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EINFALL UND AUSFÜHRUNG
Thongefässe von Prof. M. Läuoer, Karlsruhe (Gesetzlich geschützt.)
Skrupeln begegnet — flotte Behandlung ist ja be-
stechend und im übrigen: Vogue la galere! Übrigens
ist es eine bekannte Thatsache, dass sehr vielen, vor-
trefflichen Malern technische Fragen selbst in der
Malerei überaus gleichgültig sind. Es wird eben nach
dem Prinzip gearbeitet: »Hält's, so hält's, reisst's, so
lässt man's reisseh. Wenns nur fort ist." Wer Galerien
moderner Meister darauf hin genau studiren will, wird
das Gesagte im ausgiebigsten Masse bestätigt finden.
Bilder, die noch keine zehn Jahre alt sind, befinden
sich schon in einem Zustande völliger Zerstörung, die
durch nichts aufzuhalten ist. Mangel an richtiger
Materialkenntnis ist die einzige Ursache. Vergleicht
man damit die Bilder alter Meister, die an Glanz der
Erscheinung und voller Erhaltung der Oberfläche
nichts zu wünschen übrigen lassen, so drängt sich un-
willkürlich die Überzeugungauf, dass jenegenau wussten,
womit sie malten oder zu malen hatten. Wir wissen
es eben im grossen ganzen einfach nicht, müssen doch
für jedes Jahr neue Bilder fertig sein, damit die Aus-
stellungen beschickt werden können. Das ist natürlich
weit wichtiger als die sorgfältige Prüfung des Materials!
Wenn die Wissenschaft nach gleichen Prinzipien ver-
fahren wollte! Ja, das ist was anderes .... Böcklin,
dessen Bilder bekanntermassen technisch vorzüglich
gemalt sind, hat sich eingehend mit diesbezüglichen
Fragen aller Art beschäftigt. Deswegen blieb ihm doch
der grosse künstlerische Wurf.
Andere Beispiele zu dem Gesagten, und zwar
in Menge, werden durch die Kartons geliefert, die
zwecks Herstellung von Glasmalereien entstehen. Zu-
meist wird der Karton als solcher „auf Wirkung" ge-
zeichnet, d. h. es wird ihm mehr oder weniger das
Wesen des Staffelei-Bildes zu Grunde gelegt. Damit
ist die Sache erledigt. Dass es gerade hierbei auf
ganz andere Dinge, auf das mosaikartige Zusammen-
wirken durchscheinender Körper nämlich ankommt,
wird zumeist gar nicht in Berücksichtigung gezogen.
Freilich sündigen hierin die „Kunstanstalten,, am aller-
meisten insofern, als sie Entwurf und Ausführung
vollständig trennen, eine Verkehrtheit ersten Ranges.
Mag über die Alten immerhin tapfer losgezogen
werden. Wenn man sieht, mit welchem verfeinerten
Gefühl sich in Kirchenfenstern des Mittelalters Gläser
zu complementärer Wirkung vereinigt finden, so dürfte
daraus noch immer etwas zu lernen sein, denn optische
Gesetze werden durch keinerlei künstlerische An-
schauungs-Wandlungen irgendwie alterirt. Mechanische
aber ebensowenig.
Doch zurück zum Kunsthandwerk. Von denen,
die sich mit Leichtigkeit über Probleme technischer
Art hinwegsetzen und diese „langweiligen Dinge«
EINFALL UND AUSFÜHRUNG
Thongefässe von Prof. M. Läuoer, Karlsruhe (Gesetzlich geschützt.)
Skrupeln begegnet — flotte Behandlung ist ja be-
stechend und im übrigen: Vogue la galere! Übrigens
ist es eine bekannte Thatsache, dass sehr vielen, vor-
trefflichen Malern technische Fragen selbst in der
Malerei überaus gleichgültig sind. Es wird eben nach
dem Prinzip gearbeitet: »Hält's, so hält's, reisst's, so
lässt man's reisseh. Wenns nur fort ist." Wer Galerien
moderner Meister darauf hin genau studiren will, wird
das Gesagte im ausgiebigsten Masse bestätigt finden.
Bilder, die noch keine zehn Jahre alt sind, befinden
sich schon in einem Zustande völliger Zerstörung, die
durch nichts aufzuhalten ist. Mangel an richtiger
Materialkenntnis ist die einzige Ursache. Vergleicht
man damit die Bilder alter Meister, die an Glanz der
Erscheinung und voller Erhaltung der Oberfläche
nichts zu wünschen übrigen lassen, so drängt sich un-
willkürlich die Überzeugungauf, dass jenegenau wussten,
womit sie malten oder zu malen hatten. Wir wissen
es eben im grossen ganzen einfach nicht, müssen doch
für jedes Jahr neue Bilder fertig sein, damit die Aus-
stellungen beschickt werden können. Das ist natürlich
weit wichtiger als die sorgfältige Prüfung des Materials!
Wenn die Wissenschaft nach gleichen Prinzipien ver-
fahren wollte! Ja, das ist was anderes .... Böcklin,
dessen Bilder bekanntermassen technisch vorzüglich
gemalt sind, hat sich eingehend mit diesbezüglichen
Fragen aller Art beschäftigt. Deswegen blieb ihm doch
der grosse künstlerische Wurf.
Andere Beispiele zu dem Gesagten, und zwar
in Menge, werden durch die Kartons geliefert, die
zwecks Herstellung von Glasmalereien entstehen. Zu-
meist wird der Karton als solcher „auf Wirkung" ge-
zeichnet, d. h. es wird ihm mehr oder weniger das
Wesen des Staffelei-Bildes zu Grunde gelegt. Damit
ist die Sache erledigt. Dass es gerade hierbei auf
ganz andere Dinge, auf das mosaikartige Zusammen-
wirken durchscheinender Körper nämlich ankommt,
wird zumeist gar nicht in Berücksichtigung gezogen.
Freilich sündigen hierin die „Kunstanstalten,, am aller-
meisten insofern, als sie Entwurf und Ausführung
vollständig trennen, eine Verkehrtheit ersten Ranges.
Mag über die Alten immerhin tapfer losgezogen
werden. Wenn man sieht, mit welchem verfeinerten
Gefühl sich in Kirchenfenstern des Mittelalters Gläser
zu complementärer Wirkung vereinigt finden, so dürfte
daraus noch immer etwas zu lernen sein, denn optische
Gesetze werden durch keinerlei künstlerische An-
schauungs-Wandlungen irgendwie alterirt. Mechanische
aber ebensowenig.
Doch zurück zum Kunsthandwerk. Von denen,
die sich mit Leichtigkeit über Probleme technischer
Art hinwegsetzen und diese „langweiligen Dinge«