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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 15.1904

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365

Ausstellungen

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bisherigen Rezensenten der »Weserzeitung«, der modernen
Richtung in Bremen eifrigstem Gegner.

Wenn es angängig ist, bei einer nationalen Ausstellung
von einem bestimmten Gepräge zu sprechen, so findet
dieses Gepräge der Bremer Ausstellung seinen eigentlichen
Ausdruck in Klinger. Klinger ist der Künstler des seelischen
Ausdrucks. Er ringt und sucht so lange, bis er den künst-
lerischen Ausdruck findet für den Gedanken, der ihn be-
wegt. Dieses Suchen und Ringen ist bei so manchem
der hier vertretenen Künstler zu bemerken, ein Zug, der
wohl niemandem so sehr wie dem deutschen Künstler
anhaftet. — Oben im Kuppelsaale thront auf einfachem
Sockel, umgeben von lebenden Pflanzen, die Klingersche
Büste der Frau Asenijeff. Diese grünblauen Edelsteinaugen,
diese halb geheimnisvollen, halb kindlich schönen Züge
vergißt man nicht so leicht. Von Klinger dem Graphiker
gibt eine Auswahl seiner besten Radierungen Zeugnis.
Die reichhaltige Ausstellung, darunter Blätter, die in keinen
weiteren Exemplaren mehr existieren, verdanken wir der
Bereitwilligkeit des Vorsitzenden des Kunstvereins, Herrn
Dr. H. H. Meier, der die Sammlung aus seinem Privatbesitz
zur Verfügung gestellt hat. Die Bronze »die Badende«
und eine Reihe von Ol- und Kreideskizzen vervollständigen
die Anschauung von dem Wirken des Meisters.

Auch ihren »Schlager« hat die Bremer Kunstausstellung.
Als solche sind wohl unstreitig die beiden großen Zügel'sehen
Schafherden, die eine in Morgen-, die andere in Abend-
dämmerung, zu bezeichnen. Gleich beim Betreten des
großen Saales leuchten dem Besucher diese Bilder mit
ihrer enormen Farbenkraft entgegen. Das ist Licht und
Sonne, was da auf der Wolle der Schafe glitzert und gleißt,
das ist Leben und Bewegung in diesen wimmelnden und
drängelnden Tieren.

Daneben hängen Kalchreuth und Ludwig von Hofmann.
Des letzteren »Sündenfall« ist wieder ein farbenfroher Er-
guß, wie wir es bei diesem Meister gewohnt sind. Es
braucht uns von diesem Gesichtspunkte aus die etwas
konventionelle Auffassung des Herrgottes auch weiter nicht
zu befremden. Kalckreuth überrascht mit seiner »Velaz-
quez-Prinzessin« geradezu; man ist hier nur seine realistisch
geschauten Charakterfypen aus früheren Jahren her ge-
wohnt. Von Trübner sehen wir zwei Reiterbilder, Dame
und Herr, in der bekannten verblüffenden Treffsicherheit
hingesetzt. Geradezu gewagt erscheint uns »Christus im
Grabe«, ein liegender, von den Füßen aus gesehener Akt
mit genialer Verkürzung. Trübner kann aber schon der-
gleichen Experimente wagen. — Als sehr gern gesehenen
Gast begrüßen wir den Dachauer Ludw. Dill. Er bringt
eine kleine, aber ausgewählte Kollektion seiner bekannten
grautonigen Landschaften, die von bestrickendem Reiz sind.
Noch sei eine Kollektion Uhde erwähnt, Werke aus ver-
schiedenen Lebensaltern des Malers, darunter eine Dar-
stellung Richards des Dritten, Pilotyschen Angedenkens,
die zeitlich sehr zurückliegen muß. - Einige Werke nam-
hafter Künstler sind noch nicht eingetroffen, darunter ein
großer Vinnen, der womöglich imstande ist, die jetzigen
Schlager zu »schlagen«. Es möge uns vergönnt sein,
auf diese, sowie auf die Werke der Plastik in einem späteren
Berichte zurückzukommen. b.

