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Haeberli, Simone; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der jüdische Gelehrte im Mittelalter: christliche Imaginationen zwischen Idealisierung und Dämonisierung — Mittelalter-Forschungen, Band 32: Ostfildern, 2010

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34910#0056

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1.5 Auswirkungen auf die Darstellung der Juden

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und uon dem (z?ngü szf
diu reine ?nagei uz erkorn
sanctd Marzd warf eekorn
diu den keiser aiier en^ei sckar
ndck der znez'nsckez't eeker.
Vom gottesfürchtigen und daher gerechten Jaddus wird eine direkte Linie zu König
David und von ihm zur Gottesmutter Maria gezogen. Das ehrwürdige Alte ist so mit
dem Neuen, Endgültigen untrennbar verbunden.
Die großen Figuren des Alten Testaments gehören auch für einen mittelalterlichen
Christen sehr wohl zum Volk der Auserwählten, die keinesfalls mit den Heiden gleich-
zusetzen sind/"" Allerdings werden gläubige Israeliten in der theologischen wie auch
in der literarischen Darstellung häufig nicht als Israeliten oder Juden verstanden, son-
dern zu Protochristen gemacht. Da sie im christlichen Verständnis als Realprophetien
auf das kommende Heil hinweisen, werden sie häufig so dargestellt, als erfassten sie
den gesamten göttlichen Heilsplan bereits zu ihrer Zeit/"' Die christliche Vorstellung,
dass die Israeliten nicht nur Teil des Heilsplans Gottes sind, sondern in diesen auch
eingeweiht sind, macht das folgende - für heutige Rezipienten völlig anachronistische
- Glaubensbekenntnis der drei Jünglinge im Feuerofen möglich. In diesem Bibelgedicht
aus dem frühen 12. Jahrhundert sprechen die drei Gläubigen mutig zu Nebukadnezar,
der von ihnen die Anbetung seiner Götter verlangt:
>dz'nrz zzkgof stuf rzn^zknzn;
wir giioM&in ani den Crz'sf,
der ^isdrn/Ndiz daz dir ist,
der dir kiz werdin
den kiznii j'ock di erdin [...].<
Es ist für einen mittelalterlichen Autor keine Vermischung der Zeitebenen, wenn sich alt-
testamentliche Figuren zu Christus bekennen und ihn als den alleinigen Schöpfergott

Rudolf von Ems, Alexander. Ein höfischer Versroman des 13. Jahrhunderts, hg. von Victor
Junk, Erster Teil, Leipzig 1928, V. 8786-8802.
Vgl. das anonyme Gedicht >Die drei Jünglinge im Feuerofem, hg. von Werner Schröder, in:
Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Abhandlungen der geistes- und sozial wis-
senschaftlichen Klasse Nr. 5 (1976), S. 40ff., hier: S. 40: V. 1-8: c yot yz'korz'zz wzzrdz, / do wz'it er
aiier dz'rrz weridz. / daz izzt was kez'dz'zz / zzzzdz was dock zzzzdz'rsckez'dz'zz. / dar zzzzdz'r warn: / die dir nozz
^ot iarz'zz; / daz warz'zz die kerrz'zz, / die ^zztz'zz ksrakeiz'zz.
Als Beispiel aus der Theologie vgl. den Commentarius Cantabrigiensis in Epistola Pauli e
schola Petri Abaelardi, hg. von Artur Landgraf, Indiana 1939, Bd. 2: In Epistolam Ilam ad Co-
rinthos, S. 278. Hier wird das Problem, dass der heilige Mann Moses den Juden ein Gesetz
gegeben hatte, das sie nicht gerecht zu machen vermochte, auf interessante Weise gelöst:
Moz/ses ezzz'az, zpzz koazo spz'rz'taiz's erat, zzozz soizzaz ie^eaz ad kz'storz'aaz z'zzteiiz'^ekat, sed etz'aaz azz'stz'ce.
Et czzaz neiaazezz z'zzterposz'tzzaz esset, popzzizzs z'iiaaz ciarz'tateaz zzozz uz'dekat, zpzz' zzz'ckz'i ad zzzz'sterz'zzaz per-
cz'pz'ekat. Moz/ses taazezz zzz'ckz'ioazz'zzzzs z'zzter se et neiaazezz ciarz'tateaz kakekat, zpzz apzzd se spz'rz'taieaz
z'zztciiz'yczztz'azzz icyz's kakzzz't. Moses war somit in der Lage, hinter den Schleier zu blicken.
Vgl. bspw. Justinian, De hebraeis, in: Corpus Iuris civilis, Bd. 3: Novellae, hg. von Rudolf
Schoell, Berlin H963, S. 715f.: z/zzod czzaz azzzito azztz'zpzz'ores essezzt saizztarz apparatz'ozze aza^zzz dez et
sernatorz's zzostrz keszz Ckrz'stz taazezz eaazyzztzzrazzz z/zzasz oczziz's nz'dezztes sacrorzzaz iz'krorzzaz tradz'tz'ozzeaz
pez^ecerzzzzt, taazzpzaaz propketz'ca ^ratz'a eos z'iizzstrare?
Die drei Jünglinge im Feuerofen, S. 41: V. 50-54.
 
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