FLÄCHENDEKORATION UND PERSPEKTIVE
und ihr demgemäss die perspektivische Flächendekoration ein
leichtes gewesen wäre, an der streng-architektonischen Auffas-
sung der Fläche nicht gerüttelt: ihre Ornamentik suchte nie
die Fläche anders zu gliedern, als es der Thatsache entsprach,
oder gar sie hinwegzutäuschen, sondern betonte ihre Existenz I
und ihre Gliederung stets aufs Entschiedenste: auch in Fällen,
die eine Verleugnung des struktiven Moments ungemein nahe
legten, beharrte die griechische Kunst auf ihrem Prinzip der
Flächenbetonung: so bei der Bemalung der Decke mit blauer
Farbe und ihrer Ausschmückung mif goldenen Sternen, die da-
durch, dass die Decke kassettirt verblieb, immer an den Sternen-
himmel nur erinnerten, nie ihn nachzuahmen strebten. — Selbst
wo Werke von ausgesprochen bildhauerischem Charakter, die
als den „freien» Künsten entstammend, auf weitgehende Frei-
heit Anspruch gehabt hätten, zum Flächenschmuck verwandt
wurden, mussten sie sich dem Gesetze der Flächenbetonung
fügen: die glänzenden Schöpfungen der griechischen Plastik,
welche die Friese der hellenischen Bauten schmückten, werden
stets mustergültig bleiben für die Art, wie eine figurale Flächen-
dekoration sowohl vom frei-künstlerischen Standpunkte aus
— durch ihre getreue, wenn auch veredelte Nachbildung des
wirklichen Lebens —, als auch von dem der Konstruktivität
allen Anforderungen entsprechen kann.
Die hellenistische Skulptur, die auch in ihrer Rund-
plastik das malerische Moment stark betonte, brach in der
Reliefplastik mit dem klassischen Prinzip des Gleichgewicht-
haltens von Naturwahrheit und Flächenbetonung: durch kräf-
tiges Hervortretenlassen der Figuren, durch weitperspektivische
Abstufung des Hintergrundes löst sie die Fläche auf — ihre
Reliefs sind eigenwertige Kunstwerke, die für sich allein gelten
wollen, keine Flächendekorationen!
Am weitesten in dieser Richtung ging in der antiken
Kunst die spätrömische Wandmalerei, deren Entwicklungs-
gang uns Pompeji in lückenloser Kette vorgeführt hat: die
durch die grundlegenden Untersuchungen Aug. Maus für die
pompejianische Wandmalerei festgestellten vier Stile decken
sich nahezu vollständig mit der stetig fortschreitenden Zurück-
drängung der Flächenhaftigkeit und dem immer mehr über-
wiegenden Auftreten der scheinbaren Auflösung der Fläche
durch perspektivische Dekoration.
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im
und ihr demgemäss die perspektivische Flächendekoration ein
leichtes gewesen wäre, an der streng-architektonischen Auffas-
sung der Fläche nicht gerüttelt: ihre Ornamentik suchte nie
die Fläche anders zu gliedern, als es der Thatsache entsprach,
oder gar sie hinwegzutäuschen, sondern betonte ihre Existenz I
und ihre Gliederung stets aufs Entschiedenste: auch in Fällen,
die eine Verleugnung des struktiven Moments ungemein nahe
legten, beharrte die griechische Kunst auf ihrem Prinzip der
Flächenbetonung: so bei der Bemalung der Decke mit blauer
Farbe und ihrer Ausschmückung mif goldenen Sternen, die da-
durch, dass die Decke kassettirt verblieb, immer an den Sternen-
himmel nur erinnerten, nie ihn nachzuahmen strebten. — Selbst
wo Werke von ausgesprochen bildhauerischem Charakter, die
als den „freien» Künsten entstammend, auf weitgehende Frei-
heit Anspruch gehabt hätten, zum Flächenschmuck verwandt
wurden, mussten sie sich dem Gesetze der Flächenbetonung
fügen: die glänzenden Schöpfungen der griechischen Plastik,
welche die Friese der hellenischen Bauten schmückten, werden
stets mustergültig bleiben für die Art, wie eine figurale Flächen-
dekoration sowohl vom frei-künstlerischen Standpunkte aus
— durch ihre getreue, wenn auch veredelte Nachbildung des
wirklichen Lebens —, als auch von dem der Konstruktivität
allen Anforderungen entsprechen kann.
Die hellenistische Skulptur, die auch in ihrer Rund-
plastik das malerische Moment stark betonte, brach in der
Reliefplastik mit dem klassischen Prinzip des Gleichgewicht-
haltens von Naturwahrheit und Flächenbetonung: durch kräf-
tiges Hervortretenlassen der Figuren, durch weitperspektivische
Abstufung des Hintergrundes löst sie die Fläche auf — ihre
Reliefs sind eigenwertige Kunstwerke, die für sich allein gelten
wollen, keine Flächendekorationen!
Am weitesten in dieser Richtung ging in der antiken
Kunst die spätrömische Wandmalerei, deren Entwicklungs-
gang uns Pompeji in lückenloser Kette vorgeführt hat: die
durch die grundlegenden Untersuchungen Aug. Maus für die
pompejianische Wandmalerei festgestellten vier Stile decken
sich nahezu vollständig mit der stetig fortschreitenden Zurück-
drängung der Flächenhaftigkeit und dem immer mehr über-
wiegenden Auftreten der scheinbaren Auflösung der Fläche
durch perspektivische Dekoration.
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