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KLEINE MITTEILUNGEN
Hirzel auschliesslich unserer heimischen Feld- und Wald-
pflanzenwelt entnommen. Das Streben nach Einfachheit
und tieferem Erfassen der Naturformen haben diese Arbeiten
(wie der Vortragende an Beispielen nachwies) mit den kunst-
gewerblichen Schöpfungen anderer moderner Meister gemein-
sam. Die Hirzel'schen Schmucksachen sind im wesentlichen
als reine Goldschmiedearbeit gedacht, doch verschmäht der
Künstler die farbige Ausgestaltung des Schmuckes nicht,
wie namentlich die in Photographien vorgezeigten Mosaik-
broschen, seine neuesten Schöpfungen, zeigen. Wenn auch
an den Arbeiten Hirzel's manches noch unvollkommen und
nicht völlig gelungen erscheint, so beanspruchen sie doch
als erster Versuch, einem wichtigen Gebiete des Kunst-
handwerks neue künstlerisch wertvolle Formen zuzuführen,
alle Aufmerksamkeit. Zum Schluss wies der Vortragende
darauf hin, dass der Vorgang, dass Maler und Bildhauer
sich der Arbeit für das Kunsthandwerk zuwenden, auch bei
uns in Deutschland nicht mehr zu den Seltenheiten gehöre.
Dies sei erfreulich, da hierdurch die seit Beginn des Jahr-
hunderts eingetretene unselige Kluft zwischen Handwerk
und Kunstsich vielleicht allmählich wieder schliessen werde.
Das Endziel müsse allerdings bleiben, dass der Handwerker
wieder künstlerisch denken lerne, d. h. mit dem richtigen
Verständnis für Material, Technik und Form seiner Aufgabe
gerecht werde.
DRESDEN. Kunstgewerbeverein. Am 18. November
hielt Herr Georg Fuchs aus München einen Vortrag
über das Thema: „Der neue Stil". In der Debatte
über den Vortrag wurde zum Ausdruck gebracht, dass es
angezeigt erscheine, öffentliche Faktoren für die neue
Richtung zu interessiren, Staat und Stadt um die Beihilfe
nach der Richtung hin anzugehen, dass Aufträge erteilt
werden zur Ausführung künstlerischer und kunstgewerblicher
Arbeiten, die, nachdem sie auf Ausstellungen als Schau-
und Konkurrenzobjekte gedient haben, geeignete Ver-
wendung bei Errichtung öffentlicher Gebäude und Ein-
richtungen finden können. Diese Anregung fand sofort
beifällige Aufnahme und führte zu dem einmütigen Beschlüsse:
den Vereinsvorstand mit dem Verfolge dieser gegebenen
Anregung zu betrauen, und ihn zu beauftragen, auf dein
Petitionswege bei der Königlichen Staatsregierung beziehent-
lich bei der Ständeversammlung und beim Stadtrate, auch
noch anderen Ortes vorstellig zu werden, damit die neue
Richtung schneller Gestalt gewinne und der Gestaltungs-
eifer der Kunstgenossen geeignete Anregung erhalte. Am
20. Januar fand in den vornehmen und behaglichen Räumen
des Königl. Belvedere der diesjährige Familienabend des
Vereins statt, der in äusserst glücklicher Weise verlief.
1 "FRANKFURT A. M. Dem Jahresbericht des Mittel-
\ deutschen Kunstgewerbevereins für i8g6 entnehmen
wir folgendes: Die Fachschule hat sich mit 50 Schülern
auf der bisherigen hohen Frequenzziffer erhalten. Bei den
Aufnahmen im Herbst 1896 stellte sich die Erscheinung
heraus, dass die Abendvorschule, besonders die als Mittel-
abteilung III eingerichtete Fachklasse für tektonische Ge-
werbe, einen bedeutenden Zugang von älteren Gehilfen er-
fahren hat. Die Ausstellung von Schülerarbeiten vom
ig. April bis 10. Mai des Berichtsjahres, welche in den
Oberlichtsälen I und II des Kunstgewerbemuseums angeordnet
war, stellte sich in diesen Räumlichkeiten besonders günstig
dar. Als Ziel der Studien-Exkursion, welche für die Fach-
schüler an die Stelleder Prämiirungzu treten pflegt, war das Kgl.
