Salon-Oberlichtgitter der Villa des Ökonomierates F. Dippe, Quedlinburg. (Architekt: Regierungsbaumeister M. Bei, Berlin.)
Entworfen und in Schmiedeeisen mit Bronzeteilen ausgeführt von Ferd. Paul Krüger, Berlin.
FLÄCHENDEKORATION UND PERSPEKTIVE
Die perspektivischen Gitter des 18. Jahrhunderts
Initial
INES der allerwesentlichsten
Kriterien für die Charak-
terisirung der einzelnen
Epochen der Kunstge-
schichte bildet das Ver-
hältnis, in welches sie ihre
Dekorationsweise zur Flä-
che stellen.
Der älteren Schule der
Kunstforschung, die
sich, offenbar zurück-
schreckend vor dem
unermesslichen that-
sächlichen Material, das
ihr der Entwicklungsgang der mensch-
lichen Kunstthätigkeit zur Sichtung dar-
bot, auf den bequemeren Standpunkt der
ästhetisirenden Stilkritik stellte, diente die Art,
wie ein Stil die Frage der Flächenbehandlung
löste, geradezu als Prüfstein ob er als „stilvoller"
oder „stilloser" Stil in das Buch, ihrer unfehl-
baren Erkenntnis eingetragen werden solle: die
gezeichnet von H. Schulze, Berlin.
Kunstgewerbeblatt. N. F. IX. H. 3.
einstimmige Verurteilung, die damals der Barock-
stil fand, war in erster Linie auf dem Umstand be-
gründet, dass er in seiner Flächendekoration selbst-
herrisch sich über die Gebote der Konstruktivität
hinweggesetzt und mit der Fläche frei geschaltet und
gewaltet hatte, nach eigenstem, unverantwortlichem
Gutdünken.
Die moderne Kunstforschung sieht sich, mit Recht,
nicht berufen, über den einzelnen Phasen des Kunst-
entwicklungsganges zu Gericht zu sitzen: sie ist aus
einer philosophirenden zu einer konstatirenden Wissen-
schaft geworden und begnügt sich mit der vielleicht
weniger selbstschmeichelnden, aber sicherlich gediege-
neren und ernsteren Aufgabe, den inneren Konnex
herauszuschälen, der die einzelnen Erscheinungen des
Kunstentwicklungsganges verbindet, ihm im übrigen
die gleiche despotisch-elementare Machtbefugnis ein-
räumend, die etwa die Naturwissenschaften den Natur-
kräften einräumen: eine Machtbefugnis, über deren
Walten kein Richter gesetzt ist.
Aber auch der modernen Kunstforschung bilden
die verschiedenartigen Lösungen, die in den einzelnen
Etappen des Werdegangs der Kunst für die Behand-
Entworfen und in Schmiedeeisen mit Bronzeteilen ausgeführt von Ferd. Paul Krüger, Berlin.
FLÄCHENDEKORATION UND PERSPEKTIVE
Die perspektivischen Gitter des 18. Jahrhunderts
Initial
INES der allerwesentlichsten
Kriterien für die Charak-
terisirung der einzelnen
Epochen der Kunstge-
schichte bildet das Ver-
hältnis, in welches sie ihre
Dekorationsweise zur Flä-
che stellen.
Der älteren Schule der
Kunstforschung, die
sich, offenbar zurück-
schreckend vor dem
unermesslichen that-
sächlichen Material, das
ihr der Entwicklungsgang der mensch-
lichen Kunstthätigkeit zur Sichtung dar-
bot, auf den bequemeren Standpunkt der
ästhetisirenden Stilkritik stellte, diente die Art,
wie ein Stil die Frage der Flächenbehandlung
löste, geradezu als Prüfstein ob er als „stilvoller"
oder „stilloser" Stil in das Buch, ihrer unfehl-
baren Erkenntnis eingetragen werden solle: die
gezeichnet von H. Schulze, Berlin.
Kunstgewerbeblatt. N. F. IX. H. 3.
einstimmige Verurteilung, die damals der Barock-
stil fand, war in erster Linie auf dem Umstand be-
gründet, dass er in seiner Flächendekoration selbst-
herrisch sich über die Gebote der Konstruktivität
hinweggesetzt und mit der Fläche frei geschaltet und
gewaltet hatte, nach eigenstem, unverantwortlichem
Gutdünken.
Die moderne Kunstforschung sieht sich, mit Recht,
nicht berufen, über den einzelnen Phasen des Kunst-
entwicklungsganges zu Gericht zu sitzen: sie ist aus
einer philosophirenden zu einer konstatirenden Wissen-
schaft geworden und begnügt sich mit der vielleicht
weniger selbstschmeichelnden, aber sicherlich gediege-
neren und ernsteren Aufgabe, den inneren Konnex
herauszuschälen, der die einzelnen Erscheinungen des
Kunstentwicklungsganges verbindet, ihm im übrigen
die gleiche despotisch-elementare Machtbefugnis ein-
räumend, die etwa die Naturwissenschaften den Natur-
kräften einräumen: eine Machtbefugnis, über deren
Walten kein Richter gesetzt ist.
Aber auch der modernen Kunstforschung bilden
die verschiedenartigen Lösungen, die in den einzelnen
Etappen des Werdegangs der Kunst für die Behand-