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Schludi, Ulrich; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Entstehung des Kardinalkollegiums: Funktion, Selbstverständnis, Entwicklungsstufen — Mittelalter-Forschungen, Band 45: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34761#0106

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2.3. Zusammenführung: Die Entwicklung des päpstlichen Senates

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Länger als alle anderen Gruppen finden sich Bischöfe auswärtiger Diözesen
in den Unterschriftenlisten der Papsturkunden. Letztmals hat mit Bischof
Petrus von Civita Castellana im Oktober 1139 einer der ihren drei Papsturkun-
den unterschrieben, nachdem zuvor auch Guido von Tivoli am 14. April 1139
seine letzte Unterschrift unter eine Papsturkunde gesetzt hatte. Danach tragen
selbst Papsturkunden, die während Konzilien ausgestellt wurden, keine Unter-
schriften von auswärtigen Bischöfen mehr3^ Die Beratung des Papstes im ku-
rialen Alltag lag ab diesem Zeitpunkt folglich - zumindest was den formellen
Berater kreis anbetrifft - allein in der Hand der KardinäteA"

2.3. Zusammenführung:
Die Entwicklung des päpstlichen Senates
2.3.1. Die Ausgangssituation unter Papst Urban II. und Paschalis II.
Um die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert zogen die Päpste im kurialen
Alltag nur wenige Berater hinzu, wenn Entscheidungen getroffen werden
mussten. Meist waren es nur zwischen drei und acht Personen. Davon gehörte
die Mehrheit den drei oberen Ordines des römischen Bischofsklerus an. Doch
beriefen Urban und Paschalis darüber hinaus immer wieder andere Personen
in ihren Rat, im Besonderen auswärtige Bischöfe, die gerade an der Kurie weil-
ten, aber auch Abte und Mönche, die im Auftrag ihres Klosters an den Hof des
Papstes gezogen waren, Richter des Lateran, römische Adlige oder Angehörige
des niederen römischen Bischofsklerus. Schon allein diese Vielfalt zeigt, dass es
ein festes Ratsgremium zu dieser Zeit nicht gab. Der Senat des Papstes wurde
ad hoc gebildet, und die Zusammensetzung wechselte von Fall zu Fall. Die
Päpste entschieden jedes Mal aufs Neue, wen sie zu den Beratungen hinzuzie-
hen wollten. Sie hatten in der Auswahl ihrer Berater freie Hand A' Ein Vorrecht

in Trastevere handelte (U 346; vgl. zu Balduin ZENKER, Kardinalkollegium, S. 55f.). Zudem
betrifft diese Urkunde die Metropolitanstellung Pisas über die korsischen Bistümer, eine
Frage, die nicht nur hoch umstritten war, sondern auch schon im Juli 1126 (U 108) zu einer
päpstlichen Beurkundung geführt hatte, die elf Subdiakone unterschrieben hatten, vgl. oben,
S. 42-45, und Anm. 276.
279 MALECZEK, Papst und Kardinalskolleg, S. 321. Petrus von Civita Castellana war zuvor auch
schon auf dem Konzil von Pisa 1135 eingesprungen, um die Siebenzahl der Kardinalbischöfe
voll zu machen (vgl. DERS., Kardinalskollegium unter Innocenz II. und Anaklet II., S. 54,
Anm. 108), ist also wie Guido von Tivoli, wenn auch in abgeschwächter Form, als »vertreten-
der« Kardinalbischof tätig gewesen.
280 Selbst wenn Bischöfe in Zukunft noch in die Beratungen einbezogen wurden, fiel die Entschei-
dung doch so gut wie ausschließlich in der nicht-öffentlichen Beratung des Papstes mit den
Kardinälen - und die darüber ausgestellten Urkunden tragen nur Kardinalsunterschriften.
281 Vgl. IP VIII, n. 6, S. 290, ed. GN1900, n. 4, S. 310: Qa/Fas wro aMtü'üs AwhnMS papa eoMsih'MW adäf
CMW tpaFas piacMÜ cf digMOS esse ;Md;cau;'f. So auch SERVATius, Paschalis II., S. 68: »Allerdings
wurde den Kardinälen, wie die Zeugenunterschriften zeigen, keine Ausschließlichkeit bei der
Beratung zugestanden, und es bestand keine Heranziehungspflicht.«, und BECKER, Urban II.,
Bd. III, S. 136.
 
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