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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0357

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356

3. Goldene Zeit oder Krisenzeit?

Jahren 1449/50: Als Schlüsselerlebnis der Reichsstadt in diesen Konflikten muss
er als zentraler Auslöser für die Entstehung und Rezeption »identitätsstiften-
der« Texte in Nürnberg gelten.
Die Impulse, die von ihm ausgingen, wurden im Kapitel 2.2.2. bereits am
Beispiel des mit dem Namen des Nürnberger Kriegsherren Erhärt Schür stab
verbundenen »Kriegsberichts« erwiesen, einer äußerst heterogenen Sammlung
von Schriftstücken. Die darin inserierten Kriegsordnungen und Versorgungs-
listen wurden zweifelsfrei dazu zusammengetragen und aufgehoben, als »Ka-
tastrophenplan« für zukünftige Ernstfälle zu dienen. Doch in Schürstabs Kon-
glomerat wurden auch beschreibende Texte aufgenommen, die als Zeugnis-
se für ein historiographisches Interesse an diesen Ereignissen gelten müssen.
Deutlich wurde dies vor allem an der Berichterstattung über den triumpha-
len Sieg der reichsstädtischen Truppen in der Schlacht an den Pillenreuther
Weihern, der in der Überlieferung des »Kriegsberichts« in zwei verschiede-
nen Fassungen kursierte. Die erzählerische Ausgestaltung, die der Text in der
zweiten Version erfuhr und die mit der sonst nüchternen Dokumentation des
»Kriegsberichts« insgesamt bricht, lässt das identitätsstiftende Potential dieser
Ereignisse nachvollziehen. Der hohe Symbolwert der Schlacht lässt sich außer-
dem daran ablesen, dass sich gleich vier politische Dichtungen erhalten haben,
in denen dieser Triumph der Nürnberger mit besonderer Freude, ja Häme aus-
gekostet wurdet Damit ist die Schlacht das meist beschriebene Ereignis des
gesamten süddeutschen Städtekriegs.
Die Bedeutung, die der Schlacht an den Pillenreuther Weihern zugeschrie-
ben wurde, lässt sich schließlich auch an den Notizen ablesen, die in der anna-
listischen »Szene« kursierten.^ Die Edition in den Chroniken der deutschen
Städte trug auf drei Seiten Passagen zum Markgrafenkrieg zusammen, die sich
in Heinrich Deichslers Chronikkompilation an verschiedenen Stellen fanden.
Die Pillenreuther Schlacht ist das einzige Ereignis, das er einer eigenständigen
Beschreibung würdigt.^ An anderer Stelle suggeriert seine Wortwahl sogar
die - historisch nicht hattbare ' - Vorstellung, das Pillenreuther Gefecht stelle
die entscheidende Begegnung dar, die den ein Jahr lang währenden Krieg be-

28 Vgl. Kap. 2.3.3.
29 Vgl. CDS 4, XI, S. 174—177. Vgl. auch die Beschreibung der Schlacht an den Pillenreuther Wei-
hern innerhalb des umfangreichen Berichts über den gesamten Markgrafenkrieg bei dem
Augsburger Chronisten Burkard Zink, ed. Chronik des Burkard Zink, 1368-1468, hg. von
F. FRENSDORFF, in: Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 2, hg. von C[ARL]
HEGEL, 2. unveränd. Aufl., Göttingen 1965 (Die Chroniken der deutschen Städte 5), IV S. 1-330,
hier S. 193.
30 Jahrbücher des 15. Jahrhunderts, hier nach Deichslers Handschrift mit der Sigle I, ed. CDS 4,
XI, S. 177: Pem 1450 Jar an sauf Gregorgen odenf in der onsfen des morgens /rde da wod marcdgra/
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capein zn Nnrmderg. Vgl. auch ebd., Artm. 7: Die Banner wurden Ende des Jahres 1453 abge-
nommen, weshalb die zitierte Stelle demnach vor dieser Zeit entstanden sein muss.
31 HlRSCHMANN, 1971, S. 118.
 
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