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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 9.1898

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Minkus, Fritz: Die Winterausstellung des k. k. österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4886#0087
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Kopfleiste, gezeichnet von Maler Hans Schulze, Berlin.

DIE WINTERAUSSTELLUNG
DES K. K. ÖSTERREICHISCHEN MUSEUMS FÜR KUNST

UND INDUSTRIE IN WIEN

AUF den im verflossenen Sommer stattgehabten
Wechsel in der Direktion des österreichischen
Museums hin, war man in Wiener Fach-
kreisen auf die dieswinterliche Ausstellung dieses Mu-
seums, als auf die erste Manifestirung der neuen Wege,
die unser Kunstgewerbemuseum nunmehr gehen würde,
aufs höchste gespannt gewesen: sofort nach Eröffnung
der Ausstellung, nachdem die Kritiken der Tagesblätter
erfolgt waren, und die allgemeine Stimmung des
Publikums sich erkennbar gemacht hatte, erwies es
sich, dass ihr Erfolg die kühnsten Erwartungen über-
treffe; ich meine dies weniger hinsichtlich der tech-
nischen Gediegenheit der ausgestellten Arbeiten, die
bei den Erzeugnissen der — dank der rastlosen
Bemühung der früheren Museumsdirektionen —
technisch sehr hochstehenden Kunstindustrie Wiens
von vornherein mehr oder minder fraglos ist, noch
auch bezüglich des ästhetischen Wertes der in der
Ausstellung figurirenden Gegenstände, der ja bis zu
einem gewissen Grade von den heute noch allerorten
stark divergirenden geschmacklichen Glaubensbekennt-
nissen der Beurteiler abhängig ist: ich meine dies
rücksichtlich des über alle Voraussicht hinausgehenden
Aufsehens, das die Ausstellung in den weitesten

Schichten erweckt hat! — Die Förderer und Freunde
der neuen Richtung des modernen Kunstgewerbes
konnten — wie dies bei jeder Neuerung auf jeglichem
Gebiete naturgemäss ist — in Wien ebenso wenig
und vielleicht noch weniger als anderwärts darauf
zählen, von vornherein ungeteilten Beifall zu finden;
mit diesem Faktor war zu rechnen und wurde ge-
rechnet; aber ein zweiter in Wien aller Erfahrung nach
scheinbar sehr in Betracht kommender Faktor von
weitaus schädigenderer Natur, den man massgeben-
den Ortes nicht unterschätzt hatte, erwies sich dies-
mal überraschender Weise als nicht vorhanden, —
die phäakenhaft-wgemütliche" Teilnahmslosigkeit des
Wiener Publikums gegenüber künstlerischen und
namentlich kunstgewerblichen Angelegenheiten, die die
wohlgeplantesten und vielversprechendsten Unter-
nehmungen schon mehr als einmal des Lebensnervs
beraubt hat!

Nun, an Teilnahme fehlt es der Winterausstellung
des österreichischen Museums wahrhaftig nicht: der
— kleinere — Kreis des Wiener Publikums, in welchem
die neue Richtung als „neue Mode« schon längst
Wurzel geschlagen hatte, als man im Museum noch
die altgewohnten Bahnen wandelte, jubelt mit einem
 
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