Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

DOI Artikel:
Kunstgewerbliche Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0208

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ARBEITEN DER KUNSTGEWERBESCHULE IN MAGDEBURG

199

Klasse,.F. v. Heider. Schüler: Frl. Wichmann, Löwin (Lüsterglasur); Frl. Herms, Krug (braunes Steinzeug), ausgeführt von" Franz Ludwig

in Goeizke; Frl. Altberg, Vase (geflossene Glasur); C. Steffens, vier Vasen (geflossene Glasur); Frl. Weber, gemalte Porzellanvase, Vase

mit geritztem Ornament und die große Vase links, modelliert bei Prof. C. Wegner.

Villenbau im Geiste (weniger im Stile) an die besten in
der Zeit um 1800 in Berlin entstandenen Gebäude an. Wie
bei den meisten Paulschen Schöpfungen empfindet man
Tradition und Neues, ohne eigentlich zu wissen, wem man
zuneigt — kluge, geschickt balancierende Lebenskunst! Im
Innern leuchten schöne Holzvertäfelungen, Stoffe, Vorhänge
und elegante Möbel harmonisch zusammen; pikante Farben-
kontraste, besonders in den oberen Schlafzimmern, erfrischen
Augen und Sinne und lassen das Gefühl mondänen Ge-
schmackes überall wirksam bleiben, ohne je aufdringlich
zu werden oder die Empfindung unbehaglicher Protzerei
aufkommen zu lassen. Doch nur die geschickte Regie
Pauls hält alles in bürgerlichen Grenzen, die von weniger
erzogenen Künstlern unweigerlich überschritten werden
würden. Wer dies nachahmen wollte, würde den Faden
verlieren und den Weg durch das Geschmacks-Labyrinth von
Berlin W.-W. mit ungezählten Konzessionen pflastern
müssen. Das neben der Villa Schuppmann gelegene Haus
Beheim-Schwarzbach von Prof. Paul Schnitze-Naumburg
wurde als Gegenbeispiel zur Kenntnis genommen. Da-
gegen interessierte das Haus der Pension Müller und Hoff-
mann von August Endell durch seine Silhouette und durch
die sehr selbständige Lösung mancher architektonischer
Einzelheiten. — Vor der Villa Schuppmann nahmen sechs
große Automobil-Omnibusse die Gäste auf. An die flüch-
tige Besichtigung der großen Tribünen der von Geh. Bau-
rat March entworfenen neuen Grunewald-Rennbahn schloß
sich eine lange, sehr lustige Fahrt durch den Grunewald
an den Ufern der Seen entlang. Wenn auch manche Witze
über die dem lieben Gott hier mißlungene zu »kitschigen
Leistikows« gewordene Naturschöpfung riskiert wurden,

so konnte man doch hören, daß die Bewunderung der aus-
wärtigen Gäste über dies schöne Stück märkischer Land-
schaft allgemein und ehrlich war. Als die staubigen Autos
ihre Insassen am Zoologischen Garten ablieferten, war es
acht Uhr geworden. So mußte auch das Menü des ge-
meinsamen Soupers im Autlertempo genommen werden.
Die flüchtige Impression einer Eisbombe ä la Ichweißnicht-
was glitt noch an den Augen der Gäste vorüber, als sie
in den Hauptsaal des Restaurants eilten, um an der großen
öffentlichen Hauptversammlung teilzunehmen. Als man die
offiziellen Begrüßungsreden der Regierungsvertreter usw.
überstanden hatte, waren drückende Hitze und Müdigkeit
sofort vergessen, wie Sektionsrat Dr. Robert Vetter aus
Wien seinen Vortrag »Die staatsbürgerliche Bedeutung der
Qualitätsarbeit« begann. Man wußte noch vom vorigen
Jahre, von Frankfurt her, wo er nur wenige, aber desto
gehaltvollere Worte gesprochen hatte, daß man von diesem
Redner etwas Bedeutendes zu erwarten haben würde und
man wurde nicht enttäuscht. Dr. Vetter führte ungefähr
folgendesaus: Die in Dresden 1906 demonstrativ erhobenen
Forderungen der Zweckmäßigkeit, Konstruktionsrichtigkeit
und Materialehrlichkeit hielt man zuerst für die Bestandteile
des »neuen Stils«, obwohl es nur die wiedergefundenen
Gestaltungsgrundsätze waren, die so uralt sind wie das
Handwerk selbst. Nach Erkenntnis dieses Irrtumes trat
eine, von der Reaktion weidlich ausgenutzte Unsicherheit
ein. Doch bald wurde man sich, im Drange der ethischen
Begeisterung, des rechten Weges zur Schaffung geordneter
wirtschaftlicher Produktions- und Gesellschaftsverhältnisse
wohl bewußt. Um die Bedeutung dieser so lange ver-
säumten Marschroute ermessen zu können, ließ der Redner

3°,*
 
Annotationen