Schloss zu Landshut und die Burg Trausnitz gewählt worden.
Für die Heranziehung der Lehrkräfte seitens der einheimischen
Kunstindustrie zur Lösung interessanterer Aufgaben bot das
Berichtsjahr vielfache Gelegenheit. Auch die beim Kaiser-
besuch am 10. Mai erhöhte dekorative Thätigkeit in der
Stadt gab vielfach Gelegenheit, die Kreise der Schule zur
Mitarbeit heranzuziehen. Auf den Ausbau des Kunstgewerbe-
museums machte im Berichtsjahre die Erhöhung der zu An-
käufen zur Verfügung stehenden Mittel ihren fördernden
Einfluss geltend. Ebenso haben Freunde und Mitglieder
des Vereins das Museum durch Geschenke bereichert. An-
käufe und Geschenke wurden für einige Zeit als Sonder-
ausstellung vereinigt. Zur Ausstellung gelangten ferner: die
Kunststickereiarbeiten des Lette-Vereins in Berlin, die für
einen von der Fachzeitschrift „DerRatgeber" ausgeschriebenen
Wettbewerb eingelaufenen 396 Entwürfe zu einem Reklame-
satz. Die Zahl der Mitglieder betrug 528 gegen 530 im
Vorjahre. Von den Ankäufen des Museums seien genannt:
Eine Reliefskulptur in Elchenholz, darstellend die Anbetung
der Könige. Kostüm und Stil dieses ausgezeichneten Werkes
deuten auf die Mitte des 15. Jahrh. und auf süddeutsche
Herkunft. Ein Abendmahlskelch in vergoldetem Kupfer.
Die ausserordentlich elegante Gesamt-Silhouette des Gefässes,
sowie die Einzelheiten des Knaufes und der Gravirung be-
rechtigen zu der Annahme, dass dies vorzügliche, dem An-
fang des 15. Jahrh. entstammende Kirchengerät seine Her-
kunft aus Oberitalien oder vielleicht aus den Werkstätten
von Sulmona in den Abruzzen herleitet. Das Meisterzeichen
fehlt. — Ein vierthiiriger Schrank, in Nussbaum geschnitzt.
Dieses Prachtstück der Renaissance-Möbelkunst zeigt in voll-
kommen reinem Stil die charakteristische Form der Schrank-
möbel, welche in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., speciell
unter der Regierung Henri II., in Lyon gebaut wurden. —
Eine Hochzeitstruhe aus Holz mit Masseauflage und Ver-
goldung, hervoragend schönes Stück italienischer Früh-
renaissance, etwa um 1480. -u-
DRESDEN. Nach dem Bericht über die Kgl. Sächsische
Kunstgewerbeschule nebst den Vorschulen und das
Kunstgewerbemuseum zu Dresden für die Schul-
jahre 1895I96 und 1896IQJ wurden auf vielseitigen Wunsch
in der Abendschule der Unterricht für Zeichnen nach dem
lebenden Modell eingeführt. Auf der Ausstellung in Leipzig
gelangte nur eine beschränkte Anzahl von neuen Arbeiten
aus jeder Fachklasse zur Ausstellung, um ein Zeitbild der
Schule und ihrer Ziele zu geben. Der im Mai 1896 zu
Dresden verstorbene Generalkonsul a. D. Mankiewicz hat
dem Rate zu Dresden die Summe von 50000 M. zur Er-
richtung eines Carl Mankiewicz-Stipendienfonds überwiesen,
aus dessen Zinsen auch ein Schüler der Kunstgewerbeschule
alljährlich eine Unterstützung erhalten soll. Im Kunst-
gewerbemuseumhat der Mangel an Raum gezwungen, Treppen-
flur und Vestibül zum Aufstellen von grösseren Gegenständen
zu benutzen und in den Räumen selbst die Wandflächen
noch mehr als bisher durch eine völlig systematische Aus-
nutzung zu verwenden. Eine beträchtliche Entlastung ist
ferner durch die April 1897 eingerichtete Lehrmittelsammlung
eingetreten, welche in zwei gesonderten Räumen des Ober-
geschosses eingerichtet wurde. Die „Führer durch das Kunst-
KLEINE MITTEILUNGEN
Hirzel auschliesslich unserer heimischen Feld- und Wald-
