MODERNE KERAMIK
183
scheinend japanische Steingutarbeiten ähnlichen De-
kors die Vorbilder geliefert haben. Nur erreichen
hierbei die Porzellane mit ihrem kalten Glanz nicht
die warmen und ruhigen Farbstimmungen ihrer Vor-
bilder. Auch geflammte und Rotporzellane liefert die
Fabrik, sie befleissigt sich ferner, sowohl auf Porzellan
als auf Steingut, der Ausbildung von krystallisierten
Glasuren, die jetzt so ziemlich alle keramischen Fabri-
ken beschäftigten.
Der dänische Porzellanstil hat in der kurzen Zeit
seines Bestehens seinen Einfluss weit über die Grenzen
des skandinavischen Nordens hinausgetragen, haben
ihm doch selbst die festesten Säulen der historischen
Oberlieferung Sevres und Meissen nachgegeben.
Die Manufaktur von Sevres ist auch in neuester
Zeit ihrer Bestimmung, eine Versuchs- und Muster-
endlich auch in Japan einen freilich völlig selbständigen
und ebenbürtigen Stilverwandten, den Kunsttöpfer
Kozan, genannt Makuzu, aufzuweisen. Kozan hat in
seinen älteren Arbeiten, von denen das Berliner Kunst-
gewerbemuseum drei ausgezeichnete Stücke besitzt,
namentlich vollfarbige kräftige Grundtöne, die man
beim dänischen Porzellan nur ungern vermisst, ange-
schlagen. Seine Porzellane sind weitaus die besten,
die die neuere Industrie Japans hervorgebracht hat.
So schliesst sich die Reihe bedeutsamer keramischer
Erscheinungen der Jetztzeit, die wir hier berührt haben,
zu einem Ringe, dessen erstes und letztes Glied der
ostasiatischen Kunst angehört. Unsere Übersicht er-
hebt nicht den Anspruch, vollständig zu sein und
sämtliche neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der
heutigen Keramik vorzuführen, sondern nur diejenigen,
Porzellane der Fabrik von Rörstrand (Stockholm}.
anstalt für Frankreich zu sein, eingedenk geblieben.
Sämtliche modernen Bestrebungen finden in der viel-
seitigen Thätigkeit der Anstalt Boden. Auf der letzten
keramischen Ausstellung in Paris sah man Porzellane
im Stil von Kopenhagen, ferner vortreffliche gres mit
krystallisierten Glasuren. Bemerkenswert waren dar-
unter eine Vase und zwei Teller mit einzelnen Schnee-
flocken gleich verstreuten Krystallblümchen. Daneben
fanden sich Rotporzellane, sowie Steinzeug mit ge-
flammten und Rotglasuren. Freilich vermisste man
in diesem vielseitigen, die Technik virtuos beherrschen-
den und weiter ausbildenden Schaffen einen be-
herrschenden Mittelpunkt und ein bestimmtes künst-
lerisches Ziel.
Auch Meissen hat in seinen letzten Arbeiten den
Stil von Kopenhagen zum Vorbild genommen und
Porzellane mit Scharffeuerfarben unter Glasur herge-
stellt.1) — Die Unterglasurmalerei Kopenhagens hat
1) Deutsche Kunst und Dekoration,
April 1898.
. Jahrgang, Heft 7,
welche eine eigene moderne Richtung eingeschlagen
haben. Wir sahen, wie die neueren Bestrebungen,
wenngleich sie ihre Vorbilder bereits in der ostasia-
tischen Keramik finden, sich doch ihrer Entstehung
und ihren künstlerischen Zielen nach als durchaus
modern darstellen. Sie wirtschaften nicht mit dem
Ornamentschatz der Vergangenheit, sie wollen keinen
bestimmten Stil reproduzieren, sie schliessen sich in
ihrer Formensprache eng an die Natur an, sie suchen
ferner die Mittel, die das Material selbst und die tech-
nischen Vorgänge seiner Verwertung an die Hand geben,
für ihre Zwecke zu benutzen. Der Sinn für feinere
intime Farbenreize, der auch unsere zeitgenössische
Malerei leitet, beherrschtauch unsere moderne Keramik.
Durch alles dieses erhalten ihre Erzeugnisse etwas
Persönliches und etwas, was sie in Kontakt mit unserer
freien Kunst erhält. Denn von vornherein war es von
entscheidendem Einflüsse, dass — wie in Japan —
schaffende Künstler in die Bewegung eintraten und
ihr — nicht mit Wort und Lehre, sondern mit ihrem
Beispiel — neue Ziele wiesen.
