11.3 Kleriker sprechen über jüdische Gelehrsamkeit
77
eine Kritik der christlichen Haltung gegenüber Bildung und ein Lob der entsprechend
anders gelagerten jüdischen Einstellung. Das schwer zu greifende Zitat sei hier in
voller Länge wiedergegeben:
Zwo »ebnczbe in bz'scz'pbna« etc. Ebbe esf, pzzob z'zzbez nos wniünn pos-
snni az^zzezx', sz'cnt beatns /eronbnns bz'cz't super z'buzn bzczzzzz, nhi & Su-
sanne bz'cz'tur [Dan 13,3]: >Ef parentes eins, cuzn essen f z'usb, erzzbz-
erzznf /z'bazn suazn secunbuzn leyezu Moysz'.<'^ Qnia ebrz'sbanz, si^i'iios
suos erubz'unt, non^aczunf propfer Deuzn, seb propfer bzcruza, ut uz'be-
bcet /rafer, si ciericns /uerb, z'zzuef pafrezn ei znafrezn ei abos faires.
Dicnni enhn, z^uz'a ciericns sine berede erii, ei, ^uz'c^uz'b babebii,
nostruzn erii ei aboruzn/rafruzn. Ei andern saiis erii ei nzjgra capa, in z^ua
eai ad ecc/esz'azn, ei suuzn superpebz'cuzn. /ndei uero zeio Dei ei aznore ie-
^is, ^noi^noi babeni/dios, ad iiiieras ponnni, ni /e^ezn Dei nnnspnispne
iniebzjgai. De ^nibns, cuzn dicai aposioins [Rom 10,1]>obsecraiio znea
pro bbs ad Deuzn in sainienn, snpponii: >perbibeo ennn ibis iesinnoni-
uzn, z^uz'a znaynuzn ^emorem babeni in Deuzn, eisi non secnndrnn scz'en-
b'azn.< fndens ennn, ^nanin/ncn/n^ne panper, ebaznsz becezn baberei/ib-
os, oznnes ad biieras tniiierei non propier /ucruzn, sicni cbrisiiani, sed
propier /e^ezn Dei bbebzyenbazu, ei non soin/n/ibos, sed ei^i'bas. ^
Der Anonymus ist nicht der erste, der diese Bibelstelle im Zusammenhang mit der
Ausbildung der Kinder verwendet. Vielmehr hat sie als Argument für die Frauenbil-
dung im Mittelalter bereits Tradition. Abaelard selbst (1079-1142), der Lehrer und Mei-
ster des Anonymus, greift auf sie zurück, um die Nonnen des Paraklet und Heloise, die
Abtissin dieser Kongregation, zum Studium der drei heiligen Sprachen zu ermutigen.
Wie sein Schüler im obigen Zitat verweist auch Abaelard zur Autorisierung der Frau-
enbildung auf den Kirchenvater Hieronymus, der die Stelle bei Daniel als erster so aus-
legte:^
Quezn zpbbezu in Dan Die iocn/n ipso Jeronz'znus exponens z'bub pzzob bz'c-
bnn esb >Parenfes ibins cuzn esseni insb, erubz'erunf Jbz'azn suazn < eie.,
in exortacz'onz's coznpefenfer assn/nens occasz'onezn ab: >Hoc zbenbuzu esi
tesb'znonz'o ab exozbacz'onezn parentuzn ni boceani pnxia ieye/n Dei ser-
znonezn^ue bzbz'nuzn non sobzzn^z'b'os, seb ei^i'bas snas.< [...] Ex zyuo
Dan 13,3: »Auch ihre Eltern waren gerecht und hatten ihre Tochter nach dem Gesetz des Mo-
se erzogen.« Im lateinischen Text besteht allerdings durch die Verbindung von Gerechtsein
und Ausbildung mit czzzzz ein stärkerer logischer Bezug als im deutschen.
Der Verfasser scheint hier aus dem Gedächtnis zu zitieren; Röm 10,1-4: »Brüder, ich wün-
sche von ganzem Herzen und bete zu Gott, dass sie gerettet werden. Denn ich bezeuge ih-
nen, dass sie Eifer haben für Gott; aber es ist ein Eifer ohne Erkenntnis. Da sie die Gerechtig-
keit Gottes verkannten und ihre eigene aufrichten wollten, haben sie sich der Gerechtigkeit
Gottes nicht unterworfen.«
Commentarius cantabrigiensis in epistola Pauli e schola Petri Abaelardi, hg. von Arthur
Landgraf, Indiana 1937, S. 433f. Sehr ähnlich, aber weniger ausführlich bereits in Abaelards
Predigt 29, in: PL 178, Sp. 557A: Tazzfo zpzz'ppe ardore ie^ezzz azzzpiecfzzzzfzzr, zzf zpzz'shhef eorzzzzz zyzzazz-
Ezzzzczzzzzzpze pazzper zpzohpzof EaEeafbz'bos, zzezzzz'zzezzz dzbz'zzas hberas z)pzoz*az*e pez*zzzzbab
Hieronymus, Commentarium in Danielen! XIII,3 (= CChr SL 75A), S. 945: Hoc zzfezzdzzzzz esf
fesbzzzozzz'o ad exbozdahozzezzz pazvzzhzzzz; zzf doceazzf z'zzxfa ie^ezzz Dez serzzzozzezzzzpze dzbz'zzzzzzz zzozz sobzzzz
bz'bos sed etyzEas szzas.
