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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0313

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312

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

weg negativ beurteilt worden. Joachimsohn, dem die ausführlichste und in-
struktivste Analyse ihres Inhalts und ihrer Entstehungsgeschichte zu verdan-
ken ist, charakterisiert sie als abenteuerliche Kompilation von angelesenem wie
auch im Gespräch erhaschtem Wissen.^ In der Zwischenzeit hatte ein anderer
Gelehrter längst einen zukunftsweisenderen Weg beschritten. Nach Jahrzehnten
der Vorbereitung erschien 1544 in Basel die erste Ausgabe der Kosmographie
von Sebastian Münster, zuerst auf Deutsch, dann auf Fat ein.^ Mit 46 Auflagen
in sechs Sprachen sollte das Handbuch das erfolgreichste Werk des 16. Jahr-
hunderts werden und ein Geographieverständnis prägen, das für alle nachfol-
genden Werke bestimmend wurde. Wie schon bei Schedel im Über Cdrcm/carum
sah Münster Geschichte und Raum eng miteinander verbunden. Er entschied
sich allerdings nicht für eine chronologische, sondern für eine geographische
Ordnung seines Stoffs. Für die Recherche und Materialsammlung gelang es
ihm, ein großes Heer an Mitarbeitern zu rekrutieren.
Die Arbeiten des Conrad Celtis blieben - wie schon Joachimsohn 1910 fest-
stellte - für Münster ohne Modellcharakter. Das gesamte Nürnberger »Zitier-
kartell« muss er, wie sich am Beispiel seiner Nürnberg-Beschreibung zeigen
lässt, nicht gekannt oder aber offensichtlich gescheut haben. Zwar lässt auch
er seine Beschreibung mit dem altbekannten Unfruchtbarkeitstopos beginnen:
Dan so sie mit dem etdncd nädds mögen an/aöen / sc/dagen sie jre spitzige oernnn^t
dessfer ^ieissiger an^ snideiie men± unn /dinsten.^ Im Folgenden entwickelt er
jedoch einen völlig eigenständigen Text; dies ist umso erstaunlicher, als ihn
diese Schilderungen als außergewöhnlich gut informiert ausweisen: Zuerst be-
schreibt er knapp den Wald, der ursprünglich wild wuchernd die gesamte Re-
gion bedeckt habe, nun aber als domestizierter grüner Gürtel um die Stadt liege.
Dann verfolgt er die Flussläufe von Regnitz und Pegnitz von ihren Quellen bis
zu ihrem Zusammenfluss und referiert die Tdstonim von den gescheiterten Plä-
nen Karls des Großen, einen schiffbaren Kanal zwischen Rhein und Donau zu
graben.^ Ahm domm zed mzder azi^Nduzdcrg, verkündet der Autor zwar, spricht
dann jedoch lediglich über die Burg der Stadt: Errichtet worden sei sie zum
Schutz der heimischen Bevölkerung vor den Hunneneinfällen. Da die Siedlung
jedoch on dezvseda/i und gosäzf gegründet und daher bald von mördzm und razi-
den bewohnt worden sei, habe Kaiser Konrad im 10. Jahrhundert die Initiative
ergriffen und die die Stadt zmder das Rdmzscd mied draedf; seither würde man

286 Vgl.ebd.,S.177.
287 Im Folgenden zitiert nach Sebastian Münster, Cosmographei oder beschreibung aller län-
der, herschafften, fürnemsten stetten, geschichten, gebreüchen, hantierungen ec, 3. durch den
Autor verb. Aufl. Basel 1550, zit. nach dem Exemplar der Universitätsbibliothek Heidelberg,
A 219 B Folio RES. Vgl. CLAus PRiESNER, Art. Münster, Sebastian, in: Neue Deutsche Biogra-
phie, Bd. 18, Berlin 1997, S. 539-541; WoLFGANG SCHMALE, Sebastian Münster (1488-1552),
in: Europa-Historiker. Ein biographisches Handbuch, Bd. 1, hg. von HEINZ DucHHARDT,
MALGORZATA MORAWIEC, WOLFGANG SCHMALE Und WINFRIED SCHULZE, Göttingen 2006, S. 29-
50.
288 Sebastian Münster, CoswograpZid, Universitätsbibliothek Heidelberg, A 219 B Folio RES,
S. deexd.
289 Ebd., S. dccxci-dccxcij.
 
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