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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 9.1898

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4886#0102
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Kopfleiste, gezeichnet von S. Wendt-
landt, Charlottenburg.

BRESLAU. Kunstgew'erbeverein. In der Sitzung vom
5. Januar d. J. hielt der erste Schriftführer des Vereins,
Maler und Zeichner Schieder, einen Vortrag über das
bayerischeOewerbe-MuseumundseineEinrichtungen. Im Hin-
blick auf das in Breslau zu errichtende Kunstgewerbe-Museum
wurde das Programm des Nürnberger Gewerbe-Museums, des-
sen Entwicklung von der Gründung im Jahre 1871 bis zu der
grossen Bedeutung, die es jetzt nach 25 Jahren erlangt hat,
eingehend besprochen. Insbesondere die inneren Einrich-
tungen, die Sammlungen, der Zeichnensaal, das chemische
Laboratorium, die Lehrwerkstätten etc., die Organisation des
Beamtenstabes, das Verwaltungssystem wurden eingehend
geschildert. Die Pläne des vor einem Jahre bezogenen neuen
Museumsgebäudes waren im Saale ausgestellt. Der Vortrag
gab Anlass zu einem Meinungsaustausch über die etwa zu
treffende Einrichtung des für Breslau geplanten neuen Kunst-
gewerbe-Museums, wobei insbesondere von Herrn Ober-
bürgermeister Bender betont wurde, dass man zwischen dem
Nürnberger und Breslauer Museum bei der Verschiedenheit
der Grundlagen keine zu intensive Parallele ziehen dürfe.
Entgegen den Verhältnissen in Nürnberg dürfe man in
Breslau vom Staat zur Zeit nicht allzuviel erwarten. Das
Schwergewicht falle auf die Stadt, die gerne für kräftige
Förderung der in Frage kommenden Interessen eintreten
würde. Es sei zu hoffen, dass irgend ein Verein, wie etwa
der Kunstgewerbeverein, sich dem Museum, ähnlich wie der
Altertumsverein, auf irgend einer Grundlage verbinden würde.
In Heft 3 S. 44 ist aus Versehen im Berichte des Bres-
lauer Kunstgewerbevereins Direktor Klaus und Direktor
Seger gedruckt worden, es muss heissen Dr. Claus und
Dr. Seger.

KARLSRUHE. Badischer Kunstyewerbeverein.
Unter zahlreicher Beteiligung fand am 16. Februar die
satzungsgemässe Generalversammlung statt. Nach
dem vom Vorsitzenden, Herrn Direktor Götz, erstatteten
Jahresbericht zählt der Verein 620 Mitglieder, von welchen
255 auf Karlsruhe, 310 auf das übrige Baden, 50 auf andere
deutsche Staaten, 5 auf das Ausland entfallen. — Wesentliche
Bereicherung hat das Kunstgewerbe-Museum erfahren, nament-
lich durch die gelegentlich der Orientreise des Herrn Direktor
Götz erworbenen Werke. Ausser zahlreichen Photographien
sind nämlich über 800 Kunstgegenstände zu verzeichnen.
Unter ihnen befinden sich ganz seltene Stücke aus früheren
Kulturepochen des Pharaonenlandes, während andere ägyp-
tische Erzeugnisse bereits dieEinflüssederGriechen undRötner

erkennen lassen. Von der orientalischen Kunst anderer Völker,
der Perser, Syrer und Araber, sind hervorzuheben alte Figuren
aus Damaskus, persische Fliesen, getriebene und tauschirte
Metallarbeiten, Waffen, altpersische Gläser und Lackmalereien,
Schmuckgegenstände, Kostüme, Teppiche, Lampen, Teller,
Räuchergefässe; von späteren italienischen Erzeugnissen eine
Reihe origineller Majoliken, Buchdecken, Krystallgläser. Die
bereits vorhandene Textilgruppe des Kunstgewerbe-Museums
wurde durch sudanesische Hemden, insbesondere aber durch
schöne altchristliche Gewebe aus Gräberfunden des Nil-
thales, sowie durch eine Anzahl farbenprächtiger persischer
Teppiche ergänzt. Wie früher, so sind auch im letzten
Jahre von Freunden und Gönnern dem Museum wertvolle
Stiftungen zugeflossen, insgesamt 123 Gegenstände mit einem
Schätzungswerte von 3500 M. — Weiter berichtete der Vor-
sitzende über die Ausschusssitzungen und Monatsversamm-
lungen d'es Vereins. Am 24. März v. J. hatte Maler Vor-
länder von Holzminden unter Vorführung zahlreicher
Originalaufnahmen einen Vortrag über kirchlich dekorative
Wandmalereien gehalten, dabei einleitend betont, dass im
nördlichen Deutschland, besonders im heutigen Westfalen,
in Hannover, Braunschweig, in sächsischen Gegenden und
am Niederrhein weit mehr Überreste mittelalterlicher Wand-
und Glasmalereien erhalten geblieben seien, als bei uns im
Süden, und sodann die eingehend bedeutendsten romanischen
Wandmalereien besprochen. — Bezüglich der Beteiligung
des Badischen Kunstgewerbes bei der Weltausstellung in
Paris im Jahre igoo erstattete Herr Direktor Götz den Be-
richt über den Verlauf der bisherigen Vorarbeiten seitens der
hierfür vom Deutschen Reichskommissar Herrn Geh. Re-
gierungsrat Dr. Richter berufenen Kommissionen und erläu-
terte die Bedingungen, die für die Beteiligung an diesem
Unternehmen massgebend sind. Bei der Fertigung von
Entwürfen würde die Kunstgewerbeschule mit Rat und That
dem Einzelnen auf Wunsch beistehen, wie es anderseits
zu erhoffen sei, dass zur Erleichterung minder bemittelter
Aussteller Gelegenheit zu Aufträgen geboten werde, sei
dieses durch die Gemeinden, Korporationen oder Privat-
personen. Redner schüesst mit einem Mahnruf an die Opfer-
willigkeit der Vereinsmitglieder, damit Baden kräftig dazu
beitragen könne, der deutschen Abteilung der Weltausstel-
lung zum Siege zu verhelfen. M.

~\ /TÜNCHEN. Bauerischer Kunstgewerbeverein.

Vi Zum ersten Vorstand wurde Professor Fr. v. Thiersch
■i-T-I- mit Einstimmigkeit durch den Vereinsausschuss vom
5. Januar gewählt, nachdem, wie schon berichtet, Professor
R. Seitz sein Amt nach kurzer Ausübung desselben nieder-
gelegt hatte. Es steht zu hoffen, dass mit dieser Wahl wieder
die nötige Beruhigung der Gemüter eintreten werde und
trotz der vorübergehenden Meinungskämpfe der Künstler
und Kunstgewerbetreibenden das Gefühl der Zusammenge-
hörigkeit im Streben nach den höchsten Zielen nicht er-
schüttert werde.
 
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