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scheinend japanische Steingutarbeiten ähnlichen De-
kors die Vorbilder geliefert haben. Nur erreichen
hierbei die Porzellane mit ihrem kalten Glanz nicht
die warmen und ruhigen Farbstimmungen ihrer Vor-
bilder. Auch geflammte und Rotporzellane liefert die
Fabrik, sie befleissigt sich ferner, sowohl auf Porzellan
als auf Steingut, der Ausbildung von krystallisierten
Glasuren, die jetzt so ziemlich alle keramischen Fabri-
ken beschäftigten.
Der dänische Porzellanstil hat in der kurzen Zeit
seines Bestehens seinen Einfluss weit über die Grenzen
des skandinavischen Nordens hinausgetragen, haben
ihm doch selbst die festesten Säulen der historischen
Oberlieferung Sevres und Meissen nachgegeben.
Die Manufaktur von Sevres ist auch in neuester
Zeit ihrer Bestimmung, eine Versuchs- und Muster-
endlich auch in Japan einen freilich völlig selbständigen
und ebenbürtigen Stilverwandten, den Kunsttöpfer
Kozan, genannt Makuzu, aufzuweisen. Kozan hat in
seinen älteren Arbeiten, von denen das Berliner Kunst-
gewerbemuseum drei ausgezeichnete Stücke besitzt,
namentlich vollfarbige kräftige Grundtöne, die man
beim dänischen Porzellan nur ungern vermisst, ange-
schlagen. Seine Porzellane sind weitaus die besten,
die die neuere Industrie Japans hervorgebracht hat.
So schliesst sich die Reihe bedeutsamer keramischer
Erscheinungen der Jetztzeit, die wir hier berührt haben,
zu einem Ringe, dessen erstes und letztes Glied der
ostasiatischen Kunst angehört. Unsere Übersicht er-
hebt nicht den Anspruch, vollständig zu sein und
sämtliche neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der
heutigen Keramik vorzuführen, sondern nur diejenigen,
Porzellane der Fabrik von Rörstrand (Stockholm}.
anstalt für Frankreich zu sein, eingedenk geblieben.
Sämtliche modernen Bestrebungen finden in der viel-
seitigen Thätigkeit der Anstalt Boden. Auf der letzten
keramischen Ausstellung in Paris sah man Porzellane
im Stil von Kopenhagen, ferner vortreffliche gres mit
krystallisierten Glasuren. Bemerkenswert waren dar-
unter eine Vase und zwei Teller mit einzelnen Schnee-
flocken gleich verstreuten Krystallblümchen. Daneben
fanden sich Rotporzellane, sowie Steinzeug mit ge-
flammten und Rotglasuren. Freilich vermisste man
in diesem vielseitigen, die Technik virtuos beherrschen-
den und weiter ausbildenden Schaffen einen be-
herrschenden Mittelpunkt und ein bestimmtes künst-
lerisches Ziel.
Auch Meissen hat in seinen letzten Arbeiten den
Stil von Kopenhagen zum Vorbild genommen und
Porzellane mit Scharffeuerfarben unter Glasur herge-
stellt.1) — Die Unterglasurmalerei Kopenhagens hat
1) Deutsche Kunst und Dekoration,
April 1898.
. Jahrgang, Heft 7,
welche eine eigene moderne Richtung eingeschlagen
haben. Wir sahen, wie die neueren Bestrebungen,
wenngleich sie ihre Vorbilder bereits in der ostasia-
tischen Keramik finden, sich doch ihrer Entstehung
und ihren künstlerischen Zielen nach als durchaus
modern darstellen. Sie wirtschaften nicht mit dem
Ornamentschatz der Vergangenheit, sie wollen keinen
bestimmten Stil reproduzieren, sie schliessen sich in
ihrer Formensprache eng an die Natur an, sie suchen
ferner die Mittel, die das Material selbst und die tech-
nischen Vorgänge seiner Verwertung an die Hand geben,
für ihre Zwecke zu benutzen. Der Sinn für feinere
intime Farbenreize, der auch unsere zeitgenössische
Malerei leitet, beherrschtauch unsere moderne Keramik.
Durch alles dieses erhalten ihre Erzeugnisse etwas
Persönliches und etwas, was sie in Kontakt mit unserer
freien Kunst erhält. Denn von vornherein war es von
entscheidendem Einflüsse, dass — wie in Japan —
schaffende Künstler in die Bewegung eintraten und
ihr — nicht mit Wort und Lehre, sondern mit ihrem
Beispiel — neue Ziele wiesen.