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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0232

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2.3. Politische Dichtung und städtisches »Image'

231

Meisterlieder, so resümieren die Autoren von »Dulce bellum inexpertis« daher
plausibel, stellten Exempel aus der biblischen Vergangenheit dar, die der Ge-
genwart glichen und demnach Erklärungsmuster liefern konnten. ^ Dasselbe
gilt für die Dramen, die in Sachsens Werk nie aktuelle Themen behandelten,
jedoch trotzdem indirekt Zeitereignisse kommentieren konnten. Drei Dramati-
sierungen alttestamentlicher Erzählungen, die Sachs während der Belagerung
dichtete - zur Pestseuche, die Gott zur Bestrafung Davids über Israel schickt
(2 Sam 24,1-17), zur Belagerung Samarias (2 Kö 6,24-7,20) und zur vergeblichen
Belagerung Jerusalems durch Sanherib (2 Kö 18-19) - deutet das Autorenkol-
lektiv um Brunner daher als Reaktion auf die Kriegsereignisse in Nürnberg.^"
Auch nach dem Ende der Belagerung im Juli 1552 sollte der Markgraf frei-
lich nicht von Nürnberg und seinen fränkischen Nachbarn ablassen. Mit der
Drohung, im Kampf des Kaisers gegen Frankreich die Seiten zu wechseln,
schien er anfangs die erpressten Verträge über die durch ihn eroberten Gebiete
in Franken vor dem Reichsoberhaupt durchsetzen zu können. Doch die Bischö-
fe von Bamberg und Würzburg erhielten Hilfe vom Reichskammergericht, vor
dem Albrecht Alcibiades mehrere juristische Teilniederlagen hinnehmen muss-
te. Schließlich rief der Kaiser zur Reichshilfe gegen den renitenten Zollernfürs-
ten auf. Als am 1. Dezember 1553 die Reichsacht über ihn verhängt wurde,
war nahezu sein gesamtes Territorium bereits erobert. Am 22. Juni 1554 fiel
schließlich auch als letzter fester Ort die Plassenburg über Kutmbach A' Sachs
inszenierte diesen Triumph in seinem von dem sc/Aos zm B/assenlmrg,
datiert wenige Tage vor der Einnahme auf den 16. Juli 1554, als höhnischen Ab-
gesang auf Albrechts Macht: Im Prosadialog mit einem namenlosen Pasquillus
ringt die personifizierte Plassenburg um Argumente, die sie vor dem Schleifen
bewahren sollen.^
Apokalyptische Züge trägt schließlich eine Reimrede, die Hans Sachs im
Gedenken an diesen Krieg im Februar 1557, einen Monat nach dem Tod des
Markgrafen, verfasste. Sein satirisches GespreAi ucm der /dmd/md m%rgr%^Al-
&reddz anno 1557^ malt in dunklen Farben und Andeutungen den Abstieg des
Zollernfürsten in den Hades und in eine illustre Runde blutrünstiger Tyran-

359 Vgl. BRUNNER u. a., 2002, S. 613.
360 Vgl. ebd., S. 618-622.
361 Vgl. ebd., S. 626.
362 Hans Sachs, Werke 23, ed. VON KELLER, GoETZE, 1895, S. 46-51. Vgl. dazu THEODOR NoLTE, Der
Nachruf des Hans Sachs auf den Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulm-
bach, in: Daphnis 13,1984, S. 77-100, hier S. 83: Sachs setzte sich mit diesem Gedicht für die
Zerstörung der Burg ein, da der Befehl des Kaisers zum Zeitpunkt der Abfassung noch aus-
stand.
363 Hans Sachs, Werke 23, ed. VON KELLER, GoETZE, 1895, S. 113-121. Für eine Analyse der Reim-
rede vgl. STRAssNER, 1970, S. 240f., BRUNNER u. a., 2002, S. 632, STEFAN TRAPPEN, Das >Gesprech
von der himelfart margraff Albrechtz< des Hans Sachs. Zur Rezeption der menippeischen Sa-
tire im 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 121,
1992, S. 309-333, und vor allem NoLTE, 1984, S. 77-100: Nolte interpretiert Sachsens Gedicht
als Parodie auf die Ehrenrede, die auch um 1500 noch insbesondere in Form des Nachrufes
auf verdiente Persönlichkeiten allgemein bekannt war. Für Albrecht Achilles etwa ließen - wie
Nolte ebd., S. 98f. anführt - seine Angehörigen durch den Theologen Jacob Heerbrand einen
solchen Nachruf verfassen, der dessen frommen und gottgefälligen Tod preist.
 
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