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3. Wahlrecht des Kardinalkollegiums
3.13. Der Papstwahlkanon
des Dritten Laterankonzils (1179)
Genau 120 Jahre nachdem auf einer Lateransynode Nikolaus' II. 1059 ein neues
Papstwahldekret erlassen worden war, wurde im März 1179 auf dem Dritten
Laterankonzil ein neuer Kanon zur Papstwahl beschlossen, der fortan die
grundlegende Bestimmung zur Wahl eines neuen Papstes bilden sollte und in
nur wenig abgewandelter Form bis heute in der römisch-katholischen Kirche
Gültigkeit besitzt.^ Gerade zwei Jahre zuvor war das alexandrinische Schisma
nach einem achtzehnjährigen Ringen im Frieden von Venedig zu Ende gegan-
gen. Schon in den Friedensverträgen ist der Plan greifbar, ein allgemeines Kon-
zil einzuberufen.^Zwei Jahre später, nach umfangreichen Vorbereitungen und
Planungen, trat das Konzil zusammen. Alexander III. und seine Kurie gingen
mit seiner Hilfe daran, die vom Schisma zerrüttete Kirche neu zu ordnen - und
demonstrierten so zugleich noch einmal eindrucksvoll ihre Durchsetzung.^ '
Den konkreten Anlass dafür, in diesem Zusammenhang eine Neuregelung
der Papstwahl zu verabschieden, hatte wie für viele andere Beschlüsse des Kon-
zils auch das zurückliegende Papstschisma geboten, konkret die schismatische
Papstwahl vom 7. September 1159 selbst. Drei Tage hatte man damals verhan-
delt, ohne sich, wie von der Tradition gefordert, einmütig auf eine Person eini-
gen zu können. Da sich in dieser Situation trotzdem keine der einander gegen-
überstehenden Seiten grundsätzlich bewegt hatte, waren die Verhandlungen
im Kardinalkollegium an einem toten Punkt angekommen, für den die römi-
sche Papstwahltradition keine Lösung kannte. Ähnliches war 1130 geschehen,
als klar geworden war, dass die Mitglieder des Wahlkollegiums nicht zu einer
einträchtigen Wahl bereit waren - und auch diese Doppel wähl wird 1179 noch
in unguter Erinnerung gewesen sein Man hatte aus diesen beiden Wahlen
989 Zum Papstwahlkanon des Dritten Lateranum (Concilium Lateranense III, c. 1, S. 211, Z. 1-24)
u. a. REUTER, Alexander der Dritte III, S. 439f., HALLER, Papsttum III, S. 242, SEPPELT, Geschich-
te III, S. 272f., RoussET DE PiNA, Politique italienne, S. 162f., FoREviLLE, Latran, S. 143f., BEN-
soN, Bishop-Elect, S. 162-164, PACAUT, Concile oecumenique, S. 22, HERDE, Papstwahl, S. 12,
MALECZEK, Papst und Kardinalskolleg, S. 237, HERDE, Election, S. 411f., ArrELT, Papstwahl-
ordnung, RoBiNSON, Papacy, S. 84f., MALECZEK, Abstimmungsarten, S. 103f., ScHiMMELPFENNiG,
Papst- und Bischofswahlen, S. 175-177, LAUDAGE, Alexander III., S. 234-236. Die Konzilsakten
sind verloren (so etwa WoLTER, Bedrohte Kirchenfreiheit, S. 84), so dass der Gang der Ver-
handlungen zum Papstwahlkanon im Dunkeln bleibt. Zum Nachwirken der Papstwahl-
ordnung von 1179 bis heute MAY, Papstwahlrecht. - Zum Dritten Laterankonzil allgemein
u. a. HEFELE - LECLERCQ, Histoire des conciles V/2, S. 1086-1112, HEROLD, Canones, RoussET DE
PiNA, S. 156-174, FoREviLLE, S. 134-158, P., Art. Roma. Concilio ecumenico, WoLTER, S. 83-85,
LoNGERE, Troisieme Concile de Latran, PARAviciNi BAGLiANi, Römische Kirche vom ersten La-
terankonzil bis zum Ende des 12. Jh., S. 225f., GARciA y GARciA, Art. Lateranense III, Concilio
(1179), MELLONi, Papstkonzilien, S. 209-214, LAUDAGE, S. 233-238.
