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MODERNE KERAMIK
Statuette, emailliertes und lüstriertes Steinzeug von E. Muller & Co.,
nach dem Modell von Marqueste.
Karlsruhe. Auch er arbeitet mit den Mitteln bäuer-
licher Technik. Seine Formen sind einfach und nicht
sehr abwechslungsreich und dienen als Substrat
für eine vollfarbige, an sich sehr ansprechende Be-
malung durch eine Art von landschaftlichen Stimmungs-
bildern. So erscheinen seine Arbeiten mehr als Werke
der Malerei als der Keramik. Bald sieht man Gräser,
Blumen oder Bäume auf grünem Boden sich vom
leuchtenden Blau des Grundes abheben, bald dunkle
Wasserpflanzen, Silhouetten gleich, auf grünem Grunde,
wie in den Tiefen eines Gewässers, aufspriessen. Die
Farben sind frisch und glänzend in der Mischung,
freilich bisweilen etwas süsslich.
Auf der kolumbischen Weltausstellung, im
Jahre 1893, erregten die Arbeiten einer keramischen
Fabrik in Cincinnati, der Rookwood-potteiy, berech-
tigtes Aufsehen und sind seitdem auch in Europa
bekannt geworden. Die Fabrik wurde 1874 von
kunstbeflissenen Frauen gegründet, erhielt 1880 eine
geschickte Leiterin in Frau Maria Longworth Storer
und wurde 1894, infolge der Vergrösserung ihres
Betriebes, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Absichtlich hatte man bei der Gründung, um von der
historischen Kunstrichtung möglichst unbeeinflusst zu
bleiben, von der Heranziehung europäischer Kräfte
abgesehen. Nur ein Japaner trat in das Unternehmen
ein. Dies wurde bestimmend für den Dekor der
Rookwood-pottery. An Stelle des historischen Orna-
ments traten natürliche Pflanzen und Tiere in reiz-
voller selbständiger Auffassung. Die Technik beruht
auf der vollendeten Ausbildung der Päte-Malerei auf
farbigem, teils gemischtem, teils gewölktem Grunde.
Eine spiegelblanke durchsichtige Glasur ohne Risse und
Sprünge verleiht den Arbeiten einen an Politur er-
innernden Glanz. Hoch im Preise stehen — wenn gut
gelungen — die Arbeiten mit Aventuringlasur, welche
die Fabrik in hoher Vollendung hergestellt hat. Das
Aventurin soll sich durch Beimischung von Eisen-
oxyd in die Glasur bilden. Eines der hervorragend-
sten Stücke dieser Art, eine hohe flaschenförmige
Vase ist auf der Ausstellung in Chicago für das Königl.
Kunstgewerbemuseum zu Berlin erworben worden.
In unserer bisherigen Übersicht über die kera-
mischen Leistungen der Neuzeit ist des Porzellans
noch nicht gedacht, und doch hat auch dieses aristo-
kratische, schwer zu behandelnde Material auf seine
Weise sich der neuen Richtung bequemt. Was uns
in diesem Zusammenhange vornehmlich angeht, sind
die Porzellane mit Rotglasuren und mit geflammten
Glasuren. In Europa bildet den Ausgangspunkt für
diese Gattung die epochemachende Entdeckung des
rühmlichst bekannten Chemikers Seger in Berlin,
welcher das seitdem auch nach ihm benannte Kupfer-
rot für Scharffeuer von neuem in die Porzellan-
technik einführte. Die Vorbilder für diese schönen
Glasuren bilden die altchinesischen Porzellane mit
dem leuchtenden, in Sammlerkreisen gewöhnlich als
sang de boeuf bezeichneten Rot. Dieses verdankt seine
Entstehung dem Kupfer. Das Kupfer spielt überhaupt
unter allen färbenden Metalloxyden in der Keramik
wegen seiner Vielseitigkeit weitaus die wichtigste Rolle.
In Verbindung mit Alkalien ergiebt das Kupferoxyd
die bekannte türkisblaue Glasur, wie wir sie bei den
altägyptischen, fälschlich als ägyptisches Porzellan oder
Fayence bezeichneten Glasurarbeiten finden. Mit Blei
als Flussmittel versetzt erzeugt das Kupfer die grüne
Glasur der mittelalterlichen Öfen. In reduziertem
MODERNE KERAMIK
Statuette, emailliertes und lüstriertes Steinzeug von E. Muller & Co.,
nach dem Modell von Marqueste.
