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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0306

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2.4. Nürnberg in Städtelob und Stadtbeschreibung

305

artgekündigt, die Nonm&erga solle ein pradMdzMm ei zngenn expenmen-
iMZ?z anU edzüonenz zfiMsinzkzc GernMMMe darstellend^ Dass Celtis just Nürnberg
als »Vorspiel« und Schwerpunkt einer umfassenden Deutschlandbeschreibung
wählte, ist nicht nur mit seinen engen Kontakten in die Stadt zu erklären. Die
zentrale Bedeutung Nürnbergs, ja, die geographische Zentrumslage der Stadt
darf als allgemein akzeptierte Wahrnehmung geltend^ So hatte schon Enea Sil-
vio Piccolomini Nürnberg in seiner vielrezipierten Kosmographie De Europa
ausdrücklich zn nzedioycroto German z%e - ungefähr in der Mitte Deutschlands - lo-
kalisiert.^ Nach der Meinung des Astronomen Regiomontanus bildete die Stadt
sogar tynasz cenfrnnz EMropae?^ Suggestiv finden sich diese verbalisierten »men-
tal maps« auf der Straßenkarte Mitteleuropas umgesetzt, die der Nürnberger
Kartograph Erhard Etzlaub im Einblattholzschnitt vervielfältigt als praktische
Reisehilfe schuf. Nürnberg nimmt nicht nur die Mitte der Karte ein, sondern die
Zentralortfunktion der Stadt wird auch optisch verdeutlicht durch die zahlrei-
chen Fernstraßen, die in der Stadt wie in einem Knoten zusammen taufend^
Weitere Bestätigung und Bekräftigung sollten diese Vorstellungen dadurch
erfahren, dass mit Schedel und Celtis einsetzend Nürnberg zum zentralen Ort
wurde, an dem deutsche Humanisten in der Nachfolge Piccolominis den Na-
tionen-Diskurs entdeckten und propagierten. Von der »Germanozentrik« des
Ef&er C/mmzezzzmm wie auch von Schedels Spätwerk, dem Ef&er ATzfztyMzhzhzm,
war bereits die Rede, ebenso von seinem entscheidenden Vorbild, der 1479 ge-
druckten iMz% zHMsbrzhz des Flavio Biondo, die nach Muhlack als »Urbild einer
geographisch-historischen Landeskunde« zu bezeichnen ist.^ Der Plan für ein
analog als Gczmzzzzizzz (EüsfraEz betiteltes Werk reifte in Celtis in den Jahren 1491

250 Conrad Celtis, Non'wivrga, ed. WERMiNGnoFF, 1921, S. 105.
251 Vgl. dazu NEUHAus, 2002, S. 20, und ROBERT, 2003, S. 408f.
252 Enea Silvio Piccolomini, De Europa, ed. VAN HECK, 2001, S. 157.
253 Regiomontanus, Brief an Christian Roder, ed. MAXIMILIAN CuRTZE (Hg.), Urkunden zur Ge-
schichte der Mathematik im Mittelalter und der Renaissance. Erster Theil: Abhandlungen zur
Geschichte der Mathematischen Wissenschaften mit Einschluss ihrer Anwendungen, H. 12,
Leipzig 1902, S. 324—336, hier S. 327. Nürnberg war seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bis
in das 16. Jahrhundert eines der bedeutendsten Zentren für Geographie und Astronomie in
Deutschland. Regiomontan als einer der wichtigsten Vertreter dieser Disziplinen wählte die
Stadt nach eigenen Worten als Wohnsitz, weil hier die besten wissenschaftlichen Geräte pro-
duziert würden und Nürnberg optimale Voraussetzungen für den Diskurs mit anderen Ge-
lehrten biete, vgl. MiEDEMA, 2001, S. 53.
254 Für eine Abbildung vgl. BRUNNER, 2001, S. 44f., s. dazu oben Kap. 1.3; zur Rezeption von
Etzlaubs Karten vgl. MiEDEMA, 2001, S. 71. Neben Etzlaubs Karte hat ROBERT, 2003, S. 408f.,
auch auf die dem E;Nr OiroiüdirMiw beigefügte Deutschlandkarte des Hieronymus Münzer
aufmerksam gemacht, auf der Nürnberg ebenfalls ins Zentrum gerückt ist.
255 ULRICH MuHLACK, Das Projekt der GerwMMä? DMSfnzU. Ein Paradigma der Diffusion des Hu-
manismus?, in: Diffusion des Humanismus. Studien zur nationalen Geschichtsschreibung eu-
ropäischer Humanisten, hg. von JOHANNES HELMRATH, ULRICH MUHLACK und GERRIT WALTER,
Göttingen 2002, S. 142-158, hier S. 149, vgl. auch ebd., S. 152-154: Muhlack charakterisiert das
Projekt der GerwMMä? lÜMSfrak? sowohl als »Dublette italienischer Muster« als auch im gleichen
Moment als ihr »Gegenstück«, da die deutschen Humanisten »ihre antiitalienische Tendenz
mit italienischen Argumenten« verfolgten. Das Projekt sei zu verstehen als »Akt der natio-
nalen Selbstbehauptung des deutschen gegenüber dem italienischen Humanismus« (ebd.,
S. 157). Vgl. dazu auch ausführlich DERS., 1991, S. 199-219, zu Celtis bes. S. 210-218.
 
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