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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

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Hellwag, Fritz: Raumkunst im neuzeitlichen Landhause: Ausstellung des Kunstgewerbe-Vereins Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0072

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RAUMKUNSTAUSSTELLUNG DES KUNSTGEWERBEVEREINS ZU HAMBURG

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J. D. HEYMANN

WOHNSALON MIT KAMINNISCHE IN MATTEM MAHAGONI-
HOLZ, DIE WÄNDE ZUM TEIL BESPANNT, FLACHER STUCK

es sich zumeist, sind fast durchweg von der Berech-
nung auf die in Hamburg mehr als in anderen
Städten vorhandene Wohlhabenheit des guten Bürger-
standes ausgegangen. Ihre Räume zeigen deshalb
eine warme Behaglichkeit, ohne aber in Prunk aus-
zuarten. Sie sind für die Augen zugereister Besucher
vielleicht etwas zu sehr in dunklen »Galerietönen«
gestimmt; doch muß bei näherer Überlegung zu-
gestanden werden, daß an solcher Gewöhnung das
trübe Hamburger Klima die Schuld tragen mag.
Immerhin hätte die Aufgabe des »neuzeitlichen Land-
hauses' eine frischere Farbenwahl veranlassen können,
schon deshalb, weil in diesen provisorischen Räumen
das trübe und spärlich eindringende Tageslicht ohne-
dies über alles dämpfende Schleier breitet. So ist
die Farbe als moderne Raumgestalterin nicht ganz zu
ihrem Recht gekommen. Diese Beschränkung voraus-
geschickt, soll gesagt werden, daß die Töne der
Hölzer, Wandbespannungen und Malereien recht ge-
schmackvoll gegeneinander abgestimmt sind. Zum
Beispiel ist im Herrenzimmer auf Seite 71 dunkel-
gebeiztes amerikanisches Nußbaumholz mit Glück zu
gemaserter persischer Sammeteiche kontrastiert worden
und dient zugleich zur Belebung des Raumes. Über-
haupt scheint man Holz in Hamburg sehr zu lieben,
was denn auch zu einer sehr sorgfältigen Bearbeitung
dieses Materials geführt hat. Aber es ist doch zu

bedenken, daß schwere Wandverkleidungen den Räumen
einen wohl behaglichen aber zu abgeschlossenen
Charakter geben können, der zu der Art eines luftiger
und heiterer zu denkenden Landhauses nicht gut paßt.
Vereinzelt ist dieser Fehler zu bemerken, zum Beispiel
im Zimmer eines Kunstfreundes, wo vielleicht die
Stil-Wahl — es sind massive Renaissanceformen ver-
wendet — zur kräftigeren Betonung des umschließen-
den Holzgesimses genötigt hat. D
o Überhaupt scheint es bedenklich, von irgendwelchen
Formen oder von der Betonung eines speziellen
Materials auszugehen, da es in das Nachdenken über
den gegebenen Raum und in dessen Komposition
ein vielleicht fremdes Moment, eine »vorgefaßte
Meinung« hineinbringt. Man sollte sich zuerst ganz
unbefangen und ohne besondere Vorbereitung der
Wirkung des Raumes hingeben, seine Höhen und
Breiten, den Lichteinfall usw. sprechen lassen und
dann erst an das »Mobiliar« denken. Hier scheint
aber die Erwägung: »Herrenzimmer massivere
Formen und: Kunstfreund Stilliebhaberei« voran-
gegangen zu sein. Ja, wir stellen unsere Forderung
jetzt meist sogar noch höher und verlangen, daß nur
dem Raumschöpfer, also dem erbauenden Architekten
selbst, schon zugleich mit dieser Tätigkeit die Kom-
position der Innenräume, die »Einrichtung« entstehen
soll. Nun war jene Forderung, aus früher angegebenen

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