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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,2.1910

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Heft 8 (2. Januarheft 1910)
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Berg, ...: Groß-Berlin: Gesichtspunkte für die Beurteilung des Wettbewerbs Groß-Berlin und seine Bedeutung für die Entwicklung des modernen Städtebaus überhaupt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9023#0106
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dern auch den Zwecken dezentralisierter Verwaltung zu dienen haben:
Postamt, Polizeirevier, Steuerzahlstelle, Sparkassen, Feuerwache usw.

Die Entwicklung der eigentlichen Geschäftsstadt für das Ganze
wird dadurch jedoch nicht beeinträchtigt. Sie muß eine dieser Ent-
wicklung entsprechende Ausgestaltung erhalten. Für die Bewältigung
des Verkehrs ist Straßenverbreiterung und Straßenteilung erforder-
lich. Dadurch wird die für Einzelbauten verfügbare Fläche ver-
ringert.

Es ist nun nicht zweckmäßig, den Amfang der City im Ganzen
an Fläche zu groß werden zu lassen. Sie verliert an Konzentriert-
heit, ihre Benutzung erfordert mehr und mehr Zeit. Und da bei
ihrer Anlage das „Zeit ist Geld" an erster Stelle mitzusprechen hat,
so ergibt sich als notwendig, hier größere Bebauungshöhen zuzu-
lassen. Es ist nicht nötig, dabei gleich an amerikanische Wolkenkratzer
zu denken. Ieder, der amerikanische Citys kennt, hat jedoch die Er-
fahrung gemacht, daß der geschäftliche Verkehr sich dort viel ein-
sacher, vor allem mit viel weniger Zeitverlust abspielt. Durch ent-
sprechende Straßen- und Hofbreiten lassen sich hohe Häuser eben-
so hygienisch gestalten, wie niedere. Die Größe an und für sich
braucht auch nicht notwendig ein Hindernis für ästhetische Wirkung
zu sein.

Eine derartige Cityumbildung wird nur allmählich zu erfolgen
haben. Es empfiehlt sich, sie zunächst an den Stellen der Ge-
schäftsstadt vorzunehmen, wo der Verkehr Durchbrüche und Straßen-
verbreiterungen erheischt, um durch die höhere Bebauung die Kosten
der Durchbrüche bezahlt zu machen. Der Wertzuwachs, der durch
solche allgemeine Cityumbildung geschaffen wird, hat dann den
Wohn vierteln, durch Schafsung von Grünanlagen, Spielplätzen usw.
zugute zu kommen.

Klein- und Mittelindustrie wird zweckmäßig in besonderen Bau-
blöcken unterzubringen sein.

Die Großstadtindustrie ist, wie bereits gesagt wurde, von Groß-
Berlin selbst möglich fernzuhalten. In der weiteren Amgebung sind ihr
für ihre Anlagen Stätten zu gewähren, die für ihre Zwecke durch
besondre Bahn- und Wasserverbindung mit Berlin und ferner durch
Industrieanlagen begünstigende besondre Bauordnungen geeignet ge°
macht werden.

Die Monumentalstadt

Deutschland hat Ende des vorigen Iahrhunderts die führende
Stellung auf dem Kontinent übernommen, nicht nur in politischer
Beziehung, sondern auch in wirtschaftlicher. Es ist auf dem Wege,
allmählich der Mittelpunkt Europas auch in kultureller Hinsicht zu
werden. Paris, das bis jetzt die Führung hatte, wird diese an die
deutschen Städte abtreten, und ein gut Teil wird auf Berlin einfach
deshalb fallen, weil es eben Reichshauptstadt ist, gleichviel, ob die
hier ausgedrückten Werte dort oder sonstwo im Reiche geschaffen sind.

In Berlins Entwicklung und Gestaltung vor allem wird die Be-
deutung Deutschlands in kultureller Hinsicht sür ganz Europa kon-
zentriert zum Ausdruck gelangen.

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Kunstwart XXIII, 8
 
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