Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0307

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
306

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

bis 1495, als der Dichter zwischen Ingolstadt, wo er als Dozent an der Univer-
sität tätig war, und Nürnberg pendelte.^ Als eigentliches »Gründungsdoku-
ment« des Projekts ist seine Antrittsrede in Ingolstadt vom 31. August 1492 zu
sehend Darin hatte er betont, wie schädlich es für die Deutschen sei, den an-
tiken Land- und Sittenschilderungen der Germania durch Griechen und Römer
nichts aus eigener Kenntnis an die Seite stellen zu können. Dass er sich selbst
eine solche Aufgabe zutraute, zeigt ein auf den 30. November 1493 datierter
Vertragsentwurf zwischen Celtis und dem Herausgeber des Schedelschen Liber
Ciircmicarnm, Sebald Schreyer. Er belegt, dass der Initiator und Finanzier der
Weltchronik mit ihrer sich abzeichnenden Endgestalt nicht zufrieden gewesen
sein musste: Noch vor deren Erscheinen vereinbarte er nämlich eine gründli-
che Überarbeitung - doch nicht mit Hartmann Schedel, sondern mit Conrad
Celtis.^
Der Liber CbrcmicarMm sollte in einen anderen Jbrm gebracht werden, was sich
nach Joachimsohn auf stilistische Änderungen durch den im klassisch-antiken
Latein geschulten Celtis beziehen muss. Doch der Auftrag ging noch weiter:
Celtis solle auch ein nezee Lnropa verfassen - die des Piccolomini wurde also
nun als antiquiert und unvollständig erachtet - nnd annders darczn gehörig.^
Damit war das Projekt beschlossen, von dem Celtis in der Zukunft immer
wieder als Germania idnsiraia sprechen sollte. Wie wichtig ihm diese Pläne bis
zu seinem Tod bleiben sollten, zeigt sein Sterbebild, das er selbst bereits von
Krankheit gezeichnet 1507 bei dem Augsburger Bildschneider Hans Burgkmair
in Auftrag gab. Das Porträt zeigt Celtis als Halbfigur, den Arm auf Bücher ge-
stützt, die vor ihm auf dem Tisch liegen. Obenauf ruht ein Codex, der auf dem
Buchschnitt als Gar. bdusL bezeichnet isW - und das, obwohl dieses Werk nie
zur Ausführung kam.
Celtis sprach zwar immer wieder von der Germania zdnsfrafa. Vorlegen
konnte er neben der Norzmberga jedoch nur zwei weitere »Vorarbeiten«, die bei-
de ebenfalls in der »Gesamtausgabe« von 1502 gedruckt wurden. Einerseits
handelt es sich um die Germania generaiis, eine Versdichtung, die er dem von
ihm um 1500 besorgten Druck der taciteischen Germania als zeitgenössische
Ergänzung beigefügt hatte, um diese sozusagen auf den neuesten Forschungs-
stand zu bringen.^' In der Fassung von 1502 stellte er ihr eine Widmung an
Kaiser Maximilian I. voran, mit dem Wunsch, die kurze Dichtung möge diesem

256 Vgl. JoACHiMsoHN, 1910, S. 155.
257 Ed. Conrad Celtis, Oratio in gymnasio in Ingelstadio publice redtata, in: Humanismus und
Renaissance in den deutschen Städten und an den Universitäten, hg. von HANS RuppRiCH,
Leipzig 1935 (Deutsche Literatur, Humanismus und Renaissance 2), S. 239-267. Vgl. JoACHiM-
soHN, 1910, S. 155; MuHLAcx, 2002, S. 148; ROBERT, 2003, S. 128-143 und S. 375-377.
258 Vgl. KuGLER, 2000, S. 105, MÜLLER, 2001, S. 293, SrAUBER, 2002, S. 182f.
259 Ed. EnsABETH RÜCKER, Die Schedelsche Weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürer-
Zeit. Mit einem Katalog der Städteansichten, München 1973, S. 138f. (Neuauflage der Mo-
nographie mit geringfügigen Änderungen unter dem Titel: Hartmann Schedels Weltchronik.
Das größte Buchunternehmen der Dürer-Zeit, München 1988).
260 Abb. vgl. etwa MiEDEMA, 2001, S. 66, Abb. 1, s. dazu ebd., S. 65, und LuH, 2001, S. 282-292.
261 Conrad Celtis, Geu?M?iL gCMcrah's, ed. und übers. MÜLLER, 2001, S. 90-109; vgl. auch LuH, 2001,
S.404-412.
 
Annotationen