Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 21.1910

DOI Artikel:
Schur, Ernst: Die Frau als Käuferin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4873#0242

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


DIE MOHAMMEDANISCHE AUSSTELLUNO IN MÜNCHEN



233





einwandsfreie Arbeit. Aber es kann
sich unterrichten. Nicht lange wird
es dauern, da weiß es Bescheid und
unterscheidet instinktiv die echte, ehr-
liche Arbeit von der schludrigen, preis-
drückenden, das gute Material von
dem schlechten, die sachliche Zweck-
forni von der willkürlich mit Schnörkeln
und Schmuckwerk überladenen Form,
die nur durch das äußere ablenken will
von dem mangelhaften Material, von
der schlechten Arbeit. °

□ Darum, o Leserin, kaufe nie die
billigste Ware. Wisse, daß jedes gute
Ding Arbeit verlangt hat. Und du kaufst
dir doch deine Zimmereinrichtungen
schließlich für das ganze Leben. Du
lebst mit all den Dingen; du machst
ihren Charakter zu dem Deinigen. Du
bist in deinem Beruf, in deiner Arbeit
ehrlich, fest, charaktervoll und in deiner
Umgebung duldest du nur zu leicht
die Talmiware, das Unechte, die Lüge
in Material und Arbeit. Nein, scheue
nicht das Geld; lege lieber ein wenig
mehr an und du wirst sehen, es ren-
tiert sich. Nicht nur, daß es länger
hält, du hast auch immer Freude daran.

□ Beschränke lieber die Zahl der
Dinge, die dich umgeben und spare
damit. Denn das ist ein zweiter Fehler
unserer Wohnungen, daß in ihnen zu
viel angehäuft ist. Disziplin tut uns
not. Da stehen die Nippes und die
Photographien und die kleinen Tisch-
chen und allerlei Kleinkram. Das alles
zerpflückt den großen, ruhigen Eindruck
des Raumes. Das aber ist das erste Er-
fordernis: der Raumeindruck muß da
sein. Wir aber denken mit Vorliebe nur
an die tausend Einzeldinge. □

d Damit aber stören wir uns selbst
den Eindruck. Wir verlangen von den
Räumen, in denen wir leben, eine ruhige
sachliche Schönheit, die unseren Sinnen
wohltut. Früher betonten wir die Inti-
mität, die wir in tausend Kleinigkeiten
zu erreichen suchten. Heute aber, wo
das Leben so große Ansprüche an uns
stellt und unsere Nerven andauernd in
Erregungen versetzt, haben wir das
Bedürfnis, im Heim einem disziplinier-
ten Eindruck zu begegnen, an dessen
Wirkung wir uns erholen. Dieser von
dem Geist des modernen Kunstgewerbes
beeinflußte, neue Geschmack hat so-
gar bis auf die Handarbeiten eingewirkt,
mit denen die Frau von ehedem, mit
gutem Willen, aber schlechtem Ge-
schmack die Zimmer zierte. Auch hier
ist ein neuer Wille bemerkbar, der mit
der ganzen Tendenz unseres modernen,
auf sachliche Schönheit, materialmäßige
Behandlung gerichteten, neuen Kunst-
gewerbes Hand in Hand geht und an
seinem Teile mitarbeitet, die Kultur
des Hauses zu erneuern. d

Bronzclenchter.

Graviert mit Silber

und Gold tauscliicrt.

Mesopotamien,

13.Jahrh.

Aus dem Kaiser-
Friedrich-Museum, Berlin

Sasanidische Silberschale, gegossen, mit Reliefdekor: Löwe eine Hirschkuh überfallend.
Persien, 5.-6. Jalirli. Aus der Kaiserlichen Eremitage in St. Petersburg
 
Annotationen