DIE WELTAUSSTELLUNG IN BRÜSSEL
207
PETER BEHRENS, MÖBEL AUS DEM RAUM DER
DELMENHORSTER LINOLEUMFABRIK ANKER-WERKE
AUSGEFÜHRT VON ALFRED
BÜHLER IN STUTTGART
leider hat sie einen Platz im äußersten Winkel des
Ausstellungsgeländes erhalten, der sie in eine viel zu
bescheidene Stellung hinabdrückt. Die hier erreichte
Verbindung der mächtigen Außenarchitektur, ihrer
stämmigen schwarzen Tragsäulenpaare unter dem
breiten Quergebälk und ihres in prachtvoller Linie
geführten Bogens, mit der Innenansicht der riesigen
Wölbung aus geschlossenen Bohlenbindern, deren Holz-
material ohne Anstrich klar hervortritt, ist von über-
wältigender Wirkung. o
n Vom Inhalt der kunstgewerblichen Abteilung im
einzelnen auch nur annähernd zu sprechen, wäre hier
kein Raum. Der Extrakt aus unserem besten Können,
der hier gegeben ward, konnte nicht sorgsamer her-
gestellt werden, und die Anordnung ist vorzüglich
geglückt. Kleine und auch ein paar große Geschmack-
losigkeiten fehlen natürlich nicht. Auch hier drängt
sich das Gedankliche oft vor, und man hat die Emp-
findung, daß im Anfang dann nicht die künstlerische
Phantasie, sondern eine »Idee« gewaltet hat. Die
Fremden sprechen vor solchen Dingen von unseren
»philosophischen« Möbeln, unserem »theoretischen«
Kunsthandwerk, bei dem alles »in Ordnung« sei und
nur eins nicht erreicht werde: wohnliches Behagen.
Wir wollen auch diese Einwände nicht achtlos bei-
seite schieben, sondern selbstkritisch prüfen, wieweit
sie begründet sind. Wenn wir es auch nicht fühlen
— es muß für viele Nichtdeutsche in unseren mo-
dernen Zimmereinrichtungen eine gewisse Kühle
stecken, die fremd und ungemütlich wirkt. Nun
kommt es ja wohl in erster Reihe darauf an, wieweit
wir selbst in unseren Zimmern glücklich sind; aber
es schadet uns auch nichts, das Urteil von Völkern
mit älterer Kultur des gesellschaftlichen und Familien-
lebens anzuhören. Etwas davon wird wohl schon
stimmen. Es handelt sich eben um den Punkt, den
auch wir oftmals als störend empfinden: um die allzu
sachliche »Richtigkeit« des Möbelbaus und der weite-
ren Inneneinrichtung, um die asketische Scheu vor
schmückenden Elementen und das Ungeschick, sobald
die Phantasie zur Teilnahme gebeten wird. Es fehlt
uns auch hier zweifellos an Anmut, Liebenswürdigkeit
und Leichtigkeit — an Eigenschaften, die sich nicht
kommandieren, sondern nur aus einer dauernden
Kulturpflege als natürliche Früchte gewinnen lassen.
Kein Zweifel: die letzten beiden Jahrzehnte, in denen
207
PETER BEHRENS, MÖBEL AUS DEM RAUM DER
DELMENHORSTER LINOLEUMFABRIK ANKER-WERKE
AUSGEFÜHRT VON ALFRED
BÜHLER IN STUTTGART
leider hat sie einen Platz im äußersten Winkel des
Ausstellungsgeländes erhalten, der sie in eine viel zu
bescheidene Stellung hinabdrückt. Die hier erreichte
Verbindung der mächtigen Außenarchitektur, ihrer
stämmigen schwarzen Tragsäulenpaare unter dem
breiten Quergebälk und ihres in prachtvoller Linie
geführten Bogens, mit der Innenansicht der riesigen
Wölbung aus geschlossenen Bohlenbindern, deren Holz-
material ohne Anstrich klar hervortritt, ist von über-
wältigender Wirkung. o
n Vom Inhalt der kunstgewerblichen Abteilung im
einzelnen auch nur annähernd zu sprechen, wäre hier
kein Raum. Der Extrakt aus unserem besten Können,
der hier gegeben ward, konnte nicht sorgsamer her-
gestellt werden, und die Anordnung ist vorzüglich
geglückt. Kleine und auch ein paar große Geschmack-
losigkeiten fehlen natürlich nicht. Auch hier drängt
sich das Gedankliche oft vor, und man hat die Emp-
findung, daß im Anfang dann nicht die künstlerische
Phantasie, sondern eine »Idee« gewaltet hat. Die
Fremden sprechen vor solchen Dingen von unseren
»philosophischen« Möbeln, unserem »theoretischen«
Kunsthandwerk, bei dem alles »in Ordnung« sei und
nur eins nicht erreicht werde: wohnliches Behagen.
Wir wollen auch diese Einwände nicht achtlos bei-
seite schieben, sondern selbstkritisch prüfen, wieweit
sie begründet sind. Wenn wir es auch nicht fühlen
— es muß für viele Nichtdeutsche in unseren mo-
dernen Zimmereinrichtungen eine gewisse Kühle
stecken, die fremd und ungemütlich wirkt. Nun
kommt es ja wohl in erster Reihe darauf an, wieweit
wir selbst in unseren Zimmern glücklich sind; aber
es schadet uns auch nichts, das Urteil von Völkern
mit älterer Kultur des gesellschaftlichen und Familien-
lebens anzuhören. Etwas davon wird wohl schon
stimmen. Es handelt sich eben um den Punkt, den
auch wir oftmals als störend empfinden: um die allzu
sachliche »Richtigkeit« des Möbelbaus und der weite-
ren Inneneinrichtung, um die asketische Scheu vor
schmückenden Elementen und das Ungeschick, sobald
die Phantasie zur Teilnahme gebeten wird. Es fehlt
uns auch hier zweifellos an Anmut, Liebenswürdigkeit
und Leichtigkeit — an Eigenschaften, die sich nicht
kommandieren, sondern nur aus einer dauernden
Kulturpflege als natürliche Früchte gewinnen lassen.
Kein Zweifel: die letzten beiden Jahrzehnte, in denen