pflanzenwelt entnommen. Das Streben nach Einfachheit
und tieferem Erfassen der Naturformen haben diese Arbeiten
(wie der Vortragende an Beispielen nachwies) mit den kunst-
gewerblichen Schöpfungen anderer moderner Meister gemein-
sam. Die Hirzel'schen Schmucksachen sind im wesentlichen
als reine Goldschmiedearbeit gedacht, doch verschmäht der
Künstler die farbige Ausgestaltung des Schmuckes nicht,
wie namentlich die in Photographien vorgezeigten Mosaik-
broschen, seine neuesten Schöpfungen, zeigen. Wenn auch
an den Arbeiten Hirzel's manches noch unvollkommen und
nicht völlig gelungen erscheint, so beanspruchen sie doch
als erster Versuch, einem wichtigen Gebiete des Kunst-
handwerks neue künstlerisch wertvolle Formen zuzuführen,
alle Aufmerksamkeit. Zum Schluss wies der Vortragende
darauf hin, dass der Vorgang, dass Maler und Bildhauer
sich der Arbeit für das Kunsthandwerk zuwenden, auch bei
uns in Deutschland nicht mehr zu den Seltenheiten gehöre.
Dies sei erfreulich, da hierdurch die seit Beginn des Jahr-
hunderts eingetretene unselige Kluft zwischen Handwerk
und Kunstsich vielleicht allmählich wieder schliessen werde.
Das Endziel müsse allerdings bleiben, dass der Handwerker
wieder künstlerisch denken lerne, d. h. mit dem richtigen
Verständnis für Material, Technik und Form seiner Aufgabe
gerecht werde.
DRESDEN. Kunstgewerbeverein. Am 18. November
hielt Herr Georg Fuchs aus München einen Vortrag
über das Thema: „Der neue Stil". In der Debatte
über den Vortrag wurde zum Ausdruck gebracht, dass es
angezeigt erscheine, öffentliche Faktoren für die neue
Richtung zu interessiren, Staat und Stadt um die Beihilfe
nach der Richtung hin anzugehen, dass Aufträge erteilt
werden zur Ausführung künstlerischer und kunstgewerblicher
Arbeiten, die, nachdem sie auf Ausstellungen als Schau-
und Konkurrenzobjekte gedient haben, geeignete Ver-
wendung bei Errichtung öffentlicher Gebäude und Ein-
richtungen finden können. Diese Anregung fand sofort
beifällige Aufnahme und führte zu dem einmütigen Beschlüsse:
den Vereinsvorstand mit dem Verfolge dieser gegebenen
Anregung zu betrauen, und ihn zu beauftragen, auf dein
Petitionswege bei der Königlichen Staatsregierung beziehent-
lich bei der Ständeversammlung und beim Stadtrate, auch
noch anderen Ortes vorstellig zu werden, damit die neue
Richtung schneller Gestalt gewinne und der Gestaltungs-
eifer der Kunstgenossen geeignete Anregung erhalte. Am
20. Januar fand in den vornehmen und behaglichen Räumen
des Königl. Belvedere der diesjährige Familienabend des
Vereins statt, der in äusserst glücklicher Weise verlief.
1 "FRANKFURT A. M. Dem Jahresbericht des Mittel-
\ deutschen Kunstgewerbevereins für i8g6 entnehmen
wir folgendes: Die Fachschule hat sich mit 50 Schülern
auf der bisherigen hohen Frequenzziffer erhalten. Bei den
Aufnahmen im Herbst 1896 stellte sich die Erscheinung
heraus, dass die Abendvorschule, besonders die als Mittel-
abteilung III eingerichtete Fachklasse für tektonische Ge-
werbe, einen bedeutenden Zugang von älteren Gehilfen er-
fahren hat. Die Ausstellung von Schülerarbeiten vom
ig. April bis 10. Mai des Berichtsjahres, welche in den
Oberlichtsälen I und II des Kunstgewerbemuseums angeordnet
war, stellte sich in diesen Räumlichkeiten besonders günstig
dar. Als Ziel der Studien-Exkursion, welche für die Fach-
schüler an die Stelleder Prämiirungzu treten pflegt, war das Kgl.