Berlin. Keller & Reiner machen uns mit dem Belgier
Victor Rousseau bekannt, der gelegentlich der letzten Aus-
stellungen der Brüsseler Libre Esthetique als das stärkste
unter den jüngeren Talenten der an Talenten so reichen
belgischen Bildhauerschule gerühmt wurde — wenn man
von Schule bei einer Gruppe sprechen darf, die so grund-
verschiedene Persönlichkeiten wie Dillens, Meunier, Lam-
beaux, Lagan in sich schließt. Rousseau vereinigt in
seinen kleinen Bronzen die Vorliebe von Lambeaux für

kühne Bewegungsmotive und aparte Stellungen mit Dillens'
graziöser Feinheit. Seine Figuren wirken in ihrer über-
großen Schlankheit und dem scharf akzentuierten Muskel-
spiel zuweilen etwas manieriert, sind aber fast immer reiz-
voll. Man spürt das echte Vergnügen des Plastikers aus
ihnen, der von seinem Kollegen, dem Bildhauer, scharf
zu trennen ist. Nur sollte man die Stücke in die Hand
nehmen und drehen können, um das Spiel des Lichtes
auf dem edlen Metall voll zu genießen. Rousseau hat
auch einige vortreffliche männliche und weibliche Büsten
gesandt, darunter die Konstantin Meuniers. Wer den
greisen Künstler kennt, ist erfreut zu sehen, wie über-
zeugend Haltung und Ausdruck hier gegeben sind. — Bei
Schulte stehen, da die Cronberger Kolonie nur belanglose
Bilder geschickt hat, und der Belgier Herzledine keinen
erheblichen Gewinn für unsere Kenntnis ausländischer
Kunst bedeutet, Friedrich Fehr und Ludwig Dettmann im
Mittelpunkt des Interesses. Fehr hat neben ein paar älteren,
in sehr starken Farben gehaltenen Bildern hauptsächlich
neuere ausgestellt, in denen er, vielleicht von Dill beein-
flußt, gedämpfte, welke Farben, Olivgrün, Graublau und
ähnliche, bevorzugt. Sein Geschick, Farben zusammen-
zustellen und geschmackvoll zu verteilen, ist beträchtlich,
einen nachhaltigen Eindruck aber hinterläßt keins seiner
Werke. Viel stärker wirkt Dettmann, auf den man einst
so große Hoffnungen setzte, nur ist diese Wirkung etwas
zwiespältig. Wir finden bei ihm ein Schwanken zwischen
Natur und Stil. Seine Bilder (Frühlingsnacht, Im Korn-
feld, Sinkende Sonne) sind keine Impressionen, und doch
nicht ins Typische gerückt wie die Millets, seine Farben
machen nicht den Eindruck der Naturwahrheit und er-
scheinen doch nicht zu einer höheren Einheit erhoben,
die als Selbstzweck gelten könnte. Davon abgesehen aber
bieten die Werke des Schönen und Stimmungsvollen
genug. Am gelungensten finde ich: »Wenn der Wind
über die Stoppeln weht«. Hier hat die Bewegung der
alten Leute etwas Zwingendes und stimmt prächtig zu
den zerrissenen Wolken. a.

Berlin. Kunstgewerbemuseum. Die Ausstellung euro-
päischen Porzellans des 18. Jahrhunderts wird statt am 15.
erst am 30. April geschlossen werden, da das große Inter-
esse, das die Ausstellung in allen Kreisen gefunden hat,
eine derartige Verlängerung wünschenswert macht. Dank
dem opferwilligen Entgegenkommen der Privatsammler,
denen überhaupt für die bereitwillige Herleihung dieser
kostbaren und zerbrechlichen Kunstwerke nicht genugsam
gedankt werden kann, ist diese Verschiebung des Schluß-
termins ermöglicht worden.

Dresden. In Ernst Arnolds Kunsthandlung ist in
diesen Tagen das silberne Tafelgerät ausgestellt, das Pro-
fessor Henry van de Velde für den Großherzog von
Sachsen-Weimar entworfen hat.

Eisenach, die Vaterstadt Friedrich Prellers, hat aus An-
laß seines 100. Geburtstages (25. April) eine Preller-Aus-
stellung veranstaltet. Dank dem tatkräftigen Vorgehen
des Herrn Julius von Eichel-Streiber, der auch aus seinem
eigenen Besitz mehrere Bilder Prellers, darunter das Ölbild
»Rebekka am Brunnen« beisteuerte, ist es gelungen, eine
ansehnliche Zahl von Ölgemälden, Studien, Zeichnungen
und Aquarellen zum Teil aus dem Besitze der Prellerschen
Familie und sonstigem Privatbesitze zusammenzubringen.
Interessant sind besonders die Ölskizzen zum Weimarer
Odysseezyklus.

Hannover. Der künstlerische Nachlaß Professor
Friedrich Kaulbachs, bestehend hauptsächlich aus Ölskizzen,
Entwürfen und Zeichnungen, die einen Überblick über die
künstlerische Laufbahn des Meisters gewähren, ist jetzt in
der 72. Kunstausstellung zur Aufstellung gekommen.
 
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