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Haeberli, Simone; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der jüdische Gelehrte im Mittelalter: christliche Imaginationen zwischen Idealisierung und Dämonisierung — Mittelalter-Forschungen, Band 32: Ostfildern, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.34910#0117

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II. Christliches Sprechen über jüdische Gelehrte

Vorgänger getan hatten (und die er aus Hieronymus kennen kann), sondern baut in
seiner Historia Scholastica auch eine jüdische Autorität ein, nämlich Rabbi Moses ben
Maimon (Maimonides oder Rambam, 1138-1204), einer der bedeutendsten jüdischen
Gelehrten des Mittelalters.^
Auch eine Generation nach Petrus Comestor führen Gelehrte wie Petrus Cantor (um
1130-1197),'^ Herbert von Bosham (Lebensdaten unbekannt, 12. Jahrhundert) und Ste-
phanus Langton (um 1150-1228), die alle während einer gewissen Zeit ihres Lebens in
Paris tätig waren, die Tradition des (mehrheitlich) anonymen Zitierens von zeitgenössi-
schen Jzzdez, raMn'nz nosfn oder zzMgisfn hchrcomm fort. Sie fügen jüdische Lehrmeinun-
gen in ihre Kommentare ein und verweisen aus den bereits besprochenen Gründen
dabei auf die Gelehrsamkeit ihrer Gewährsmänner.^" Auch wenn gerade bei Stepha-
nus nicht erwiesen ist, dass er Austausch mit Juden gepflegt hat, lässt sich auch bei ihm
wiederum sagen, dass er es für förderlich hielt, sich selbst so darzustellen.^ Es könnte
zzd/ech's C'c z" oz/zzzzhzzs z'hz's uezhz's, tradunt, narrant Hebraei, alii dicunt rc/'z'cz'c/zA) /zhczzz z'/z
z'pszzrzzzzz zzzzcioz'zhzzs. Doch bereits Petrus selbst brauchte Formulierungen wie^zzFizizzzzfizz* HeFrzzez
und distanziert sich damit von einem allfälligen Wahrheitsanspruch des Erzählten, vgl. ebd.,
Sp. 1147D, 1312B, 1338B, 1353D u.ö. Zum Jüdischen in Comestors Werk vgl. ESRA SHERE-
SHEVSKY, Hebrew traditions in Peter Comestor's >Historia Scholastica<, I. Genesis, in: JQR 59
(1968-69), S. 268-289. SHERESHEVSKY vernachlässigt allerdings den Umstand, dass Petrus das
meiste »Jüdische« aus den lateinischen >Quaestiones Hebraicae in libro Geneseos< des Hiero-
nymus gekannt haben kann.
Zu Maimonides vgl. die ausführliche Biographie von MAURICE-RUBEN HAYOUN, Maimoni-
des. Arzt und Philosoph im Mittelalter, aus dem Französischen übertragen von Ansgar Wil-
dermann, München 1999; STEFAN SCHREINER, Mose ben Maimon. Arzt Philosoph und Ober-
haupt der Juden, in: Judaica 60 (2004), S. 281-300. In einem Manuskript der Bodleian Library
in Oxford, der Ms. Bodl. Rawl. C. 46, fol. 26rc, findet sich ein namentlicher Verweis auf
Maimonides: RzzFz Moszz, zzoMz's Izzdeorzzzzz pMosopizzzs, Izzzzzc zzppzzn'fz'ozzezzz erecfe sczzie pMosopizz'ce
expozzz'f, dz'cezzs sczzizzzzz z'Lzzzzz esse ordz'zzzzfzzzzz co^zzz'h'ozzezzz crezzhzre ef crezzforz's [...] ef Fezze cozzcordzzf
zsfzz exposzho szzzzchs. Vgl. dazu SMALLEY, Study of the Bible, S. 340.
Zu den neuen jüdischen Auslegemethoden, die Petrus Cantor aus dem direkten Austausch
mit Juden erfahren haben muss, vgl. GILBERT DAHAN, Les interpretations juives dans les
commentaires du Pentateuque de Pierre le Chantre, in: The Bible in the Medieval World.
Essays in memory of Beryl Smalley, hg. von Katherine Walsh u. Diana Wood, Oxford 1985,
S.131-155.
Herbert ist dabei der einzige, der einen etwas offeneren Umgang mit seinen Quellen pflegt
und identifizierbare Autoritäten wie den iz'üerzzfor IzeFrzzezzs/h'üerzzfor zzzezzs/iz'üerzzfor zzzo&zizizs
(Raschi) und Dozzcs/Ez'zzs Eewzzrd (Dunash ibn Labrat) nennt, vgl. SMALLEY, Study of the Bible,
S. 190, sowie DIES., A commentary on the HeFrzzzczz by Herbert of Bosham, S. 47-51; RAPHAEL
LOBWB, Herbert of Bosham's Commentary on Jerome's Hebrew Psalter. A Preliminary In-
vestigation of his Sources, in: Biblica 34 (1953), S. 44-77, 159-192 und 275-298; DAHAN, Les
intellectuels, S. 231; DEBORAH GOODWIN, Hake hold of the robe of a Jew<, Herbert of Bos-
ham's Christian Hebraism, Leiden/Boston 2006. Zu Cantor und Langton vgl. ebd., S. 234ff.;
ebd., S. 236 mit Anm. 4, ein Zitat von Stephanus über Deut 34,1 wo er die Lehrmeinungen
Hugos und Andreas' von St. Viktor referiert, dann aber dagegen stellt: HeFrez zzzoderzzz zzizfer
dz'czzzzf. Für weitere Studien zu Stephanus Langton vgl. GEORGES LACOMBE und BERYL
SMALLEY, Studies on the Commentaries of Cardinal Stephen Langton, in: Archives d'histoire
doctrinale et litteraire du Moyen Age 5 (1930), S. 5-220; PHYLLIS ROBERTS, Stephanus de Lingua-
Tonante. Studies in the Sermons of Stephen Langton (= Pontifical Institute of Mediaeval
Studies 16), Toronto 1968.
Um eine neue Interpretation von Arnos 2,1 glaubwürdiger zu machen, zitiert Stephanus einen
zyzzz'dzzzzz HcU'czzs docfz'ssz'zzzzzs, vgl. SMALLEY, Study of the Bible, S. 236 mit Anm. 1.
GILBERT DAHAN, Exegese et polemique dans les Commentaires de la Genese d'Etienne Lang-
ton, in: Les Juifs au regard de l'histoire. Melanges en l'honneur de Bernhard Blumenkranz,
 
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