Von der katho-
lischen Seite
diese gemeinsame Sache der
Deutschen hüben nnd drüben unter
regerer Teilnahme der Deutschen
im Neich gediehen wäre.
Hermann Itllmann
Die katholische Literatur-
bewegung der Gegenwart
ibt es eine katholische Litera-
tur in Deutschland? Und gibt
es eine katholische Literaturbewe--
gung? Ich glaube, nur wenige,
die im übrigen das Gebiet des
deutschen Schrifttums von heute
überschauen, werden von diesen
beiden eine klare Vorstellung
haben. Mag die Teilnahmslosig-
keit auf diesem Gebiete nun ein
Erbteil früherer Iahrhunderte sein,
mag es an der im wesentlichen
auf Süd- und Westdeutschland und
Schlesien beschränkten Verbreitung
der katholischen Literatur liegen,
mag endlich auch die hie und da
etwas exklusive Haltung ihrer Ver-
treter dazu beitragen, in jedem
Fall: Literaten und Publikum
nichtkatholischer Richtung Pflegen
von der andern Seite wenig zu
wissen. Dabei wirkt allerdings
auch das mit, daß ursprünglich
konfessionell katholische Schriftsteller
häufig im Laufe ihrer Tätigkeit
mit dem Katholizismus in mehr
oder weniger lauten Konflikt ge-
raten und zur „konfessionslosen"
Literatur übergehen; schließlich er-
fahren nicht einmal ihre Verehrer
immer, daß ein Nosegger, eine
Lbner-Eschenbach einst für kon-
fessionell katholische Kräfte ge°
golten haben, — und wie lange
wird es noch dauern, daß sogar
Enrika von Handel-Mazzetti nicht
mehr als schlechthin katholisch
gelten wird. Doch sind gerade
diese polemischen Erörterungen
und programmatischen Erklärun-
gen unter den Katholiken für den
Unbeteiligten nicht ohne Wichtig-
keit. Denn es handelt sich dabei
nicht um Literaturgezänk, oder doch
nur zum geringsten Teil, sondern
häufig um ernste Diskussion künst-
lerisch-ethischer Fragen. Wer zum
Beispiel überzeugt ist, daß die lite-
rarische Kritik heutzutage eine un-
heilvolle Scheidung zwischen ethi-
schen und ästhetischen Werten als
notwendig ausgibt, ohne die schwere
Schädigung zu beachten, die so
durch künstliche Einschränkung der
Phänomenologie der Seele ent-
steht, — wird hier reiches Material
zu einer vielseitigeren Betrachtungs-
wcise findcn. And alle ästheti-
schen Probleme, voran die ewige
Streitfrage „Form und Inhalt",
geraten gerade hier ins Rollen.
Steht es also mit unsrer Sach-
kenntnis nicht zum besten, so sind
uns zwei Bücher von mäßigem
Umfang um so willkommener,
wclche übcr Bestand und Zukunfts-
hoffnungen der katholischen Litera-
tur gut und eindringlich unter-
richten. Das erste hat den Titel
dieses Neferates, es ist von Richard
von Kralik (erschienen bei I. Hab-
bel in Regensburg), dem Heraus-
geber des „Grals", verfaßt. Kralik
will einen historischen Einblick in
die moderne Bewcgung geben; nach
Bemerkungen über seine persön-
liche Stellung und Erfahrung weist
er zu diesem Zweck im zweiten
Kapitel die kulturhistorischen Zu-
sammenhänge auf, deren Haupt-
linien etwa in folgenden Sätzen
gczcichnet sind: „wic die mensch-
liche Seele von Natur christlich, so
ist die Welt schon von Natur aus
»katholisch«", „bereits die griechische
Kultur war gewissermaßen »katho-
lisch«". „So wie es nur Einen
Gott und nur Eine Welt gibt und
nur Line Schöpfung, so gibt es
auch eigentlich nur Eine Kultur."
