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Krüger, Thomas [Hrsg.]; Stephan, Hans-Georg [Hrsg.]; Korbel, Günther [Bearb.]; Korbel, Günther [Bearb.]; Raddatz, Klaus [Bearb.]; Raddatz, Klaus [Gefeierte Pers.]
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Heft 16): Beiträge zur Archäologie Nordwestdeutschlands und Mitteleuropas — Hildesheim: Verlag August Lax, 1980

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.65795#0402
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wurde diese einmalige Chance zur Dokumentation der archäologischen Quellen genutzt und
dadurch mancher archäologische Fund vor der endgültigen Zerstörung gerettet. Die For-
schungen beschränkten sich dabei fast immer auf das Mittelalter und es wurde vor allem die
Siedlungsgeschichte beachtet. Hingegen wurde die Erforschung der materiellen Kultur kaum
in nennenswertem Umfang in Angriff genommen. So blieb eine im Grunde schon recht alte
Erkenntnis namhafter Sachforscher weithin unbeachtet, nach der die Archäologie wesent-
liche Beiträge zur Kulturgeschichte bis hin zur Moderne leisten kann — und muß. Im Prinzip
besteht kein Unterschied zwischen einem Bodenfund aus der Barockzeit und einem aus der
Steinzeit, beide sind einmalige Zeugen menschlichen Tuns in unserem Lebensraum.
Ein Fundkomplex, dessen Inhalt an der Schwelle von handwerklich geprägten Werkformen
zu Manufakturerzeugnissen moderner Prägung, aber noch vor dem Einsetzen der industriel-
len Massenfertigung steht, soll hier behandelt werden.
Die vertretenen Gruppen von Sachgut — vorwiegend Keramik, daneben auch Glas, Holz-und
Lederfunde — werden formal beschrieben, nach technischen Gesichtspunkten geordnet und
in Hinblick auf ihre Funktion untersucht. Darüber hinaus wird der Versuch unternommen,
ausgehend von den archäologischen Funden Rückschlüsse zu ziehen auf technische und
geschmackliche Innovationen bei Produzenten und Verbrauchern von Glas und Keramik im
18. Jahrhundert sowie über Wandlungen bei den Tisch- und Eßsitten. Soweit dies beim der-
zeitigen Forschungsstand möglich ist, werden schriftliche Quellen mit berücksichtigt. Beson-
ders gilt dies für den allgemeineren historischen Hintergrund und die Ermittlung der Besitzer
des zugehörigen Hauses einschließlich ihrer sozialen Stellung. Im wesentlichen von Boden-
funden gehen Gedanken aus über die altersmäßige Zusammensetzung des hier angetroffenen
Sachgutes und über die Herkunft der Keramik.
Beim Neubau eines Geschäftshauses auf dem Grundstück Marktstraße 26 in Höxter/Weser
wurde im Jahre 1973 an der Marktstraßenfront eine aus Bruchsteinen gemauerte Kloake an-
geschnitten (Taf. I)2. Zur Zeit der Beobachtung war leider nur noch ein kleiner Rest der un-
tersten Schicht auf der Sohle der Anlage in etwa 2 m Tiefe und in 50 cm Stärke erhalten. Die
Füllung bestand, wie häufig bei solchen Anlagen, die auch zur Aufnahme von Hausmüll
dienten, nicht nur aus vergangenen organischen Substanzen. Sie enthielt darüber hinaus eine
Fülle von zerbrochenen Gebrauchsgegenständen, die einen recht interessanten Einblick in das
Inventar aus Keramik und Glas in einem höxteraner Bürgerhaushalt der Mitte des 18. Jahr-
hunderts vermitteln können.
2. Keramik
Wie zumeist, stehen die keramischen Hinterlassenschaften zahlenmäßig, aber auch was die
Vielfalt der vertretenen Erscheinungsformen in Gefäßgestalt und Dekor betrifft, an der
Spitze des Fundgutes. Insgesamt liegen die Reste von etwa 90 Gefäßen — eher ein wenig
mehr — vor.
eine lebhafte Anteilnahme an den Erfordernissen und Problemen der praktischen Arbeit im Gelände bewahrt und gehört
gleichzeitig in die Reihe namhafter archäologischer Sachgutforscher. Diese Abhandlung entstand im Seminar für Ur- und
Frühgeschichte der Georg-August-Universität Göttingen, wo derzeit unter Eeitung des Verfassers mit finanzieller Unterstüt-
zung durch die Stadt Höxter ein Forschungsprojekt zur Siedlungsgeschichte und zur materiellen Kultur Höxters von der
Frühgeschichte bis ins 19. Jahrhundert durchgeführt wird. Die Zeichnungen wurden mit viel Engagement von Justus Harth
erstellt. Die Fotos stammen von Rösle Tigges, Kunstgeschichtliches Seminar der Universität Göttingen.
2 Die Kloake war nur eine von zahlreichen Fundstellen innerhalb der großen Baugrube für den Neubau eines Textilkaufhau-
ses, bei dem vier bis sechs mittelalterliche Hausstellen erfaßt wurden. Die gesamte Palette der Befunde und Funde reicht von
einem Grubenhaus und weiteren Siedlungsresten des 7./8. Jahrhunderts über ein Haus des 12. Jahrhunderts und spätmit-
telalterliche Hauskellerreste bis hin zu neuzeitlichen Brunnen und Kloaken. Nur minimale Reste der vielfältigen Befunde
konnten beobachtet bzw. geborgen werden; vgl. hierzu in Kurzform STEPHAN 1973, 43—44.

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