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eine Kritik der christlichen Haltung gegenüber Bildung und ein Lob der entsprechend
anders gelagerten jüdischen Einstellung. Das schwer zu greifende Zitat sei hier in
voller Länge wiedergegeben:
Zwo »ebnczbe in bz'scz'pbna« etc. Ebbe esf, pzzob z'zzbez nos wniünn pos-
snni az^zzezx', sz'cnt beatns /eronbnns bz'cz't super z'buzn bzczzzzz, nhi & Su-
sanne bz'cz'tur [Dan 13,3]: >Ef parentes eins, cuzn essen f z'usb, erzzbz-
erzznf /z'bazn suazn secunbuzn leyezu Moysz'.<'^ Qnia ebrz'sbanz, si^i'iios
suos erubz'unt, non^aczunf propfer Deuzn, seb propfer bzcruza, ut uz'be-
bcet /rafer, si ciericns /uerb, z'zzuef pafrezn ei znafrezn ei abos faires.
Dicnni enhn, z^uz'a ciericns sine berede erii, ei, ^uz'c^uz'b babebii,
nostruzn erii ei aboruzn/rafruzn. Ei andern saiis erii ei nzjgra capa, in z^ua
eai ad ecc/esz'azn, ei suuzn superpebz'cuzn. /ndei uero zeio Dei ei aznore ie-
^is, ^noi^noi babeni/dios, ad iiiieras ponnni, ni /e^ezn Dei nnnspnispne
iniebzjgai. De ^nibns, cuzn dicai aposioins [Rom 10,1]>obsecraiio znea
pro bbs ad Deuzn in sainienn, snpponii: >perbibeo ennn ibis iesinnoni-
uzn, z^uz'a znaynuzn ^emorem babeni in Deuzn, eisi non secnndrnn scz'en-
b'azn.< fndens ennn, ^nanin/ncn/n^ne panper, ebaznsz becezn baberei/ib-
os, oznnes ad biieras tniiierei non propier /ucruzn, sicni cbrisiiani, sed
propier /e^ezn Dei bbebzyenbazu, ei non soin/n/ibos, sed ei^i'bas. ^
Der Anonymus ist nicht der erste, der diese Bibelstelle im Zusammenhang mit der
Ausbildung der Kinder verwendet. Vielmehr hat sie als Argument für die Frauenbil-
dung im Mittelalter bereits Tradition. Abaelard selbst (1079-1142), der Lehrer und Mei-
ster des Anonymus, greift auf sie zurück, um die Nonnen des Paraklet und Heloise, die
Abtissin dieser Kongregation, zum Studium der drei heiligen Sprachen zu ermutigen.
Wie sein Schüler im obigen Zitat verweist auch Abaelard zur Autorisierung der Frau-
enbildung auf den Kirchenvater Hieronymus, der die Stelle bei Daniel als erster so aus-
legte:^
Quezn zpbbezu in Dan Die iocn/n ipso Jeronz'znus exponens z'bub pzzob bz'c-
bnn esb >Parenfes ibins cuzn esseni insb, erubz'erunf Jbz'azn suazn < eie.,
in exortacz'onz's coznpefenfer assn/nens occasz'onezn ab: >Hoc zbenbuzu esi
tesb'znonz'o ab exozbacz'onezn parentuzn ni boceani pnxia ieye/n Dei ser-
znonezn^ue bzbz'nuzn non sobzzn^z'b'os, seb ei^i'bas snas.< [...] Ex zyuo
Dan 13,3: »Auch ihre Eltern waren gerecht und hatten ihre Tochter nach dem Gesetz des Mo-
se erzogen.« Im lateinischen Text besteht allerdings durch die Verbindung von Gerechtsein
und Ausbildung mit czzzzz ein stärkerer logischer Bezug als im deutschen.
Der Verfasser scheint hier aus dem Gedächtnis zu zitieren; Röm 10,1-4: »Brüder, ich wün-
sche von ganzem Herzen und bete zu Gott, dass sie gerettet werden. Denn ich bezeuge ih-
nen, dass sie Eifer haben für Gott; aber es ist ein Eifer ohne Erkenntnis. Da sie die Gerechtig-
keit Gottes verkannten und ihre eigene aufrichten wollten, haben sie sich der Gerechtigkeit
Gottes nicht unterworfen.«
Commentarius cantabrigiensis in epistola Pauli e schola Petri Abaelardi, hg. von Arthur
Landgraf, Indiana 1937, S. 433f. Sehr ähnlich, aber weniger ausführlich bereits in Abaelards
Predigt 29, in: PL 178, Sp. 557A: Tazzfo zpzz'ppe ardore ie^ezzz azzzpiecfzzzzfzzr, zzf zpzz'shhef eorzzzzz zyzzazz-
Ezzzzczzzzzzpze pazzper zpzohpzof EaEeafbz'bos, zzezzzz'zzezzz dzbz'zzas hberas z)pzoz*az*e pez*zzzzbab
Hieronymus, Commentarium in Danielen! XIII,3 (= CChr SL 75A), S. 945: Hoc zzfezzdzzzzz esf
fesbzzzozzz'o ad exbozdahozzezzz pazvzzhzzzz; zzf doceazzf z'zzxfa ie^ezzz Dez serzzzozzezzzzpze dzbz'zzzzzzz zzozz sobzzzz
bz'bos sed etyzEas szzas.