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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 9.1898

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4886#0062
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KLEINE MITTEILUNGEN

Im Unterteil auf der rechten Seite bilden die beiden Thüren
einen Raum, wogegen die linke Seite mit Zügen eingerichtet
ist. Ausserdem wurde bei der Ausführung besonders
darauf Wert gelegt, so viel wie möglich die Staubecken zu
vermeiden, weshalb alle profilirten Teile einfach und glatt
gehalten sind.

Die auf unserer Tafel abgebildeten Glasfensterentwürfe
sind für das sogenannte »Romanische Haus" in Berlin-
Charlottenburg ausgeführt, welches von Baurat Schwechten
der bekannten, von ihm erbauten Kaiser Wilhelm Gedächtnis-
Kirche gegenüber errichtet wurde. Dem Baustil der Kirche ent-
sprechend ist auch das „Romanische Haus" in allen seinen
Teilen durchgeführt, so weit die modernen Bedürfnisse sich
mit den romanischen Formen in Einklang bringen Hessen.
Die Glasfeiister des Treppenhauses, welche nach Melchior
Lechters Kartons ausgeführt sind, zeichnen sich durch stil-
volle Zeichnung und vor allein sehr stimmungsvolle, farbige
Wirkung aus. Ober die Art seiner Technik geben des
Künstlers eigene Mitteilungen, die er uns machte, den besten
Aufschluss. Er schreibt uns: „In einer Notiz, über den Be-
such des romanischen Hauses vom Architekten-Verein, war
zu lesen: Die Glasgemälde seien nach nordamerikanischen
Vorbildern gemacht, d. h. es seien nur die Konturen mit
dem sogenannten Schwarzlot, sonst nichts an den Fenstern
gemalt. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ich weiss
nicht, wie nordamerikanische Glasmalereien technisch be-
handelt werden, da ich bis jetzt noch keine gesehen habe.
Die Wahrheit ist, dass für mich nur die Meisterwerke des
Mittelalters vorbildlich waren! Ich gehe in nichts über die
schlichte Behandlungsweise der Gläser, wie sie im Mittel-
alter üblich gewesen, hinaus. Ich bemale die farbigen
Naturgläser, nachdem sie stellenweise mit Ätze behandelt
sind, von beiden Seiten mehrere Male, mit dem oben an-
geführten Schwarzlot (eine braunschwarze Metallfarbe), die
einzige Farbe, die ich neben dem aufgelösten Silber, das zur Er-
zielung hell-und tiefgoldiger Töne gebraucht wird, anwende."

Aus Anlass des achtzigsten Geburtstages hatte der
Verein Berliner Künstler dem Fürsten Bismarck die Ehren-
mitgliedschaft angetragen. Der Fürst hatte diese Würde
angenommen, und in Erinnerung daran hat der Verein dem
Fürsten Anfang dieses Jahres eine Gedenktafel überreicht,
deren Abbildung dieses Heft bringt. Die Tafel ist nach
dem Entwurf des Architekten, Professor Karl Hoffacker in
Charlottenburg, ausgeführt und lehnt sich in ihrer eigen-
artigen Gestaltung und ihren Symbolen an den Inhalt des
schwungvollen Gedichtes an, in dem Julius Wolff den Alt-
Reichskanzler als den grössten Künstler feiert. Die Tafel
hatte eine Grösse von 68 cm Breite und 130 cm Höhe. Die
Schnitzarbeit der schweren, eichenen Holzplatte, das Mo-
delliren der Bronzebeschläge führte Bildhauer Riegel-
mann in Berlin aus, Ciseleur Arndt die vorzügliche
Treibarbeit der Schrift auf der schmiedeeisernen Platte,
wie die Gussarbeit und Ciselirung der Bronzebeschläge.
Während die Symbole des oberen halbkreisförmigen Teils
Schwert, Ring (Midgardschlange), Schild zeigen, das auf
pergamentbespanntem Grunde den alten, in Schmiedeeisen
getriebenen Reichsadler trägt, während ferner oben das
Künstlerwappen und Berliner Stadtwappen wie die einge-
schnittene Widmung auf den Verein Berliner Künstler als
Stifter der Gedenktafel Bezug nehmen, weisen die Bronze-
beschläge, welche die Schmiedeeisenplatte auf der Eichen-
holztafel festhalten, auf die Wappenfiguren, Kleeblatt etc.
von Bismarcks Wappen hin, das auch auf dem kleinen,
schmiedeeisernen Schilde wiederkehrt, das der unten aus
altnordischen Verschlingungen hervortretende Ritter St. Georg
als Drachenbezwinger führt. Eichenholz, Bronze, Stahl und
Eisen wirken zu einer reizvollen Farbenstimmung zusammen,
die allerdings unsere Abbildung nicht wiedergeben kann.
Die eigentliche Urkunde ist von Hoffacker auf eine von
unten her auf der Rückseite der Gedenktafel eingeschobene
Holzplatte gemalt, der (auf unserer Abbildung fortgelassen)
die reich geschnitzte, das Vereinssiegel tragende Kapsel an
rotweisser Lederverschnürung angehängt ist.

Vignette, gezeichnet von Maler H. Christiansen, Paris.

Herausgeber und für die Redaktion verantwortlich: Professor Karl Hoffacker Architekt in Charlottenburg-Berlin.

Druck von August Pries in Leipzig.
 
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