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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0354

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3.2. Außere Gefahren

353

Antonio schloss sich damit der prostädtischen Meinung auf die gewaltsa-
men Übergriffe an, wie sie in der politischen Dichtung aus städtischer Perspek-
tive noch weitaus schärfer formuliert wurde."" Die prostädtischen Texte inkri-
minieren die adligen Aggressoren, die den Frieden und den Wohlstand der
Nürnberger bedrohen, zu gemeinen Räubern, Erpressern und Mördern, über
die 77MHc/ier N&vomn - viele rechtschaffene Bürger - zu klagen habeü Die In-
tervention der Stadt, deren generelle und grundsätzliche Friedensliebe heraus-
gestellt wird, ist damit gerechtfertigt als Notwehr. De jure war das Fehderecht
schließlich auch längst abgeschafft, zeitlich unbefristet und reichsweit gültig
seit dem Ewigen Reichslandfrieden, der auf dem Wormser Reichstag 1495 als
Reichsgesetz erlassen worden warü
Dessen ungeachtet schildern die antistädtischen Texte die Gewalttäter als
Kriegsführende, ja selbst als Opfer, die zur Durchsetzung ihrer berechtigten
Ansprüche zum Gewohnheitsrecht der gewaltsamen Selbsthilfe greifen. Ag-
gressorin ist aus ihrer Perspektive also die Reichsstadt, die die althergebrach-
ten Gesellschafts- und Machtstrukturen bedroht. Als weiteres Beispiel neben
der politischen Dichtung seien hierfür die von Fudwig von Eyb dem Jünge-
ren 1507 fertig gestellten »Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg«
angeführt, eine großangelegte Biographie eines (mit Fudwig verschwägerten)
fränkischen Adligen im Dienst von Kaisern und Fürsten, die den Zeitraum der
Jahre 1468 bis 1505 umfasst.^ Nürnberg wird darin nicht im Zusammenhang
mit fränkischen Ereignissen erwähnt. Die Passage über die Stadt ist vielmehr
als Exkurs eingeschaltet anlässlich des Berichts über die Belagerung des auf-
ständischen Gent 1492, an der Wilwolt als yüYZÜzyw M&er nüszg Mnd
im Auftrag Maximilians I. teilgenommen hatte 7° Breit schildert der

16 Vgl. Kap. 2.3.1.
17 Zitat aus einem anonymen Lied über den Placker Sebastian von Seckendorf, datiert auf 1512,
ed. Lil. 3, Nr. 265, S. 61. S. auch in Hans Pecks Lied über den Nürnberger Kriegszug gegen zwei
im Jahr 1502 die Signalworte pi&ricMf und arme gemeine, ed. Lil. 2, Nr. 223, Str. 4,
V. 3; Str. 17, V. 5; Str. 18, V. 3.
18 Vgl. PAUL G. SCHMIDT, Art. Reichslandfrieden, Ewiger, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7,
München 1995, Sp. 630; HEINZ ANGERMEiER, Königtum und Landfriede im deutschen Spät-
mittelalter, München 1966, bes. Kap. IV und V. Nach Reinhard Seyboth ist die Vehemenz der
Übergriffe ab den späten neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts geradezu als Reaktion des
Adels auf die Einführung des Ewigen Reichslandfriedens zu verstehen, vgl. REINHARD SEY-
BOTH, »Raubritter« und Landesherren. Zum Problem territorialer Friedenswahrung im späten
Mittelalter am Beispiel der Markgrafen von Ansbach-Kulmbach, in: »Raubritter« oder »Recht-
schaffene vom Adel«? Aspekte von Politik, Friede und Recht im späten Mittelalter, hg. von
KuRT ANDERMANN, Sigmaringen 1997 (Oberrheinische Studien 14), S. 115-132, hier S. 121.
19 Vgl. HELGARD ULMSCHNEiDER, Art. Ludwig von Eyb d. J. zum Hartenstein, in: Verfasserlexi-
kon, Bd. 5, 2. Aufl. Berlin, New York 1985, Sp. 1006-1015, hier Sp. 1009-1011.
20 Die Geschichten und Taten Wilwolts von Schaumburg, hg. von ADELBERT voN KELLER, Stuttgart
1859 (Bibliothek des Literarischen Vereins Stuttgart 50), S. 106. Eine neue Edition des Werks
ist durch Helgard Ulmschneider angekündigt; für diesen Hinweis bin ich Sven Rabeler, Kiel,
zu herzlichem Dank verpflichtet. Vgl. SvEN RABELER, Niederadlige Lebensformen im späten
Mittelalter. Wilwolt von Schaumberg (um 1450-1510) und Ludwig von Eyb d.J. (1450-1521),
Würzburg 2006 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte IX: Darstel-
lungen aus der fränkischen Geschichte 53), zu den Ereignisse um das aufständische Gent vgl.
S. 190-199; überraschenderweise gelangte die ältere der beiden Handschriftenzeugen unter
 
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