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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0263

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262

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

das Jahr 1424, als Kaiser Sigmund die Reichskleinodien von Ofen nach Nürn-
berg überführen lies, denn die Ankunft der Reichsinsignien und hochrangigen
Reliquien war ganz offenbar Anlass für die Dichtung. Er wird im Text gleich
zu Anfang explizit thematisiert: ioet/s/Zc/z habe der Herrscher der Reichsstadt
Nürnberg den /zoc/zsfeM sc/zzzcz gesandt und anempfohtenA Schwieriger ist der
Terminus ante quem zu bestimmen: Kirchhoft setzt ihn auf 1433, in das Jahr
von Sigmunds Kaiserkrönung, da der Herrscher im dritten Vers der Sag als
Edd /(MMMg uoM VMMger/aMMdf bezeichnet wird A Die beiden Handschriften, die
die Sag überliefern, entstanden deutlich später. Der ältere Textzeuge aus dem
Augsburger Kloster St. Ulrich und Afra, heute unter der Signatur egm 466 in
der Staatsbibliothek München verwahrt, wird auf das letzte Viertel des 15. Jahr-
hunderts datiert.^ Durch Kirchhoft neu entdeckt wurde ein zweiter Textzeu-
ge, der sich in der hier bereits mehrfach erwähnten Papierhandschrift aus dem
Umkreis der Familie Tücher von 1502, heute die Handschrift Fol 86 der Anna-
Amalia-Bibliothek Weimar, befindet. Der Text der Sag folgt hier ohne größere
Absetzung oder eigenen Titel auf eine Version von Rosenplüts Fobspruch auf
Nürnberg.^ Kirchhoft schließt daraus, dass Schreiber und Feser Rosenplüts
Text und die Sag somit durchaus für einen einzigen Spruch gehalten haben
könnten, die beiden Texte aber jedenfalls nicht als grundsätzlich verschieden,
sondern als zusammengehörige Exempel desselben Genres und Gegenstandes
rezipierten.^
Damit sind wir aber nochmals zur Frage nach der Gattungseinordnung
zurückgekehrt. Der Inhalt der beiden Texte offenbart freilich signifikante Un-
terschiede: In der Sag ist das Fob Nürnbergs rückgebunden an den Preis der
Reichskleinodien, die der Autor im zeittypischen Katalogstil aufzählt und de-
ren herausragende Bedeutung er mehrfach hervorhebt. Xa/M /zoc/zw sc/zacz /Mag
gese/M, so konstatiert er etwa im neunten Vers. Nürnbergs Ruhm wird damit
konkret im Wert begründet, der der Stadt durch die Präsenz des Reliqiuien-
schatzes verliehen wird, beziehungsweise erwächst aus der Aufgabe, die ihr
mit seiner Verwahrung anvertraut wurde: Enzr /ob UMd am Zs/ wordcM prayf / Dar-
MMi& Ir &M ZzzzZZZ/ so amoirdicg/ic/U"

NMrwZvrg Zio/s/a/ (Hans Rosenplüt, Reimpaarsprüche und Lieder, ed. REICHEL, 1990, Nr. 20,
V. 336-338). Hans Sachs gibt dem Sprecher-Ich in seinem Lobspruch von 1530 einen zugereis-
ten Pcrsi/aMtcM als Begleitung und Dialogpartner (vgl. Hans Sachs, Lobspruch auf Nürnberg,
ed. Hans Sachs, Bd. 4, hg. von ADELBERT voN KELLER und EDMUND GoETZE, Stuttgart 1870 (Bi-
bliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 105), S. 189-199, hier S. 191, V. 14).
55 Sag von Nürnberg, ed. voN KELLER, 1853, S. 1168.
56 Ebd., S. 1168.
57 Bayerische Staatsbibliothek München, egm 466, fol. 110v-115r, für eine Beschreibung der
Handschrift vgl. KARIN SCHNEIDER, Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staats-
bibliothek München, egm 351-500, Wiesbaden 1973, S. 363-368.
58 Anna-Amalia-Bibliothek Weimar, Cod Fol 86, fol. 64v bis 70v und fol. 70v bis 72v.
59 Das Vorsatzblatt der Handschrift bezeichnet den Text mit Verweis auf JOHANNES DEMME, Stu-
dien über Hans Rosenplüt, Münster 1906, als »Hans Rosenpluet: Die Sag von Nürnberg«; es
handelt sich also um einen Vermerk des 20. Jahrhunderts.
60 Sag von Nürnberg, ed. voN KELLER, 1853, S. 1168, V. 6. Als Vorbild und Vorlage für die Sag ver-
weist Kirchhoff auf die »Schreizettel«, von denen der kbcahssnwMS bei den jährlichen Heiltums-
 
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