990 Sowohl im Vorvertrag von Anagni als auch im Vertrag von Venedig ist die Einberufung eines
allgemeinen Konzils festgeschrieben: DFI658, S. 165, Z. 9f. (Vorvertrag von Anagni), DFI687,
S. 205, Z. 20 (Vertrag von Venedig).
991 Zu den Motiven der Einberufung u. a. PACAUT, Concile oecumenique, S. 19f.
992 Dass in der Wahlvereinbarung von 1130 eine einmütige Wahl verabredet worden war, so wie
es der sogenannte Brief der Römer überliefert, ist entgegen der Aussage Huberts von Lucca, es
3. Wahlrecht des Kardinalkollegiums
3.13. Der Papstwahlkanon
des Dritten Laterankonzils (1179)
Genau 120 Jahre nachdem auf einer Lateransynode Nikolaus' II. 1059 ein neues
Papstwahldekret erlassen worden war, wurde im März 1179 auf dem Dritten
Laterankonzil ein neuer Kanon zur Papstwahl beschlossen, der fortan die
grundlegende Bestimmung zur Wahl eines neuen Papstes bilden sollte und in
nur wenig abgewandelter Form bis heute in der römisch-katholischen Kirche
Gültigkeit besitzt.^ Gerade zwei Jahre zuvor war das alexandrinische Schisma
nach einem achtzehnjährigen Ringen im Frieden von Venedig zu Ende gegan-
gen. Schon in den Friedensverträgen ist der Plan greifbar, ein allgemeines Kon-
zil einzuberufen.^Zwei Jahre später, nach umfangreichen Vorbereitungen und
Planungen, trat das Konzil zusammen. Alexander III. und seine Kurie gingen
mit seiner Hilfe daran, die vom Schisma zerrüttete Kirche neu zu ordnen - und
demonstrierten so zugleich noch einmal eindrucksvoll ihre Durchsetzung.^ '
Den konkreten Anlass dafür, in diesem Zusammenhang eine Neuregelung
der Papstwahl zu verabschieden, hatte wie für viele andere Beschlüsse des Kon-
zils auch das zurückliegende Papstschisma geboten, konkret die schismatische
Papstwahl vom 7. September 1159 selbst. Drei Tage hatte man damals verhan-
delt, ohne sich, wie von der Tradition gefordert, einmütig auf eine Person eini-
gen zu können. Da sich in dieser Situation trotzdem keine der einander gegen-
überstehenden Seiten grundsätzlich bewegt hatte, waren die Verhandlungen
im Kardinalkollegium an einem toten Punkt angekommen, für den die römi-
sche Papstwahltradition keine Lösung kannte. Ähnliches war 1130 geschehen,
als klar geworden war, dass die Mitglieder des Wahlkollegiums nicht zu einer
einträchtigen Wahl bereit waren - und auch diese Doppel wähl wird 1179 noch
in unguter Erinnerung gewesen sein Man hatte aus diesen beiden Wahlen
989 Zum Papstwahlkanon des Dritten Lateranum (Concilium Lateranense III, c. 1, S. 211, Z. 1-24)
u. a. REUTER, Alexander der Dritte III, S. 439f., HALLER, Papsttum III, S. 242, SEPPELT, Geschich-
te III, S. 272f., RoussET DE PiNA, Politique italienne, S. 162f., FoREviLLE, Latran, S. 143f., BEN-
soN, Bishop-Elect, S. 162-164, PACAUT, Concile oecumenique, S. 22, HERDE, Papstwahl, S. 12,
MALECZEK, Papst und Kardinalskolleg, S. 237, HERDE, Election, S. 411f., ArrELT, Papstwahl-
ordnung, RoBiNSON, Papacy, S. 84f., MALECZEK, Abstimmungsarten, S. 103f., ScHiMMELPFENNiG,
Papst- und Bischofswahlen, S. 175-177, LAUDAGE, Alexander III., S. 234-236. Die Konzilsakten
sind verloren (so etwa WoLTER, Bedrohte Kirchenfreiheit, S. 84), so dass der Gang der Ver-
handlungen zum Papstwahlkanon im Dunkeln bleibt. Zum Nachwirken der Papstwahl-
ordnung von 1179 bis heute MAY, Papstwahlrecht. - Zum Dritten Laterankonzil allgemein
u. a. HEFELE - LECLERCQ, Histoire des conciles V/2, S. 1086-1112, HEROLD, Canones, RoussET DE
PiNA, S. 156-174, FoREviLLE, S. 134-158, P., Art. Roma. Concilio ecumenico, WoLTER, S. 83-85,
LoNGERE, Troisieme Concile de Latran, PARAviciNi BAGLiANi, Römische Kirche vom ersten La-
terankonzil bis zum Ende des 12. Jh., S. 225f., GARciA y GARciA, Art. Lateranense III, Concilio
(1179), MELLONi, Papstkonzilien, S. 209-214, LAUDAGE, S. 233-238.
990 Sowohl im Vorvertrag von Anagni als auch im Vertrag von Venedig ist die Einberufung eines
allgemeinen Konzils festgeschrieben: DFI658, S. 165, Z. 9f. (Vorvertrag von Anagni), DFI687,
S. 205, Z. 20 (Vertrag von Venedig).
991 Zu den Motiven der Einberufung u. a. PACAUT, Concile oecumenique, S. 19f.
992 Dass in der Wahlvereinbarung von 1130 eine einmütige Wahl verabredet worden war, so wie
es der sogenannte Brief der Römer überliefert, ist entgegen der Aussage Huberts von Lucca, es