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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 9.1898

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4886#0020
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KLEINE MITTEILUNGEN

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erwiesen und trägt nicht unwesentlich dazu bei, den Ver-
kehr mit den Gewerbetreibenden lebhaft und fruchtbar zu
unterhalten. Die Aufträge auf Zeichnungen wurden mit
125 einzelnen Blättern erledigt.

Halle a. S. Kunstgewerbeverein. Der Kunstgewerbe-
verein beabsichtigt in der Zeit vom 17. bis 31. Oktober d.J.
in den Räumen seiner kunstgewerblichen Sammlung eine
heraldische Ausstellung zu veranstalten, um die Kenntnis
der Heraldik, ihrer Gesetze und ihrer Formensprache zu
fördern, ihre Bedeutung in früherer und ihre Anwendung
in unserer Zeit vor Augen zu führen. Die Ausstellung soll
Gegenstände des Kunstgewerbes aller Art, so weit sie heral-
dischverziert sind, ferner Wappen, Siegel, Stempel, heraldische
Kunstblätter, Bürgerzeichen und Buchwerke über Wappen-
kunde aus alter und neuer Zeit umfassen.

O.W. Das Kunstgewerbe im Pariser Salon. Wer
das Kunstgewerbe auf den Pariser Kunstausstellungen stu-
diren will, muss sich zunächst dem neugegründeten unab-
hängigen Salon auf dem Marsfelde zuwenden. Die Zu-
lassung der Kunstindustrie zu den allgemeinen Kunstaus-
stellungen war eine der Thaten dieses Salons, und obwohl
der offizielle Salon in den Champs Elysees seinem rührigen
Konkurrenten in der Eröffnung einer kunstgewerblichen
Abteilung bald nachfolgte, blieb das Marsfeld doch bis heute
der quantitativ und qualitativ bevorzugte Ausstellungsort für
Goldschmiede, Bronzegiesser, Keramiker, Kunsttischler und
andere Kunstindustrielle. Nur muss leider konstatirt werden,
dass dem Aufschwünge, welchen die erste Berührung der
französischen Kunstindustrie mit dem grossen Publikum er-
zeugte, nun eine Stagnation gefolgt ist. Die soliden Künstler,
deren Werke in den Vorjahren eine gerechte Bewunderung
erregt, stellen zwar noch immer aus, aber ihre Erfindungs-
gabe scheint sich erschöpft zu haben; sie bleiben im Kreise
der bereits bekannten Motive. Unter den neu Hinzugekom-
menen aber sieht man keine wahren Künstler mehr; es sind
zumeist schlecht maskirte Kaufleute, die der immer allgemei-
ner werdenden Geschmacksverderbnis Rechnung tragen und
bemüht sind, die Entartung und den sensationellen „dernier
cri" der Malerei ins Kunstgewerbliche zu übertragen. -
Der Lieblingsgegenstand dieser Ästhetik des Hässlichen,
zu der man das Publikum erziehen möchte, sind bekannt-
lich Kröten: Kröten in Bronze, Silber und Zinn, Kröten in
Porzellan und Steingut, Kröten als Thürklinken, Blumen-
vasen, Leuchter und Fontänen. Überlassen wir das Be-
wundern dieser durchaus grotesken Phantasien den Fran-
zosen, und wenden wir uns den verdienstvollen Künstlern
zu, welche die Aufmerksamkeit des Auslandes thatsächlich
verdienen. Da sei vor allem Carabin genannt, als Holz-
schnitzer, Kunsttischler und Kunstschlosser gleich tüchtig,
wie sein Nippsachen-Ständer beweist, ein phantasievolles Eck-
möbel, das er für den Schauspieler Coquelin verfertigt.
Seine „Danseuses", grünpatinirte Bronzestatuettchen von
Sängerinnen ä la Loi Füller sind sehr verwendbare Deko-
rationsobjekte, da sie überall wirkungsvoll angebracht werden
können. Aufsehen erregen die massiven Porzellanarbeiten
von Chaplet, die eine neue Auffassung und Behandlungsart
dieses feinsten aller keramischen Stoffe darstellen. Auch

Dammonses Fayence- und Steingutarbeiten werden viel be-
wundert, hauptsächlich wegen ihrer geschmackvollen Verzie-
rung und Färbung, die der Bestimmung der Objekte sinnreich
angepasst sind. — Die Glasarbeiten Galle's, des Meisters von
Nancy, sind heuer weniger interessant als in den Vorjahren: we-
der der Ehrenkelch für den Komponisten Massenet, noch das
für die Herzogin von Chartres bestimmte Hochzeitsgeschenk
sprechen besonders an. Man sagt, dass der phantasie-
volle Meister seine besten Arbeiter verloren habe. Recht
verdienstvoll sind die geblasenen Glasarbeiten des Dresde-
ners Karl Köpping: sie sind so zart —; meint der „Figaro" —
dass sie unter einem Blick zerbrechen zu können schei-
nen. Unter den Fenstermalereien sei der farbenprächtige
„Frühling" von Carot hervorgehoben; das umfangreiche
Werk ist für das Rathaus von Perreux bestimmt. E. Car-
rieres dekorative Teller und Mandres Email-Miniaturen
sind wie alljährlich voll Geschmack. Aufsehen erregt eine
Fayence-Kuppel von P.Roche, die durch metallische Reflexe in
ihrer Wirkung erhöht wird. Unter den Metallarbeiten werden
besonders V. Prouves phantasievolle, skulpturenverzierte Thür-
klinken und ciselirte Gürtel bemerkt, unter den Buchbinderar-
beiten Meuniers prunkvolle Ledereinbände und R. Wieners
Ledermosaiken. — Die Kunstgewerbeausstellung im Industrie-
palast ist kleiner, aber imposant wegen der Kostbarkeit der Ob-
jekte. Welche Reichtümer birgt der eine Glasschrank, in dem
Rene Lalique seine originellen, aus Perlen und Edelsteinen
komponirten Blumen und Kammgriffe ausgestellt! Diese
teils in ägyptischem, teils in byzantinischem Stil gearbeiteten
Juwelierarbeiten bilden momentan das beliebteste Spielzeug
der vornehmen Welt. Sehr modern als Zimmerdekoration

Entwurf zu einem Glasfenster in farbigem Opalescentglas
von Maler Hans CHRISTIANSEN, Paris.
 
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