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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0155

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2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

Den Anknüpfungspunkt dafür fand Meisterlin im Bericht des im Spätmit-
telalter viel rezipierten Kaiserbiographen Sueton über den Kriegszug des Tibe-
rius Nero gegen das abgefallene H)yrien A" Meisterlin zufolge habe Tiberius zu-
erst gegen die - bei Sueton freilich nicht erwähnten - Thüringer ziehen wollen,
bevor er sich gegen die weiter östlich siedelnden Völkerschaften wandte. Auf
dem Zug dorthin habe er einen markanten Felsen für den Bau eines Aussichts-
turms und eines Winterlagers gewählt und damit die Keimzelle der späteren
Burg und Stadt Nürnberg geschaffen. Durch die reichen Bauern des Umlands
als Zufluchtsort zur Sicherung ihres Habs und Guts genutzt, sei daraus rasch
ein merüc/i vcsü sc/Eo^ erwachsen, ZM bosdnrmrm die egg des römischen reic/zsV
Der juristische Status des jungen Nürnberg als autonome, aus etwaigen älteren
Besitz- und Rechtsverhältnissen heraus gelöste Gründung wird von Meisterlin
ausdrücklich her vor geh oben. Sie ergibt sich in seiner Argumentation als Privi-
legierung durch den Imperator für treue Dienste: do aber dzesd&en mzooncr des
Serien üeMdzdüg maumd den? rdmiseden Unser, erlangten sie gar dait den daiseriieden
grnnf des erfrieds an dem zaaif nndyrncdfpan zneif nmd die sfaf.^
Dieses Postulat gab Meisterlin nicht nur die Gelegenheit, die verfassungs-
rechtliche Position des zeitgenössischen Nürnbergs als freie Reichsstadt in seine
Gründungsphase zurückzuprojizieren. Selbstverständlich, so weist Schneider
hin, ging der Autor zugleich von der Kontinuität des römischen Reiches von der
Antike bis in seine Gegenwart ausA' Ein gutes Regiment dieses Reichs, so lässt
sich zu Schneider hinzufügen, konnte für den Autor nur in einer Monarchie be-
stehen: Daher beginnt seine Chronik mit einem umständlichen und auf den ers-
ten Blick zusammenhanglosen Exkurs über das Ende der römischen Republik,
während die Stadtgründung Nürnbergs im zweiten Kapitel des ersten Buches
schon in die römische Kaiserzeit datiert wird A^ Zugleich demonstrieren diese
Kapitel, dass Nürnbergs Position nicht singulär zu verstehen sei, sondern sich
in der Behauptung ihrer Legitimität auf einen Verbund weiterer Städte stützen
und sich nebenbei in ihren illustren Reigen einordnen könne. Denn das Reich
nördlich der Alpen, das Meisterlin bei seiner Schilderung zweier dem Thürin-
genzug vorangehender Germanienzüge unter Tiberius beziehungsweise unter
dessen Bruder Drusus Nero entwirft, wird schon unter den beiden Stiefsöhnen
des Octavian zur Städtelandschaft: Drusus Nero schrieb er die Gründung von
Aachen, Mainz, Metz, Speyer und Königslutter sowie die Erneuerung von Trier,
Worms und - seine CronognzplzM AMyMsUnsmm bestätigend - Augsburg zu. Ti-
berius habe nach Meisterlin vor Nürnberg bereits Regensburg gegründet.^

520 Vgl. Gaius Suetonius Tranquillus, Leben der Caesaren, eingel. und übers, von ANDRE LAM-
BERT, Zürich, Stuttgart 1955, S. 182, Kap. 16: Dank der Ausdauer des Tiberius, so resümiert
Sueton am Ende des Kapitels, habe das aufständische Illyrien wieder erobert werden können,
und das in seiner ganzen Ausdehnung von Italien bis zum Königreich Noricum, Thrakien und
Makedonien, von der Donau bis zur Adria. Vgl. SCHNEIDER, 2000b, S. 23f.
521 CDS3,VI,S.47.
522 CDS3,VI,S.45.
523 SCHNEIDER, 2000b, S. 24.
524 CDS3,VI,S.35-41.
525 Vgl. ebd.,S. 36-39.
 
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