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III. Jüdische Gelehrtenfiguren in der mittelhochdeutschen Literaur
was euer an päd; /as,
S/ep/;az; cs dies aussen sprach
und er das puc/z npe an sad; [...].
Auffällig ist hier der Konflikt zwischen der Gelehrsamkeit und dem Wirken des Heili-
gen Geistes. Einerseits betont der Verfasser an dieser Stelle die Gelehrsamkeit des Dis-
putanten, andererseits zeichnet er ein eindrückliches Bild vom Wirken des Heiligen
Geistes, der Stephanus die ganze Disputation ohne einen einzigen Blick in ein Buch be-
steht lässt. Dieses Ideal des geisterfüllten Sprechens findet seinen Ausdruck auch in der
Stephanus-Ikonographie: jüdische Gelehrte sitzen über ihre Bücher gebeugt rund um
Stephanus, der im Stehen und mit nach oben gerichtetem Blick frei spricht.
Seine Rede ist den Worten der Apostelgeschichte nachempfunden, jedoch frei ge-
staltet und erweitert. Viele der 7na;'s/er bekehren sich, wobei der Verfasser betont, dass
es gerade dp wo/ pe/er/en waren, die sich bekehrten (2649f.). Die Juden beginnen ange-
sichts des missionarischen Erfolgs des Stephanus zu prz'spraz'nen / sazn dp /ran/ an einer
/ainen (2651f.) und sprechen zu Kajaphas, dass die besten 7na;'s/er von Stephanus über-
wunden wurden (2661f.). Die bekehrten Gelehrten loben Stephanus und fordern die
anderen Juden auf, zu überprüfen, ob Stephanus denn etwa kein 7na;'s/er sei (2674-82).
Die gerade Bekehrten sehen in dem Umstand, dass Stephanus auswendig gesprochen
hat (unsere pacher er aussen han), das Zeichen seiner Gelehrsamkeit und seiner Autorität.
Zudem hat er als Einzelner dreiundfünfzig 7na;'s/er überwunden, die ihn in je einem
Buch der Bibel geprüft haben. Dass es der Heilige Geist war, der aus ihm sprach, wis-
sen die Gelehrten nicht.
Angesichts des Missionserfolgs beschließt Kajaphas den Tod seines ehemaligen
Zöglings. Die bekehrten Gelehrten versuchen noch, Stephanus zu retten, wo doch alle
7na;'s/er in der we// verglichen mit Stephanus bloß der c/;r;ns/ ein Und sind (2695f.).
Trotzdem wird Stephanus gefangen wie einen Räuber (2701). Die Juden schreien dabei
a/s dp swein (2703), geben Saulus/Paulus ihre Gewänder zu halten (2709) und steinigen
ihn auf dem Feld vor der Stadt. Stephanus stirbt, ohne seine Augen vom Himmel abzu-
wenden. Engel tragen seine Seele in die Höhe, was die bekehrten znais/er sehen (2738)
und als erneuten Wahrheitsbeweis dessen, was Stephanus sie gelehrt hat, begreifen;
ihre Herzen werden erleuchtet (2745: enznnde/). Als Kajaphas sie nach der Steinigung
zum Essen einlädt, lehnen sie dies entrüstet ab und verfluchen ihn. Sie begeben sich in
die Stadt und berichten Nikodemus von dem Vorfall. Stephanus wird begraben, die
Geschichte überall erzählt, worauf sich viele Juden bekehren. Bemerkenswert ist dabei,
wie der Verfasser diese Bekehrungen kommentiert (2856ff.): des/zvw/ sie/; dp hris/en/rai/ /
das dp wo/ pe/er/en / sie/; nach Go/ pecher/en.
Die erfolgreiche Bekehrung von Juden scheint (im Vergleich zur Heidenmission)
vor allem deshalb so wertvoll zu sein, weil dadurch gebildete Leute - und als das wer-
den in diesem Text die Juden an fast allen Stellen aufgefasst - gewonnen werden. Es ist
somit ein besonderer Triumph, gelehrte Juden von der Wahrheit des Christentums zu
uberzeugen.
Insgesamt betont der Verfasser die Gelehrsamkeit seiner Figuren so stark - und
vernachlässigt dabei das Wirken des Heiligen Geistes beinahe -, dass man guten
Grund hat anzunehmen, Havich und sein geistlich-geistiges Umfeld, das Domstift
St. Stephan in Passau, habe in der Schrift- und Buchgelehrsamkeit ein erstrebenswertes
Die Meisterschaft der Bekehrten wird in V. 3275-78 erneut betont: danoz; sp [die zzzaz's/er] dp
/arz/ezzphz'ezzpez; / az;d haz'zzz za /az;d pz'ezzpez; / az;d /aa/te?; wez'h az;d hz'zzd, / dp aZZer/adez; 77zaz's/e7*sz'7;d.
