B. Fachdidaktik
Der a/tspracMche Unterr/cht 4/1986 ist das 5. Heft dieser Zeitschrift ,,Zur Historikeriektüre" (vgl.
5/67, 1/71,2/73, 3/78); es enthält drei Beiträge zu Tacitus und einen zu Thukydides. C. j. Ciassen
stellt in einer Studie ,,Zum Anfang der Annalen des Tacitus" einen ,,Grundzug taciteischen Ge-
schichtsverständnisses" heraus: „Allem Geschehen liegt das menschliche Handeln zugrunde; es
ist durch menschliches Verantwortungsbewußtsein bestimmt. Und deswegen stellt Tacitus den
Menschen in den Mittelpunkt seiner Darstellung". — In dem Beitrag von Hildegard Cancik-
Lindemaier und H. Cancik „Zensur und Gedächtnis" wird der taciteische Stil an der Darstellung
des Prozesses gegen den Historiker Cremutius Cordus (25 n. Chr.) untersucht (ann. 4,32 -38).
Hier stellt Tacitus „exemplarisch den Zugriff der Staatsgewalt auf die Geschichtsschreibung" dar.
Zu „den Schichten der Erinnerung, die den Bericht über Cremutius geformt haben", gehören
nicht nur „die Erlebnisse des Politikers Tacitus unter Domitian" (das sog. „Domitianerlebnis"),
sondern auch „die Situation des Historikers unter Hadrian": „Die Überlieferung - und Interpreta-
tion - dieser Schichten und die physische Praesenz von Überwachung und Zensur sind der not-
wendige Grund für die oft beklagte Dunkelheit, Vieldeutigkeit, Verrätselung der taciteischen
Sprache". — H. Storch entwickelt einen Lektüreplan in dem „Tacitus' Agricola als Maßstab für
Geltung und Zerfall des römischen Tugendkanons" interpretiert wird und bietet hierzu ein über-
sichtliches „Strukturschema der traditionellen römischen Tugenden und Laster". — J. Keller will
„Die Geschichtsschreibung des Thukydides als Kunstwerk" verstehen lassen und illustriert an
der Satzstruktur, am Aufbau des ersten Buches, an der Proportion des ganzen Werkes „die Ein-
heit von forschender Wahrheitssuche und künstlerischer Darstellung". — In der „Rubrik" weist
A. Klinz mit dem Beitrag „Sprache und Politik bei Cicero und den römischen Historikern" auf
Möglichkeiten politischer Erziehung im altsprachlichen Unterricht hin; Schwerpunkte sind hier
die Ideologie von „Rom als Ordnungsmacht" (pax-Begriff), „Falschbezeichnungen" und „Feind-
bilder". — Zwei humorvolle Beiträge, ein angeblich neuaufgefundenes Fragment „De origine et
situ Bavarorum über" (von Rita Weißenberger, E. Gein, L. Thoma) und eine mit lateinischen
Wörtern und Redewendungen gespickte Nacherzählung des Märchens „Hanselus Gretulaque"
(von D. Harder) schließen das Heft ab.
Heft 3/1986 der Anregung dient der Ehrung des langjährigen Schriftleiters und Mitarbeiters dieser
Zeitschrift Hans Schober, bis zum letzten Schuljahr Studiendirektor am Wittelsbacher Gymnasi-
um München. Alle Beiträge des Heftes stammen von Lehrern dieser Schule. Themen des alt-
sprachlichen Unterrichts berühren direkt oder mittelbar folgende Arbeiten: H. Reuter: „Wenn du
jung bleiben willst"; das Alter beginne dann, wenn man nicht mehr staunen kann. Schon Platon
und Aristoteles bezeichnen das Staunen als Anfang der Philosophie. — H. Grosser bietet Anre-
gungen für die Behandlung der „Vorsokratiker im Ethikunterricht der Kollegstufe". Bei der Be-
schäftigung mit den Lehrmeinungen von Thaies, Parmenides, Leukipp/Demokrit seien nicht die
fertigen Antworten das Entscheidende, „sondern die Offenheit zu fragen angesichts gegebener
Antworten und Meinungen, die je für sich Wahrheit beanspruchen". — F. Maier trägt unter dem
Titel „Die Geburt eines traditionellen Wertkanons" eine „Hypothese zu den sogenannten Kardi-
naltugenden" vor: Platon sei zwar nicht der „Entdecker" der Kardinaitugenden, habe aber die
von früheren Dichtern und Denkern (z.B. Xenophanes, Tyrtaios, Solon) vorgetragenen „Wertka-
tegorien systematisiert" und „ den Kanon der vier Kardinaltugenden geschaffen". - F.P. Waibli-
ner erinnert in seinem Beitrag „Casanova und die Liebe zum Lateinischen" an ein „ebenso aus-
gefallenes wie schönes Beispiel für den Nutzen des Lateinischen. Ohne Latein hätte Casanova
Henriette nicht kennengelernt." — W.E. Seitz führt unter dem Motto „Senescens Mundus" eini-
ge „Kontrasttexte zur Romideologie" an. Neben Hinweisen auf kritische Äußerungen von Cice-
ro, Sallust, Tacitus u.a. werden interessante Textpassagen von christlichen Autoren mit Überset-
zungshilfen geboten, von Cyprian (dort auch das Wort „mundo senescente"), Augustinus und
Gregor dem Großen. — In Heft 4/86 vergleicht G. Glück „Hektors Abschied" in Homers Ilias
99
Der a/tspracMche Unterr/cht 4/1986 ist das 5. Heft dieser Zeitschrift ,,Zur Historikeriektüre" (vgl.