Schloss zu Landshut und die Burg Trausnitz gewählt worden.
Für die Heranziehung der Lehrkräfte seitens der einheimischen
Kunstindustrie zur Lösung interessanterer Aufgaben bot das
Berichtsjahr vielfache Gelegenheit. Auch die beim Kaiser-
besuch am 10. Mai erhöhte dekorative Thätigkeit in der
Stadt gab vielfach Gelegenheit, die Kreise der Schule zur
Mitarbeit heranzuziehen. Auf den Ausbau des Kunstgewerbe-
museums machte im Berichtsjahre die Erhöhung der zu An-
käufen zur Verfügung stehenden Mittel ihren fördernden
Einfluss geltend. Ebenso haben Freunde und Mitglieder
des Vereins das Museum durch Geschenke bereichert. An-
käufe und Geschenke wurden für einige Zeit als Sonder-
ausstellung vereinigt. Zur Ausstellung gelangten ferner: die
Kunststickereiarbeiten des Lette-Vereins in Berlin, die für
einen von der Fachzeitschrift „DerRatgeber" ausgeschriebenen
Wettbewerb eingelaufenen 396 Entwürfe zu einem Reklame-
satz. Die Zahl der Mitglieder betrug 528 gegen 530 im
Vorjahre. Von den Ankäufen des Museums seien genannt:
Eine Reliefskulptur in Elchenholz, darstellend die Anbetung
der Könige. Kostüm und Stil dieses ausgezeichneten Werkes
deuten auf die Mitte des 15. Jahrh. und auf süddeutsche
Herkunft. Ein Abendmahlskelch in vergoldetem Kupfer.
Die ausserordentlich elegante Gesamt-Silhouette des Gefässes,
sowie die Einzelheiten des Knaufes und der Gravirung be-
rechtigen zu der Annahme, dass dies vorzügliche, dem An-
fang des 15. Jahrh. entstammende Kirchengerät seine Her-
kunft aus Oberitalien oder vielleicht aus den Werkstätten
von Sulmona in den Abruzzen herleitet. Das Meisterzeichen
fehlt. — Ein vierthiiriger Schrank, in Nussbaum geschnitzt.
Dieses Prachtstück der Renaissance-Möbelkunst zeigt in voll-
kommen reinem Stil die charakteristische Form der Schrank-
möbel, welche in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., speciell
unter der Regierung Henri II., in Lyon gebaut wurden. —
Eine Hochzeitstruhe aus Holz mit Masseauflage und Ver-
goldung, hervoragend schönes Stück italienischer Früh-
renaissance, etwa um 1480. -u-
DRESDEN. Nach dem Bericht über die Kgl. Sächsische
Kunstgewerbeschule nebst den Vorschulen und das
Kunstgewerbemuseum zu Dresden für die Schul-
jahre 1895I96 und 1896IQJ wurden auf vielseitigen Wunsch
in der Abendschule der Unterricht für Zeichnen nach dem
lebenden Modell eingeführt. Auf der Ausstellung in Leipzig
gelangte nur eine beschränkte Anzahl von neuen Arbeiten
aus jeder Fachklasse zur Ausstellung, um ein Zeitbild der
Schule und ihrer Ziele zu geben. Der im Mai 1896 zu
Dresden verstorbene Generalkonsul a. D. Mankiewicz hat
dem Rate zu Dresden die Summe von 50000 M. zur Er-
richtung eines Carl Mankiewicz-Stipendienfonds überwiesen,
aus dessen Zinsen auch ein Schüler der Kunstgewerbeschule
alljährlich eine Unterstützung erhalten soll. Im Kunst-
gewerbemuseumhat der Mangel an Raum gezwungen, Treppen-
flur und Vestibül zum Aufstellen von grösseren Gegenständen
zu benutzen und in den Räumen selbst die Wandflächen
noch mehr als bisher durch eine völlig systematische Aus-
nutzung zu verwenden. Eine beträchtliche Entlastung ist
ferner durch die April 1897 eingerichtete Lehrmittelsammlung
eingetreten, welche in zwei gesonderten Räumen des Ober-
geschosses eingerichtet wurde. Die „Führer durch das Kunst-