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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 22,2.1909

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Heft 8 (2. Januarheft 1909)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8815#0097
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neuen schöneu Ausgabe im Jnsel-Verlag auch noch eine ältere ganz
billige (HO Pf.) in der Reclamschen Bibliothek vor. Ihr und ihrer
Einleitung von Robert Habs gebührt wohl vor allem das Verdienst,
das vergessene Meisterwerk für uns erhalten zu haben. K)

V

^Wir geben zunächst die Episode des gelösten Spukes, die der Er-
zähler, Pastor im pommerschen Dorfe Coserow zur Zeit Gustav Adolfs,
auf einer Reise nach Gützkow erlebtZ

on dieser Reise will nur soviel vermelden: daß es alldorten fast
H viele Pferde aber wenig Käufer hatte. Dannenhero kaufete zwo

schöne Rappen das Stück zu 20 Fl. item einen Wagen umb 5 Fl.
item 25 Scheffel Roggen, so auch von Mecklcnburg dahin geführet war
umb ( Fl. den Scheffel, da er in Wolgast fast gar nit mehr aufzugabeln
ist, und alsdann wohl an die 3 Fl. und drüber gilt. Hätte darumb
hier in Gützkow schöne Kaufmannschaft in Roggen halten können, so
es meines Amts gewest, und ich auch nit befürchtet, daß die Schnapp-
hanichen, woran es in dieser schwercn Zeit fast überhand nimmt, mir
mein Korn wieder abgenommen, und noch wohl dazu gemaltraitiret,
und erwürget hätten, wie etzlichen geschehen. Denn insonderheit wurde
solche Näuberci zu Gützkow zu dieser Zeit in der Strelliner Hsiden mit
großem Spök* getrieben, kam aber mit des gerechten Gottes Hilfe gerade
an das liebe Tageslicht, als ich mit mcinem Ackersknecht alldorten in
den Iahrmarkt verreiset war, und will ich solliches hier noch bemelden.
Vor etzlichen Monden war ein Kerl zu Gützkow aufs Rad gestoßen, weil
er durch Verführung des leidigen Satans einen reisenden Handwerks-
mann erschlagen. Derselbige abcr fing allsobald an so crschröcklich zu
spöken, daß er zur Abend- und Nachtzeit mit seinem armen Sünder-
kittel von dem Rade herniedersprang, sobald ein Wagen vor dem Galgen
vorüberfuhr, der an der Landstraßen nacher Wolgast zu stehet, und hinter
dcn Leuten hersetzte; wo sie denn mit vielem Abschcu und Grauen die
Rosse anklappten, so daß es einen großen Numor auf dem Knüppeldamm
schlug, welcher benebenst dem Galgen in ein klein Hölzlein führetc, der
Kraulin geheißen. Und war ein wunderlich Ding, daß in selbigcr Nacht
die Reiscnden fast immer in der Strelliner Heiden geplündert oder er-
würget wurden. Danncnhero ließ die Obrigkeit den Kerl von dem Rade
heben und begrube ihn unter dem Galgen in Hoffnung, daß der Spök
sich legen sölle. Aber es saß nach wie vorab bei Nachtzeiten schloweiß
auf dem Rade, so daß niemand nicht mehr die Straße gen Wolgast fahren
wollte. Da begab es sich denn, daß in benanntem Iahrmarkt gegen hic
Nachtzeit der junge Rüdiger von Nienkerken von Mellenthin auf Usc-
dom belegen, so in Wittenberge und anderswo studiret, und nun wieder
heimkehren wollte mit seinem Fuhrwerk, dicser Straßen zog. Hatte ihn
kurz vorhero noch selbsten im Wirthhause gepersuadiret, daß cr von
wegen den Spök zur Nachtzeit in Gützkow verbleiben, und des nächsten
Morgens mit mir fahren wölle, was er aber verwegerte. Als selbiger
Iunker nun die Straße gefahren kömmt, sieht er auch wieder allsobald
den Spök auf dem Rade sitzen, und ist er kaum an dem Galgcn fürüber,
als das Gespenste herniederspringt, und ihm nachsehet. Der Fuhrmann

* Spukerei


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