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Krüger, Thomas [Editor]; Stephan, Hans-Georg [Editor]; Korbel, Günther [Oth.]; Korbel, Günther [Oth.]; Raddatz, Klaus [Oth.]; Raddatz, Klaus [Honoree]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 16): Beiträge zur Archäologie Nordwestdeutschlands und Mitteleuropas — Hildesheim: Verlag August Lax, 1980

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65795#0187
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große Vorburgareal schützenden imposanten Abschnittwalles von 150 m Länge, dessen mate-
rialaufwendige Holzkastenkonstruktionen nur mit einem Großaufgebot von Arbeitskräften
unter straff organisierter Führung hergestellt werden konnten.
Die fest umrissene historische Rolle Oldenburgs als Hauptfürstenburg Wagriens, als Bi-
schofssitz in ottonischer Zeit und als Basis kriegerischer slawischer Seeunternehmungen prä-
destinieren die Burg dazu, ihre baulichen Entwicklungsphasen, ihre Besiedlungs- und Wirt-
schaftsform zu erforschen, um damit einen Beitrag zu den Problemen der slawischen Sozial-,
Verfassungs- und Handelsgeschichte sowie der Herausbildung einer Siedlung von frühstädti-
schem Charakter auf slawischem Boden in ihrem Verhältnis zum Umland und zum gesamten
Ostseeraum zu leisten.”
Hier wird die Herausbildung einer Herrschaftsstruktur sichtbar, deren Entwicklung durch die
Zerstörung der Burg im 10. Jahrhundert unterbrochen wurde.
Die bisher aufgedeckten Flächen in der Vorburg von Oldenburg lassen eine auf einen Weg
orientierte enge Bebauung mit Häusern und Speichern erkennen, die bei Platzkonstanz oft er-
neuert wurden. In dem reichen Fundmaterial spiegeln sich verschiedene handwerkliche, z. B.
metallurgische Tätigkeiten und enge Beziehungen zum skandinavischen Raum wider.
Mit den Untersuchungen in der Oldenburg ist nicht nur das Problem des zentralen Herr-
schaftssitzes, sondern auch die Frage nach den Wurzeln des slawischen Städtewesens
angeschnitten15. Hier haben seit langem die Untersuchungen in Alt-Lübeck, die nach dem
zweiten Weltkriege von Alexandra Karpinska wieder ins Werk gesetzt wurden, wichtige neue
Ergebnisse gebracht, über die W. NEUGEBAUER 1975 in einem ausführlichen Zwischenbe-
richt Rechenschaft gegeben hat; neuerdings wurde auf dem Burgwall eine frühe Schicht des
9. Jahrhunderts entdeckt. Neu ist die Wiederaufnahme der Untersuchungen auf dem Boden
der Hansestadt Lübeck, bei der unter dem Dom eine mittelslawische Siedlungsschicht angetrof-
fen wurde, während das spätslawische ,,Buku” noch nicht gefunden ist. Sein unter dem
Burgtor vermuteter Platz ist für große Untersuchungen vorgesehen.
Von weiterführender methodischer Bedeutung sind die Untersuchungen von H. HINZ in der
Siedlungskammer Bosau16. Hier bestimmt nicht eine Ansiedlung allein, sondern eine Sied-
lungskammer mit Burg, Kirche, Dorfanlage und anderem mehr, die Untersuchung, wie sie in
ähnlicher Form in der Bundesrepublik Deutschland an mehreren Stellen, so bei Archsum auf
Sylt17, bei Flögeln18, im Ammerland19 und im Hannoverschen Wendland20 durchgeführt
werden. Das Anliegen eines solchen Vorhabens ist die Erforschung der Siedlungsgeschichte
einer meist auch naturräumlich abgeschlossenen Siedlungskammer entweder vom Beginn der
Siedlung vom Neolithikum bis ins hohe Mittelalter (Flögeln) oder von der Bronze- und Eisen-
zeit bis ins Mittelalter (Ammerland, Archsum) oder auch von der römischen Zeit bis in das
hohe Mittelalter (Hannoversches Wendland).
In Ostholstein steht unter Leitung von H. HINZ die Entwicklung der Grundlagen der ländli-
chen mittelalterlich-neuzeitlichen Siedlung in Ostholstein am Beispiel der Siedlungskammern
15 Zum frühen Städtewesen im westlichen Ostseegebiet: H. HINZ (Hrsg.), Kiel Papers ’72. Frühe Städte im westlichen Ostsee-
raum, Neumünster 1973 und H. JANKUHN — W. SCHLESINGER — H. STEUER (Hrsg.), Vor- und Frühformen (vgl.
Anm. 3) Teil II, 1975.
16 H. HINZ — H.E. NELLISSEN — H. HELMUTH — W. PRANGE — F.R. AVERDIECK, Bosau I. Untersuchung einer
Siedlungskammer in Ostholstein, Neumünster 1974.
17 G. KOSSACK — O. HARCK — I. REICHSTEIN (mit anderen Beiträgen), Ber. der Röm.-German. Kommission Bd. 55,
1974, Teil II, 261 ff.
18 P. SCHMID — K.E. BEHRE — W.H. ZIMMERMANN, Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte Bd. 42, 1973,
97 ff.
19 D. ZOLLER, Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 9, 1975, 35 ff. (S. 57 ältere Literatur).
20 Vorbericht von H. STEUER, Archäologisches Korr.bL 6, 1976, H. 2, 163—168.

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