Diese Kultur wird durch die un-
vergängliche Macht der Kirche,
2(6
Kunstwart XXIII, 9
lischen Seite
diese gemeinsame Sache der
Deutschen hüben nnd drüben unter
regerer Teilnahme der Deutschen
im Neich gediehen wäre.
Hermann Itllmann
Die katholische Literatur-
bewegung der Gegenwart
ibt es eine katholische Litera-
tur in Deutschland? Und gibt
es eine katholische Literaturbewe--
gung? Ich glaube, nur wenige,
die im übrigen das Gebiet des
deutschen Schrifttums von heute
überschauen, werden von diesen
beiden eine klare Vorstellung
haben. Mag die Teilnahmslosig-
keit auf diesem Gebiete nun ein
Erbteil früherer Iahrhunderte sein,
mag es an der im wesentlichen
auf Süd- und Westdeutschland und
Schlesien beschränkten Verbreitung
der katholischen Literatur liegen,
mag endlich auch die hie und da
etwas exklusive Haltung ihrer Ver-
treter dazu beitragen, in jedem
Fall: Literaten und Publikum
nichtkatholischer Richtung Pflegen
von der andern Seite wenig zu
wissen. Dabei wirkt allerdings
auch das mit, daß ursprünglich
konfessionell katholische Schriftsteller
häufig im Laufe ihrer Tätigkeit
mit dem Katholizismus in mehr
oder weniger lauten Konflikt ge-
raten und zur „konfessionslosen"
Literatur übergehen; schließlich er-
fahren nicht einmal ihre Verehrer
immer, daß ein Nosegger, eine
Lbner-Eschenbach einst für kon-
fessionell katholische Kräfte ge°
golten haben, — und wie lange
wird es noch dauern, daß sogar
Enrika von Handel-Mazzetti nicht
mehr als schlechthin katholisch
gelten wird. Doch sind gerade
diese polemischen Erörterungen
und programmatischen Erklärun-
gen unter den Katholiken für den
Unbeteiligten nicht ohne Wichtig-
keit. Denn es handelt sich dabei
nicht um Literaturgezänk, oder doch
nur zum geringsten Teil, sondern
häufig um ernste Diskussion künst-
lerisch-ethischer Fragen. Wer zum
Beispiel überzeugt ist, daß die lite-
rarische Kritik heutzutage eine un-
heilvolle Scheidung zwischen ethi-
schen und ästhetischen Werten als
notwendig ausgibt, ohne die schwere
Schädigung zu beachten, die so
durch künstliche Einschränkung der
Phänomenologie der Seele ent-
steht, — wird hier reiches Material
zu einer vielseitigeren Betrachtungs-
wcise findcn. And alle ästheti-
schen Probleme, voran die ewige
Streitfrage „Form und Inhalt",
geraten gerade hier ins Rollen.
Steht es also mit unsrer Sach-
kenntnis nicht zum besten, so sind
uns zwei Bücher von mäßigem
Umfang um so willkommener,
wclche übcr Bestand und Zukunfts-
hoffnungen der katholischen Litera-
tur gut und eindringlich unter-
richten. Das erste hat den Titel
dieses Neferates, es ist von Richard
von Kralik (erschienen bei I. Hab-
bel in Regensburg), dem Heraus-
geber des „Grals", verfaßt. Kralik
will einen historischen Einblick in
die moderne Bewcgung geben; nach
Bemerkungen über seine persön-
liche Stellung und Erfahrung weist
er zu diesem Zweck im zweiten
Kapitel die kulturhistorischen Zu-
sammenhänge auf, deren Haupt-
linien etwa in folgenden Sätzen
gczcichnet sind: „wic die mensch-
liche Seele von Natur christlich, so
ist die Welt schon von Natur aus
»katholisch«", „bereits die griechische
Kultur war gewissermaßen »katho-
lisch«". „So wie es nur Einen
Gott und nur Eine Welt gibt und
nur Line Schöpfung, so gibt es
auch eigentlich nur Eine Kultur."
Diese Kultur wird durch die un-
vergängliche Macht der Kirche,
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Kunstwart XXIII, 9