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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 9.1898

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Seliger, Max: Für oder wider Künstlerkonkurrenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4886#0147
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FÜR ODER WIDER KÜSTLERKONKUc* RENZEN

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Entwurf zu einer farbigen Fensterverglasung von Patriz Huber, München.

künstlerischen Wettbewerb gewöhn-
lich dieselben Leute siegen, die auch
in der Praxis und auf Ausstellungen
wohl bekannt sind. Aber man kann
kaum umgekehrt behaupten, dass sie
so tüchtig sind, weil sie gesiegt haben.
Ich bin gegen den Wettbewerb, weil
mir die Aufgaben nicht gefallen, die
dieser Weg gestattet. Für jüngere
Kräfte ist an der Aufgabe des Wett-
bewerbes eine Gelegenheit, sich zu
versuchen und zu üben, doch halte
ich enger begrenzte Aufgaben im
direkten Wege für nützlicher und
lehrreicher, weil gewissermassen unter
Korrektur gearbeitet wird, unter der
Kontrolle der Praxis. Alle Kunst,
die meisterlich ausgeübt wird, ist
Specialkunst. Für die Jugend istder-
Weg des Wettbewerbes gefährlich,
wenn er zu viel oder allein benutzt
wird, weil Ruhe und Sammlung durch
Aufgaben verschiedensten Charak-
ters und Gebiets verhindert wird.
Die Konkurrenzarbeit führt zur Zer-
splitterung und Kraftverschwendung
durch unbestimmte Aufgaben. Die
Preise sind die Lockspeise, von der
nur zwei oder ganz wenige ge-
messen können. Die Mehrzahl muss
wie in der Lotterie verlieren. Fest-
stehende tüchtige Künstler beteiligen
sich an diesem Glücksspiel nur, wenn
sie Zeit haben neben ihren Auf-
trägen, wenn ihnen die Aufgabe liegt
und die Preise sehr hoch sind.
Diesen wird der Wettbewerb nicht
schaden, aber für sie und ihre Kunst
ist diese Übung und der daraus
mögliche Ruhm auch nicht nötig.
Die Jugend aber wird von allen
Seiten angelockt und beunruhigt. Sie
konzentrirt sich nicht, wird flüchtig
und lernt nicht unter dem Zwang
einer Umgebung arbeiten. In dieser
Beschränkung der Praxis zeigt sich
der wirkliche Meister. Ich halte den
Weg, durch Konkurrenzen bekannt zu.
werden, für nicht heilsam und den
darauf allein begründeten Ruhm für
täuschend und verdächtig.

Vielleicht ist diese Art Kunstarbeit
mit ihrer oberflächlichen Flüchtig-
keit anderen schlechten modernen
Arbeitsweisen nachgeahmt.
 
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