5/67, 1/71,2/73, 3/78); es enthält drei Beiträge zu Tacitus und einen zu Thukydides. C. j. Ciassen
stellt in einer Studie ,,Zum Anfang der Annalen des Tacitus" einen ,,Grundzug taciteischen Ge-
schichtsverständnisses" heraus: „Allem Geschehen liegt das menschliche Handeln zugrunde; es
ist durch menschliches Verantwortungsbewußtsein bestimmt. Und deswegen stellt Tacitus den
Menschen in den Mittelpunkt seiner Darstellung". — In dem Beitrag von Hildegard Cancik-
Lindemaier und H. Cancik „Zensur und Gedächtnis" wird der taciteische Stil an der Darstellung
des Prozesses gegen den Historiker Cremutius Cordus (25 n. Chr.) untersucht (ann. 4,32 -38).
Hier stellt Tacitus „exemplarisch den Zugriff der Staatsgewalt auf die Geschichtsschreibung" dar.
Zu „den Schichten der Erinnerung, die den Bericht über Cremutius geformt haben", gehören
nicht nur „die Erlebnisse des Politikers Tacitus unter Domitian" (das sog. „Domitianerlebnis"),
sondern auch „die Situation des Historikers unter Hadrian": „Die Überlieferung - und Interpreta-
tion - dieser Schichten und die physische Praesenz von Überwachung und Zensur sind der not-
wendige Grund für die oft beklagte Dunkelheit, Vieldeutigkeit, Verrätselung der taciteischen
Sprache". — H. Storch entwickelt einen Lektüreplan in dem „Tacitus' Agricola als Maßstab für
Geltung und Zerfall des römischen Tugendkanons" interpretiert wird und bietet hierzu ein über-
sichtliches „Strukturschema der traditionellen römischen Tugenden und Laster". — J. Keller will
„Die Geschichtsschreibung des Thukydides als Kunstwerk" verstehen lassen und illustriert an
der Satzstruktur, am Aufbau des ersten Buches, an der Proportion des ganzen Werkes „die Ein-
heit von forschender Wahrheitssuche und künstlerischer Darstellung". — In der „Rubrik" weist
A. Klinz mit dem Beitrag „Sprache und Politik bei Cicero und den römischen Historikern" auf
Möglichkeiten politischer Erziehung im altsprachlichen Unterricht hin; Schwerpunkte sind hier
die Ideologie von „Rom als Ordnungsmacht" (pax-Begriff), „Falschbezeichnungen" und „Feind-
bilder". — Zwei humorvolle Beiträge, ein angeblich neuaufgefundenes Fragment „De origine et
situ Bavarorum über" (von Rita Weißenberger, E. Gein, L. Thoma) und eine mit lateinischen
Wörtern und Redewendungen gespickte Nacherzählung des Märchens „Hanselus Gretulaque"
(von D. Harder) schließen das Heft ab.
Heft 3/1986 der Anregung dient der Ehrung des langjährigen Schriftleiters und Mitarbeiters dieser
Zeitschrift Hans Schober, bis zum letzten Schuljahr Studiendirektor am Wittelsbacher Gymnasi-
um München. Alle Beiträge des Heftes stammen von Lehrern dieser Schule. Themen des alt-
sprachlichen Unterrichts berühren direkt oder mittelbar folgende Arbeiten: H. Reuter: „Wenn du
jung bleiben willst"; das Alter beginne dann, wenn man nicht mehr staunen kann. Schon Platon
und Aristoteles bezeichnen das Staunen als Anfang der Philosophie. — H. Grosser bietet Anre-
gungen für die Behandlung der „Vorsokratiker im Ethikunterricht der Kollegstufe". Bei der Be-
schäftigung mit den Lehrmeinungen von Thaies, Parmenides, Leukipp/Demokrit seien nicht die
fertigen Antworten das Entscheidende, „sondern die Offenheit zu fragen angesichts gegebener
Antworten und Meinungen, die je für sich Wahrheit beanspruchen". — F. Maier trägt unter dem
Titel „Die Geburt eines traditionellen Wertkanons" eine „Hypothese zu den sogenannten Kardi-
naltugenden" vor: Platon sei zwar nicht der „Entdecker" der Kardinaitugenden, habe aber die
von früheren Dichtern und Denkern (z.B. Xenophanes, Tyrtaios, Solon) vorgetragenen „Wertka-
tegorien systematisiert" und „ den Kanon der vier Kardinaltugenden geschaffen". - F.P. Waibli-
ner erinnert in seinem Beitrag „Casanova und die Liebe zum Lateinischen" an ein „ebenso aus-
gefallenes wie schönes Beispiel für den Nutzen des Lateinischen. Ohne Latein hätte Casanova
Henriette nicht kennengelernt." — W.E. Seitz führt unter dem Motto „Senescens Mundus" eini-
ge „Kontrasttexte zur Romideologie" an. Neben Hinweisen auf kritische Äußerungen von Cice-
ro, Sallust, Tacitus u.a. werden interessante Textpassagen von christlichen Autoren mit Überset-
zungshilfen geboten, von Cyprian (dort auch das Wort „mundo senescente"), Augustinus und
Gregor dem Großen. — In Heft 4/86 vergleicht G. Glück „Hektors Abschied" in Homers Ilias
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