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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0118

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2.2. Stadtchronistik als »Identitätserzählung<

117

anlehnt. Der Kompilator modernisierte lediglich behutsam Sprache und Satz-
bau; so stellte er etwa oftmals Verben um und ersetzte bisweilen Wörter, so
tauschte er beispielsweise auf Folio 3 verso den älteren Ausdruck 60 g/csttctr'"
durch PX Spzcssiz aus.''^ Insgesamt scheint er die einzelnen Notizen damit als
vergleichsweise feste Textbausteine begriffen zu haben.
Zu Änderungen am Text entschloss der Kompilator sich allerdings immer
dann, wenn sich der ursprüngliche Autor Ulman Stromer zu Wort meldete. So
verkürzte er etwa bei Stromers Bericht über den Beitritt der Nürnberger zum
Städtebund 1484 nicht nur die Datumsangaben, sondern ließ auch den folgen-
den Zusatz weg, in dem sich Ulman in der ersten Person Singular als Augen-
zeuge nennt: tJo mtzz Zc/i LJ/mm? S/romc/r um/ PwJ/io/J P/zlzczzg Mnd Jos/ 7d/ze/ Mnd
Cnnra/ Pfd//cr.^^ Von Ulman ausführlich geschilderte militärische Aktionen wie
etwa den Zug der Nürnberger nach Stein im Jahr 1388^ komprimierte unser
Kompilator auf das nötigste Faktengerüst. So kürzte er die Prozedur zur Wahl
der Hauptleute des Zuges, die Stromer in seinem Autograph im Detail be-
schreibt, ganz und nennt im zweiten Satz nur noch den obersten Hauptmann,
Ritter Ulrich von Tfewling, der am Ende von Stromers langen Ausführungen
steht.''"' Noch einmal wird im Autographen des P/tc/ie/ die persönliche Fär-
bung am Ende dieser Passage deutlich, wenn Ulman Stromer von der schwe-
ren Kriegsverwundung des Sebolt Foerchtel berichtet. Denn dort wird der
Verwundete näher bestimmt wie gewürdigt als metti ttt/tJott [Schwiegersohn],
dem go/ genedzg sei/, der maz der /mm/t/Um/ ai/ner und ar/tat/ szcd yizr ade /am/3^
Als Foerchtel am neunten Tag nach dem Büchsenschuss an seiner Bein wunde
verstorben sei, da - so fährt Stromer in seiner Handschrift fort - det /matij dze
grossen /dag dz, dz ze dem man gedor/d^ Unser Kompilator dagegen übernimmt

311 CDS 1,1, Nr. 7, S. 35.
312 Als Beispiel für die Unterschiede zwischen dem in der Edition und dem in der Handschrift
präsentierten Text sei hier lediglich der erste Eintrag vergleichend gegenüber gestellt:

Auuo dowtut 1349 dt Juden dt waren gesessen
zu nudelst au/ dem platz, gingen dewser au/
nnd ad, nnd do nnser /rawen dapetten stet gin
aued ain gass an^nnd ad dtnter nnser /rawen
dtreden; nnd detfen aned dewser am Zoten-
perg.di/Mdendnrdenuerpranfa'MsantAiicios
adent anno aiz uor gesedriden stet.
(CDS 1,1, S. 25)

Anno donüni M CCC XddX /adre / waren die Ju-
den gesessen zu Nurw- / derg zuwitteist au/* dem
platz da stunnden dewser zewitteist ad unn /
ade da unnser /rawen Cappel steet / dieseid zell
derau/ unnd tn/nnder am zottenwerg das / wa-
ren als Juden dewser die Juden wurden uerpranf
an Sannd Nieiaus adennd Anno donüni 1349.
(Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 52a Nr. 54, fol. Ir)
Neben der abweichenden Jahreszahl, dem durch zell ersetzten Begriff gass und dem erläutern-
den Einschub waren aijiejs Juden dewser sowie der unterschiedlichen Stellung von Subjekt und
Prädikat im ersten Satz zeigt die Passage, wie eng die Handschriften bei den vorgegebenen
Wort- und Satzbauteilen aus ihren Vorlagen blieben.
313 CDS 1,1, Nr. 7, S. 38 (Nachricht zum Jahr 1384).
314 Vgl. CDS 1,1, Nr. 11, S. 40f.
315 Wie sich in derselben Passage zeigen lässt, lässt er jedoch nicht nur Teile aus, sondern ergänzt
etwa die Aufzählung der Truppen, außerdem schiebt er Erklärungen ein (vgl. mit CDS 1, I,
Nr. 11, S. 41, Z. 14ff.): unnd da dos uoteds at/? uit was da woedt mau sein utedt geweusfern das es un-
gedorsaw was wauu es zuwat datt was uund uit p/erd zu tod er/ruren unn das uoted woedt uor dettt tu
dem wtdntcdf Meiden/.../.
316 CDS 1,1, Nr. 11, S. 41, Z. 19-21.
317 Ebd., S.41.
 
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