Karlsruhe. Auch er arbeitet mit den Mitteln bäuer-
licher Technik. Seine Formen sind einfach und nicht
sehr abwechslungsreich und dienen als Substrat
für eine vollfarbige, an sich sehr ansprechende Be-
malung durch eine Art von landschaftlichen Stimmungs-
bildern. So erscheinen seine Arbeiten mehr als Werke
der Malerei als der Keramik. Bald sieht man Gräser,
Blumen oder Bäume auf grünem Boden sich vom
leuchtenden Blau des Grundes abheben, bald dunkle
Wasserpflanzen, Silhouetten gleich, auf grünem Grunde,
wie in den Tiefen eines Gewässers, aufspriessen. Die
Farben sind frisch und glänzend in der Mischung,
freilich bisweilen etwas süsslich.
Auf der kolumbischen Weltausstellung, im
Jahre 1893, erregten die Arbeiten einer keramischen
Fabrik in Cincinnati, der Rookwood-potteiy, berech-
tigtes Aufsehen und sind seitdem auch in Europa
bekannt geworden. Die Fabrik wurde 1874 von
kunstbeflissenen Frauen gegründet, erhielt 1880 eine
geschickte Leiterin in Frau Maria Longworth Storer
und wurde 1894, infolge der Vergrösserung ihres
Betriebes, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Absichtlich hatte man bei der Gründung, um von der
historischen Kunstrichtung möglichst unbeeinflusst zu
bleiben, von der Heranziehung europäischer Kräfte
abgesehen. Nur ein Japaner trat in das Unternehmen
ein. Dies wurde bestimmend für den Dekor der
Rookwood-pottery. An Stelle des historischen Orna-
ments traten natürliche Pflanzen und Tiere in reiz-
voller selbständiger Auffassung. Die Technik beruht
auf der vollendeten Ausbildung der Päte-Malerei auf
farbigem, teils gemischtem, teils gewölktem Grunde.
Eine spiegelblanke durchsichtige Glasur ohne Risse und
Sprünge verleiht den Arbeiten einen an Politur er-
innernden Glanz. Hoch im Preise stehen — wenn gut
gelungen — die Arbeiten mit Aventuringlasur, welche
die Fabrik in hoher Vollendung hergestellt hat. Das
Aventurin soll sich durch Beimischung von Eisen-
oxyd in die Glasur bilden. Eines der hervorragend-
sten Stücke dieser Art, eine hohe flaschenförmige
Vase ist auf der Ausstellung in Chicago für das Königl.
Kunstgewerbemuseum zu Berlin erworben worden.
In unserer bisherigen Übersicht über die kera-
mischen Leistungen der Neuzeit ist des Porzellans
noch nicht gedacht, und doch hat auch dieses aristo-
kratische, schwer zu behandelnde Material auf seine
Weise sich der neuen Richtung bequemt. Was uns
in diesem Zusammenhange vornehmlich angeht, sind
die Porzellane mit Rotglasuren und mit geflammten
Glasuren. In Europa bildet den Ausgangspunkt für
diese Gattung die epochemachende Entdeckung des
rühmlichst bekannten Chemikers Seger in Berlin,
welcher das seitdem auch nach ihm benannte Kupfer-
rot für Scharffeuer von neuem in die Porzellan-
technik einführte. Die Vorbilder für diese schönen
Glasuren bilden die altchinesischen Porzellane mit
dem leuchtenden, in Sammlerkreisen gewöhnlich als
sang de boeuf bezeichneten Rot. Dieses verdankt seine
Entstehung dem Kupfer. Das Kupfer spielt überhaupt
unter allen färbenden Metalloxyden in der Keramik
wegen seiner Vielseitigkeit weitaus die wichtigste Rolle.
In Verbindung mit Alkalien ergiebt das Kupferoxyd
die bekannte türkisblaue Glasur, wie wir sie bei den
altägyptischen, fälschlich als ägyptisches Porzellan oder
Fayence bezeichneten Glasurarbeiten finden. Mit Blei
als Flussmittel versetzt erzeugt das Kupfer die grüne
Glasur der mittelalterlichen Öfen. In reduziertem