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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0043

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DIE STOCKHOLMER AUSSTELLUNG 1909







AONES BRANTINQ: GESTICKTER KISSENÜBERZUG

AUSGEIÜHRT DURCH DAS INSTITUT L1CIUM

Berlins von den neuerdings gestellten Ansprüchen des
Publikums nur wenig wissen oder wissen wollen, denn
sie hatten mit wenigen Ausnahmen alle in alten Stilen aus-
gestellt und ihre Räume unterschieden sich eigentlich durch
nichts von den bekannten Musterzimmern« ihrer Schau-
fenster und Verkaufslokale. Ihre Zimmer atmeten meist eine
anständige wohltemperierte Langweiligkeit, wenn sie nicht
gar in wilde Stilorgien, wie z. B. im Raum 36 und 113, aus-
arteten, oder die ganze ästhetische Charakterlosigkeit des
kulturarmen Fabrikanten offenbarten, wie z. B. im Raum 144
der Möbelfabrik »Union . Also, ihretwegen diesen mäch-
tigen Ausstellungsapparat zu entfalten, wäre ganz über-
flüssig gewesen; das Schwergewicht lag in den Räumen
derjenigen, die für die grollen Möbelfabriken arbeiten und
sonst nicht an die Öffentlichkeit kommen, also der wirk-
lichen Tischlerhandwerker. Da diese nun vor der Notwendig-
keit standen, eigene Raumschöpfungen hervorzubringen,
wozu ihnen aber die Erfahrung und das Können fehlte,
so haben sie das Richtigste getan, was möglich war, sie haben
sich in der Mehrzahl mit tüchtigen, aufstrebenden Ar-
chitekten zusammengetan und, frisch gewagt ist halb
gewonnen, versucht, in modernen Arbeiten ihr Können
zu zeigen. Dieser frische Mut ist doppelt anzuerkennen,
weil sie sich damit gewissermalien im Gegensatz
zu den stilnachahmenden Großhändlern und Fabri-
kanten, von denen sie sogar wirtschaftlich abhängig sind,

gestellt haben und ihnen so die blinde Gefolgschaft ver-
weigerten. Das ist eine Tat, die man noch nicht erwartete
und durch die unsere Künstlerschaft aufs freudigste über-
rascht worden ist. Nun wissen unsere Architekten, mit
wem sie sich künftig zu gemeinsamer, gegenseitig fördern-
der Arbeit verbinden können, und wer ernstlich gewillt
ist, ihren künstlerischen Intentionen nicht nur für den ein-
zelnen Fall zu folgen, sondern sie, je nach geistiger Be-
fähigung, ganz in sich aufzunehmen. — Man kann sich
ebensogut vorstellen, daß sich die Tischlermeister den
stilbeherrschenden Musterzeichnern in die Arme geworfen
hätten — es ist besser, diesen Gedanken nicht zu Ende
zu denken! So durfte man aber die große Ausstellung
mit freudigem Grundgefühl durchwandern, und über die
zahlreichen Unsicherheiten in der Farbenabstimmung, Wahl
der Beleuchtungskörper usw. leichter und hoffnungsvoller
hinwegsehen, da doch im allgemeinen der Beweis des
aufrichtigsten guten Willens geführt werden konnte. o

o Berlin. Ausstellung von Zeichnungen und Modellen
von Schülern des Königlichen Kunstgewerbemuseums. Wie
kann man dieser Ausstellung, der ersten, die seit Über-
nahme der Direktion durch Professor Bruno Paul statt-
findet und mit großer Spannung erwartet wurde, am besten
gerecht werden? Indem mau jede einzelne Arbeit für
sich betrachtet, auf ihre besondere künstlerische Qualität
untersucht und dann einen Rückschluß auf die Güte der
 
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