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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

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Kober, Leo: Bilanz!: Abdruck aus der "Werkstatt der Kunst", deren Redaktion auch die Leser des "Kunstgewerbeblattes" um Vorschläge oder Meinungsäußerungen bittet
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https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0178

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WÜRTTEMBERGER KUNST UND KUNSTGEWERBE



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Einkommen, wenn Einer sein eigener Herr ist, sei er Ge-
schäftsmann, Arzt oder Rechtsanwalt. Dieses ist das Gros.
Vom Proletarier oder Kapitalisten, die uns hier aus prinzi-
piellen Gründen nicht interessieren, sei hier abgesehen.
Hunderte, darunter hochintelligente, studierte und diplo-
mierte Leute arbeiten ihr ganzes Leben täglich 8—10 Stun-
den bis in ihr Alter, um schlecht oder recht sich selbst
und ihre Familie zu erhalten. Und diese Leute sind zu-
frieden, und von Tausenden und Abertausenden beneidet,
denen 400 Mark gesichertes Monatseinkommen als das
Dorado menschlichen Daseins erscheint. □

o Dem gegenüber der Künstler. Er hat sein Handwerk
gelernt, und sich zu einer gewissen Reife des Könnens
aufgeschwungen. Ist er nicht Graphiker, den Verleger,
Kunstanstalten an eine gewisse Nivelliertheit der Preise
seiner Leistungen gewöhnt haben, sondern das, was man
mit dem klangvollen Worte »Staffeleibilder-Maler« bezeich-
net, dann bleibt es ihm natürlich selbst überlassen, seine
Arbeit auf dem Markte zu bewerten. Ich glaube, es mir
versagen zu dürfen, hier zu beschreiben, was speziell von
jungen Künstlern in diesem Punkte an krassem Sich-in-
Widerspruch-setzen mit allen kaufmännischen Anschauungen,
Gepflogenheiten und Möglichkeiten geleistet wird. Aber
der Künstler ist ein Ausnahmsmensch und bewertet seine
Leistungen mit Ausnahmsziffern. Bei seinem Kalkül ver-
harrt er in alten Traditionen, lebt in seiner eignen Gefühls-
welt, hält fest am Ausnahmsideal, an Phantasieentlohnungen
seiner Arbeit, an dem Traum von Berühmtheit, nimmt da-
bei nicht die geringste Notiz davon, daß all* dies längst
vergangene Dinge sind, die in unsere Welt nun einmal
nicht mehr passen, kümmert sich nicht um Überproduktion
und Konkurrenz, diese beiden wichtigen Faktoren unseres
Geschäfts- und Kunstlebens, weiß nicht, daß das neue,
großartige Druckverfahren und der horrende Aufschwung
des Kunstgewerbes die künstlerische Originalleistung mate-
riell längst entwertet, ein nahezu gleichwertiges Äquivalent
dafür geschaffen haben, — malt und bildhauert und trägt
die Nase in den Wolken. n

o Für ein akzeptables Bild, das vielleicht die Anerkennung
von Freunden und Kennern der Kritik gefunden hat, werden
da kalten Blutes Preise gefordert, auf die selbst der wohl-
habende Mann einzugehen mit vollem Recht sich weigert.
Denn: wer ist es, der heute Original-Kunstwerke kauft?
Die wirklich reichen Leute, und von diesen ist es nur ein
ganz kleiner Bruchteil, der feine Kenner, der auch bei Wer-
ken unbekannter Künstler große Qualitäten zu entdecken
vermag und sie demgemäß bezahlt. Den Rest der heutigen
Bilderkäufer bilden die Snobs und Sammler, die auf »Namen«
gehen, die sie auch bezahlen, weil sie wissen, daß ihr Geld
auf diese Weise etwas wie »gut angelegt« ist. Für 90",',,
der in den Ausstellungen gebotenen Kunstwerke sind sie
blind, haben höchstens Anerkennung und Wohlwollen da-
für, aber kein Geld. Dann sind es noch die Kunstwucherer,
die sich manchmal Kunsthändler nennen, die zu ganz mini-
malen Preisen Sachen kaufen, um daran zu verdienen. Die
kleine Minderzahl jener, die durch persönliche Beziehung
zu Künstlern bei annehmbaren Preisen zu Kunstwerken
gelangt, kann hier übergangen werden. Das Gros des
Publikums jedoch, das, ohne zu dieser oder jener Kategorie
zu zählen, ebenso hie und da ganz gerne ein gutes Bild
kaufen möchte, ohne gleich Tausende dafür bezahlen zu
müssen oder zu können, andererseits aber dennoch über
dem Niveau des ihm vom Kunsthändler gebotenen Kitsches
steht, ist bei den heute im allgemeinen geforderten Preisen
nicht in der Lage, seinem Bedürfnis nach Kunst Erfüllung
zu gewähren, denn es weigert sich mit Recht, zu begreifen,
daß ein kleines Stilleben, eine mittelgroße Landschaft usw.
usw., seien die künstlerischen Qualitäten darin noch so
Kunstgewerbeblatt. F. N. XXI. H. 9

Rudolf Rochga

King mit silbernen Bechern

Hans von Heider

Kachelofen

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