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Schludi, Ulrich; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Entstehung des Kardinalkollegiums: Funktion, Selbstverständnis, Entwicklungsstufen — Mittelalter-Forschungen, Band 45: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34761#0101

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2. Vom Senat des Papstes zum Rat der Kardinale

Im Pontifikat Calixts II. sind es dann vor allem die Kardinalpriester, die ihre
Position verbessern können.^ Bei den alltäglichen Beratungen unterzeichnen
sie nun doppelt so oft wie Kardinalbischöfe und Kardinaldiakone. Bei der Be-
ratung von besonders wichtigen Fragen können sie ihre Position sogar noch
deutlicher ausbauen. Den Kardinaldiakonen gelang dies hingegen nicht. Ihr
Anteil steigert sich gegenüber den Bischöfen nur minimal, während sie gegen-
über den Kardinalpriestern wieder an Boden verlieren. Ein ähnliches Bild zeigt
sich im Pontifikat Honorius' 11. Die Kardinalpriester vergrößern ihren Anteil
an den Unterschriften weiter. Interessanter weise geschieht dies nun bei den all-
täglichen Entscheidungen in demselben Maß wie bei Entscheidungen von grö-
ßerer Bedeutung. Die Kardinalpriester unterschreiben in beiden Fällen etwa
dreimal so oft wie Kardinalbischöfe und Kardinaldiakone. Die Position der
Kardinaldiakone stagniert demgegenüber.^' Zu Beginn des anakletianischen
Schismas sind die Kardinaldiakone jedoch mit einem Mal vorn mit dabei. Sie
unterschreiben nun etwa doppelt so oft wie die Kardinalbischöfe und verkür-
zen den Abstand zu den Kardinalpriestern auf ein Minimum. Das Verhältnis
zwischen Kardinalbischöfen und Kardinalpriestern verändert sich dagegen
kaum noch.^
Die Verrechnung der Unterschriftensummen der einzelnen Ordines mit de-
ren Mitgliederzahl lässt diese Entwicklung noch deutlicher werden. Dabei ist
allerdings zu beachten, dass die im Folgenden genannten Werte noch mehr als
jene in den vorhergehenden Kapiteln nur eine grobe Tendenz abbilden kön-
nen.^ Heruntergerechnet auf eine beliebige Einzelperson eines bestimmten

262 Unter Calixt II. haben sich, wenn man die Urkunden über Entscheidungen von besonderer
Bedeutung, die zugleich eine längere Unterschriftenliste aufweisen, außen vorlässt, 41 Unter-
schriften der Kardinalbischöfe gegenüber 80 der Kardinalpriester und 37 der Kardinaldiakone
erhalten. Zählt man jene Urkunden dagegen hinzu, sind es von den Kardinalbischöfen 71, von
den Kardinalpriestern 192 und von den Kardinaldiakonen 84 Unterschriften.
263 Klammert man diejenigen Urkunden aus, die Entscheidungen von größerer Bedeutung betref-
fen und eine größere Zahl von Unterschriften tragen, haben sich aus dem Pontifikat Honorius' II.
Papsturkunden mit insgesamt 32 Unterschriften der Kardinalbischöfe, 96 der Kardinalpriester
und 30 der Kardinaldiakone erhalten. Insgesamt sind es unter Honorius II. von den Kardinal-
bischöfen 53, von den Kardinalpriestern 155, von den Kardinaldiakonen 64 Unterschriften.
264 Die von mir erfassten feierlichen Privilegien Innocenz' II. tragen die Unterschriften von 856
Kardinalbischöfen (817 ohne Guido von Tivoli und Rudolf von Orte), 1749 Kardinalpriestern
und 1530 Kardinaldiakonen, die auswärtigen Kardinalkleriker eingerechnet. Das gegenüber
dem Pontifikat Honorius' II. schlechtere Verhältnis der Kardinalpriester gegenüber den Kar-
dinalbischöfen darf angesichts der gegenüber der Amtszeit Honorius' II. halbierten Zahl der
Kardinalpriester nicht überraschen.
265 Die Zahl der Mitglieder des höheren römischen Kardinalklerus wurde dabei urkundengenau
für jeden Tag berechnet, an dem eine Papsturkunde mit Unterschriften ausgestellt wurde.
Dabei wurden allerdings jene Urkunden nicht berücksichtigt, die ich oben als Urkunden
über Entscheidungen von besonderer Bedeutung, die zugleich längere Unterschriftenlisten
auf weisen, klassifiziert habe. Herausgerechnet aus der Zahl der Kardinalkleriker wie der
Unterschriften wurden außerdem sowohl die auswärtigen Kardinalkleriker als auch die
Legationen, letztere nur in ihrer tatsächlich belegten, also minimalen Dauer. - Dass die Er-
gebnisse nur sehr ungenau sein können, ergibt sich einerseits aus der geringen Zahl von
Privilegien mit Kardinalsunterschriften, auf denen die Berechnung basiert, andererseits aus
der Unklarheit über Beginn und Ende der Amtszeit der meisten Kardinalkleriker. Ich habe da-
 
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