III. Jüdische Gelehrtenfiguren in der mittelhochdeutschen Literaur
was euer an päd; /as,
S/ep/;az; cs dies aussen sprach
und er das puc/z npe an sad; [...].
Auffällig ist hier der Konflikt zwischen der Gelehrsamkeit und dem Wirken des Heili-
gen Geistes. Einerseits betont der Verfasser an dieser Stelle die Gelehrsamkeit des Dis-
putanten, andererseits zeichnet er ein eindrückliches Bild vom Wirken des Heiligen
Geistes, der Stephanus die ganze Disputation ohne einen einzigen Blick in ein Buch be-
steht lässt. Dieses Ideal des geisterfüllten Sprechens findet seinen Ausdruck auch in der
Stephanus-Ikonographie: jüdische Gelehrte sitzen über ihre Bücher gebeugt rund um
Stephanus, der im Stehen und mit nach oben gerichtetem Blick frei spricht.
Seine Rede ist den Worten der Apostelgeschichte nachempfunden, jedoch frei ge-
staltet und erweitert. Viele der 7na;'s/er bekehren sich, wobei der Verfasser betont, dass
es gerade dp wo/ pe/er/en waren, die sich bekehrten (2649f.). Die Juden beginnen ange-
sichts des missionarischen Erfolgs des Stephanus zu prz'spraz'nen / sazn dp /ran/ an einer
/ainen (2651f.) und sprechen zu Kajaphas, dass die besten 7na;'s/er von Stephanus über-
wunden wurden (2661f.). Die bekehrten Gelehrten loben Stephanus und fordern die
anderen Juden auf, zu überprüfen, ob Stephanus denn etwa kein 7na;'s/er sei (2674-82).
Die gerade Bekehrten sehen in dem Umstand, dass Stephanus auswendig gesprochen
hat (unsere pacher er aussen han), das Zeichen seiner Gelehrsamkeit und seiner Autorität.
Zudem hat er als Einzelner dreiundfünfzig 7na;'s/er überwunden, die ihn in je einem
Buch der Bibel geprüft haben. Dass es der Heilige Geist war, der aus ihm sprach, wis-
sen die Gelehrten nicht.
Angesichts des Missionserfolgs beschließt Kajaphas den Tod seines ehemaligen
Zöglings. Die bekehrten Gelehrten versuchen noch, Stephanus zu retten, wo doch alle
7na;'s/er in der we// verglichen mit Stephanus bloß der c/;r;ns/ ein Und sind (2695f.).
Trotzdem wird Stephanus gefangen wie einen Räuber (2701). Die Juden schreien dabei
a/s dp swein (2703), geben Saulus/Paulus ihre Gewänder zu halten (2709) und steinigen
ihn auf dem Feld vor der Stadt. Stephanus stirbt, ohne seine Augen vom Himmel abzu-
wenden. Engel tragen seine Seele in die Höhe, was die bekehrten znais/er sehen (2738)
und als erneuten Wahrheitsbeweis dessen, was Stephanus sie gelehrt hat, begreifen;
ihre Herzen werden erleuchtet (2745: enznnde/). Als Kajaphas sie nach der Steinigung
zum Essen einlädt, lehnen sie dies entrüstet ab und verfluchen ihn. Sie begeben sich in
die Stadt und berichten Nikodemus von dem Vorfall. Stephanus wird begraben, die
Geschichte überall erzählt, worauf sich viele Juden bekehren. Bemerkenswert ist dabei,
wie der Verfasser diese Bekehrungen kommentiert (2856ff.): des/zvw/ sie/; dp hris/en/rai/ /
das dp wo/ pe/er/en / sie/; nach Go/ pecher/en.
Die erfolgreiche Bekehrung von Juden scheint (im Vergleich zur Heidenmission)
vor allem deshalb so wertvoll zu sein, weil dadurch gebildete Leute - und als das wer-
den in diesem Text die Juden an fast allen Stellen aufgefasst - gewonnen werden. Es ist
somit ein besonderer Triumph, gelehrte Juden von der Wahrheit des Christentums zu
uberzeugen.
Insgesamt betont der Verfasser die Gelehrsamkeit seiner Figuren so stark - und
vernachlässigt dabei das Wirken des Heiligen Geistes beinahe -, dass man guten
Grund hat anzunehmen, Havich und sein geistlich-geistiges Umfeld, das Domstift
St. Stephan in Passau, habe in der Schrift- und Buchgelehrsamkeit ein erstrebenswertes
Die Meisterschaft der Bekehrten wird in V. 3275-78 erneut betont: danoz; sp [die zzzaz's/er] dp
/arz/ezzphz'ezzpez; / az;d haz'zzz za /az;d pz'ezzpez; / az;d /aa/te?; wez'h az;d hz'zzd, / dp aZZer/adez; 77zaz's/e7*sz'7;d.