller Art. Die Verhältnisse wurden
dadurch gemildert, aber ungünstig sind und bleiben
sie dennoch. Wo die Grundanlage des Gebäudes
dem Zwecke nicht entspricht (der Glaspalast wurde
ursprünglich, 1853, keineswegs für Kunstzwecke ge-
baut, vielmehr diente er einer Industrieausstellung
und ist erst später zum Kunsttempel gemacht wor-
den) vermag selbst die genialste Dekoration dem Übel
nicht zu steuern. Für die Gelder, welche solchen
Zwecken seit Jahrzehnten geopfert wurden, hätte die
Künstlergenossenschaft längst einen zweckentsprechen-
den, ihr selbst gehörenden Bau ausführen können,
der, wenn er auch keine Monstre-Ausstellungen zu
beherbergen imstande wäre, doch immerhin Gelegen-
heit zur Veranstaltung von Elite-Ausstellungen ge-
boten hätte. Die Kunst-Kasernements-Ausstellungen
mit tausenden von Objekten, sie werden ohnehin
eines Tages verschwinden müssen. Das Gute, was
die bildende Kunst unserer Tage hervorbringt, läßt
sich in geeigneterem Rahmen geben als durch un-
übersehbare Massenausstellungen, bei denen allzuviel
Rücksichtnahme auf das Mittelgut sich geltend machen
muß.

In zweiter Linie wäre das Ausstellungsgebäude
am Königsplatz zu nennen, woselbst die Sezession
sich niedergelassen hat, nachdem sie ihr überaus gutes
und zweckmäßiges Provisorium an der Prinzregenten-
straße verlassen mußte. Es entspricht den heutigen
Anforderungen ebenfalls nicht in wünschenswertem
Maße. Auch hier liegt des Pudels Kern in den
anderen Zeiten und deren Anschauungen genügenden
ersten Anlage, die nicht so umgemodelt werden kann,
wie es nötig erschiene. Von den Räumen des alten

Nationalmuseums, woselbst die Lokal-Kunstausstellung
der Münchener »Künstlergenossenschaft« untergebracht
ist, spricht man besser überhaupt nicht. Wände
allein, wo man Bilder aufhängen kann, und Fenster,
die das liebe Himmelslicht bedingtermaßen durch-
lassen, genügen denn doch nicht für Ausstel-
lungszwecke einer Kunstmetropole. Besser gestaltet
sich die Sache in den seit einigen Jahren um-
gebauten Kunstvereinslokalitäten, die übrigens gar
nicht dem ausgesprochenen Zweck dienen, immer
Elite-Ausstellungen, von einer strengen Jury gesichtet,
zu bieten. Man sieht dort vielmehr »tout Munich«;
die Säle genügen ihrem Zweck, Treffpunkt aller Kunst-
durstigen — und dazu gehört bekanntermaßen in
München doch jedermann — zu sein, ebenso wie
dem Bedürfnisse aller ausübenden Künstler — vom
höchsten bis herunter zu dem am entgegengesetzten
Ende befindlichen — hier ihrer Werkstätten Resultat
der allgemeinen Begutachtung zu unterbreiten. Man
braucht in Verfolg dieser Aufzählung nicht weiter
zu gehen, um zu dem Resultate zu kommen, daß
Räume, in neuzeitlichem Sinne für feinere Ausstel-
lungszwecke gestaltet, in München bis zur Stunde
nicht vorhanden waren, selbst im Künstlerhause nicht,
des flimmernde Vergoldungspracht für solche Zwecke
nicht geeignet erscheint. Ausstellungsräume stellen
wesentlich andere Forderungen.

In den ganz neu eröffneten Sälen der Heinemann-
schen Kunsthandlung ist das Problem des Ausstel-
lungsraumes, der nicht bloß für den Architekten, nicht
für den Stukkateur, nicht für den Vergolder noch
den Tapezierer und dessen Kunststücke, sondern für
die gute und würdige Placierung der ausgestellten
Kunstwerke geschaffen wurde, in ernster und wür-
diger Weise gelöst. Der entwerfende Architekt, Pro-
fessor E. Seidl, war sich seiner Aufgabe sehr wohl
bewußt. Er hat weise Maß zu halten verstanden.
Bei Lösung der Fassade, die übrigens nicht in irgend
welcher Weise auf das innere Wesen des Baues wirkte,
lagen Umstände zwingender Art vor, die dem Künstler
nicht freie Hand in Bezug auf die Ausgestaltung
ließen. Die Frage, ob moderne Architekturprobleme
mit Recht immer wieder an bestimmte Stilformen
gebunden werden müssen, bleibe hier ganz aus dem
Spiele. Hauptsache ist es, daß sie für den wahren
Zweck des Gebäudes, für die Innenräume nicht zur
Zwangsjacke geworden sind, wie es bei so vielen
anderen, ganz speziell bei Museumsbauten der Fall
ist. Hier siegte der Kern, nicht die Schale. Das ist
das Wesentliche, das Begrüßenswerte an der Sache.
Seidl war in der Lage, einen eigenartigen Kompromiß
zu schließen. Während er nämlich die Fassade ge-
zwungenermaßen in bestimmten Stilformen — Barocco
— halten mußte, ist das übrige weit davon entfernt, den
anerkannten akademisch-konventionellen Anschauungen
zu folgen, deren breit getretene Bahnen bezeichnend
sind für so manches. Man möchte viel eher glauben,
es hätten für ihn bei Schaffung der Innenräume An-
regungen der jungen Wiener Architektenschule mit-
gesprochen, so gesund ist die einfache großzügige
Art, mit der alles behandelt ist. Seidl verzichtete
 
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